Hitze bei der Arbeit: Nicht nur die Temperatur ist ausschlaggebend. Aktuellen Studien zufolge sind in längeren Hochdruckphasen in den Monaten Juni und Juli 43 °C Lufttemperatur in den meisten österreichischen Landeshauptstädten möglich. Nur bei 10 Prozent Luftfeuchte ist das für Gesunde gerade noch erträglich, solange man nicht direkter Sonnenstrahlung ausgesetzt ist und/oder körperlich hart arbeiten muss. Hohe Luftfeuchte lässt Hitze rasch unangenehmer werden. So wirken 29 °C bei 60 Prozent Luftfeuchte wie 32 °C bei 40 Prozent Luftfeuchte. Das ist schon bei Büroarbeit mit massiver Reduktion der Leistung verbunden.

 

Vorsicht daher mit Grünpflanzen: Sie wirken das ganze Jahr förderlich, bis auf Tage mit hohen Temperaturen (und solange es keine automatische Lüftung oder Kühlung durch Klimaanlagen gibt).

 

Hohe Luftfeuchte und Hitzeinseln

 

Bei Temperaturen über 32 °C und gleichzeitig sehr hoher Luftfeuchte besteht eine Gefahr für das Leben. Wird derart die Kühlgrenztemperatur überschritten, ist der Organismus nicht mehr in der Lage, durch Schwitzen ausreichend Wärme abzugeben. Als Folge steigt die Körperkerntemperatur in lebensbedrohlichem Ausmaß an. Immer mehr Regionen im arabischen Raum, Westafrika, Mittel- und Südamerika und rund um Indonesien sind davon betroffen. Eine die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigende Kombination aus Feuchte und Hitze kommt auch in Österreich immer häufiger vor.

 

Hohe Luftfeuchte erhöht zudem die Gefahr der Schimmelbildung an kalten Oberflächen (Keller) und begünstigt die Vermehrung von Hausstaubmilben, was zu Reizungen, allergischen Reaktionen oder Infektionen führen kann.

 

Durch Verdichtung ist die klimatische Situation in Städten nochmals verschärft: Großstädte sind von sogenannten Hitzeinseln betroffen. Zwischen Land- und Stadtgebieten kann ein Temperaturunterschied von bis zu 12 °C auftreten. Die Ursache: Es gibt zu viele Beton- und Glasflächen sowie dunkle Oberflächen und zu wenige Kühlareale wie Gärten, Parks usw. Baumaßnahmen in der Stadt sollten daher entsprechend überdacht und Luftkorridore für eine Kühlung geschaffen werden. Mehr Grün spart Klimaanlagen und schont die Gesundheit.

 

 

Als Arbeitsmediziner der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) empfehlen wir daher:

 

 

  • Kühles Wasser bereithalten.
    Für einen anstrengenden Arbeitstag können pro Arbeitnehmer 5 Liter Flüssigkeit nötig sein. Wasser bzw. Mineralwasser, ungesüßte Tees und verdünnte Obstsäfte stellen optimale Getränke für heiße Tage dar. Ebenso sind Pausen im Kühlen zu ermöglichen, Fenster sind bis auf kurze Lüftungspausen geschlossen und rechtzeitig außen verschattet zu halten.
  • Im Freien arbeitende Personen sollten nach Möglichkeit auf Beschattung achten. Die Notwendigkeit von Entwärmungspausen steigt mit den Temperaturen drastisch an.
  • Schwangere sollten vermehrt Pausen machen und bei Hitze nur ausnahmsweise und kurzzeitig Steharbeit verrichten.
  • Das Arbeiten mit Schutzkleidung wird beschwerlich: Schweißreduzierende Gele oder Unterziehhandschuhe aus Baumwolle können einem „Abnutzungsekzem“ durch dauerhafte Hauterweichung vorbeugen.
  • Schwere Arbeit sollte in die Morgenstunden verlegt werden.
    Lärmarme Maschinen erlauben einen früheren Arbeitsbeginn; es gibt bereits rein elektrische Baustellen in Städten.
  • Hitzefrei gibt es nur auf Baustellen bei über 32,5 Grad im Schatten. Überall anders ist eine vernünftige Beurteilung gefragt und ein Achten auf besonders vulnerable Arbeitnehmer und Situationen. Die Unfallgefahr bei Hitze ist deutlich erhöht!
  • Baufirmen statten Ihre Arbeitnehmer zunehmend mit Kühlwesten und mit unter Helmen zu tragenden Kühlhauben aus.

 

Kühlen und Entfeuchten:

 

  • Mit Nachtlüftung die Temperatur senken.
    Dies benötigt einen hohen Luftstrom, der nur in hohen Stiegenhäusern (Kamineffekt) von selbst funktioniert und ansonsten mechanische Lüftungsunterstützung benötigt (evtl. ist eine Brandentrauchung nutzbar).
  • Entstehenden Dampf minimieren und ausreichend „weglüften“.
    Absaugungen mit Wärmerückgewinnung als Warmwasser rechnen sich bei hohen Energiepreisen.
  • Kühlung durch Befeuchtung sollte nur bis 40 % relativer Feuchte praktiziert werden.
    Andernfalls verstärkt ein Befeuchten ab mittlerer Feuchte das Schwitzen; ein Tropenklima entsteht (siehe Beispiel mit 29 °C zu Beginn des Artikels).
  • Kühlung mit einem Ventilator nur bis 35 °C.
  • Entfeuchter können vor Schimmel schützen.
    Bei Abkühlung sommerlicher Luft von 35 °C und 35 % relativer Feuchte kondensiert die Feuchtigkeit an allen Flächen, die weniger als 18 °C kalt sind.
  • Kellerfenster bei Hitzephasen geschlossen halten, um Feuchtigkeitsbildung zu vermeiden.
    Wenn möglich, auch hier nachts lüften; es gibt automatisierte Systeme, welche die Differenz der absoluten Feuchte innen bzw. außen messen.
  • Nicht nur Fenster vor Besonnung abdecken, sondern auch dunkle Flächen.
    Ein dunkler Terrassenboden oder dunkles Vordach können nicht nur glühend heiß werden, sondern auch Wärme abstrahlen und direkt abgeben. Auf nahezu jedes Dach fällt im Sommer mehr Energie, als im Winter zum Heizen benötigt wird. Dies kann zur Energiegewinnung genutzt werden. Begrünung der Dächer (= Schutz vor Hitze) wirkt auch wärmedämmend (Schutz vor Kälte und Wettereinflüssen). Alternative: Die Dächer so hell wie möglich halten.

 

Personalschulung

 

  • Schulen Sie nicht nur Ersthelfer auf Symptome von Hitzschlag und Kollaps. Halten Sie Fieberthermometer bereit, mit denen Sie bei Visiten auch Wandtemperaturen messen können.
  • Besprechen Sie mit Ihren Mitarbeiterinnen Ausnahmesituationen wie Hitzeperioden oder Blackout. Vorbereitung ist die halbe Bewältigung.
  • Schulen Sie Personal zu richtigem Verhalten an Hitzetagen.
    Die medizinische Versorgung wird bei Hitze erschwert, vor allem, wenn das Tragen von Schutzausrüstung notwendig ist. Handlungsempfehlungen zum richtigen Verhalten an Hitzetagen enthält beispielsweise das von deutschen Medizinern veröffentlichte Infoblatt90 für medizinisches Personal, das Tipps für das Arbeiten bei Hitze unter Infektionsschutzmaßnahmen (während der Covid-19-Pandemie) liefert. In dem Infoblatt werden Strategien empfohlen, um Hitzestress vorzubeugen:

 

 

Richtiges Verhalten an Hitzetagen für medizinisches Personal

  • Trinken Sie kühle Getränke.
  • Essen Sie kleinere Portionen, dafür häufiger.
  • Suchen Sie in Pausen möglichst einen kühlen Ort auf.
  • Kühlen Sie in den Pausen Ihre Handgelenke, Unterarme, Gesicht und Nacken mit kühlem Wasser.
  • Tragen Sie möglichst nicht mehrere Kleidungsschichten unter der Schutzausrüstung; ggf. ist Funktionswäsche, die den Schweiß ableitet, sinn
  • Verwenden Sie, wenn möglich, Kühlwesten.
  • Reduzieren Sie, soweit möglich, das Gewicht der Ausrüstung und der Geräte, die Sie tragen.
  • Planen Sie Ihre Wege und passen Sie Ihr Tempo an.
  • Wechseln Sie partikelfiltrierende Halbmasken bzw. medizinische Gesichtsmasken, sobald sie durchfeuchtet sind oder sich der Atemwiderstand erhöht;
  • Wenn Sie draußen arbeiten (z. B. Straßen- oder Rettungsdienst), begeben Sie sich in den Schatten, wann immer möglich

 

Wichtig:

  • Berücksichtigen Sie Ihr eigenes Risikoprofil gegenüber Hitze; es hängt u. a. von Ihrem Alter, Ihrem Gewicht, Ihren Vorerkrankungen und Ihrer Fitness ab.
  • Die Aufmerksamkeit beim Arbeiten in Schutzausrüstung, zusätzlich bei Hitze, kann reduziert sein; das Risiko für Fehler steigt.
  • Achten Sie auf Zeichen der Hitzeerschöpfung wie Benommenheit und Schwindel bei sich und Ihren Kolleg
  • Wenden Sie sich sofort an eine/n KollegIn oder Vorgesetzte(n), wenn Sie sich unwohl fühlen, ungewöhnliche Symptome verspüren oder wenn anhaltende Symptome auftreten.

 

Quelle: https://www.klimawandel-gesundheit.de/wp-content/uploads/2020/06/20200614-Hitze-Infoblatt-Med-Personal-v2.pdf

 

 

Derart kann man nicht nur einen kühlen Kopf, sondern auch die Gesundheit bewahren. Wenn alles nicht hilft: Ein Fußbad im kalten Wasser erhöht die Raumfeuchte nicht.

Weitere Informationen zur klimafitten Ordination erhalten Sie im gleichnamigen Artikel auf dieser Website.

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