Best Practice: TELEMEDIZIN

von | 09.06.2022 | Medizin im Klimawandel

Es ist eine sehr positive Nachricht: Bei der häufigsten Krebserkrankung im Kindesalter, der akuten lymphatischen Leukämie (ALL), liegt die 5-Jahres-Überlebensrate in Österreich mittlerweile bei 94 Prozent – ein Spitzenwert in Europa. Dieser Erfolg ist vor allem der Krebsforschung und der damit einhergehenden stetigen Entwicklung neuer Medikamente zu verdanken. In den letzten drei Jahren konnten die Therapiemöglichkeiten noch weiter verbessert werden: selbst Patienten, die einen ersten oder zweiten Leukämie-Rückfall erleiden, haben durch die Chimäre-Antigenrezeptor-T-Zell-Therapie (CAR-T-Zell-Therapie) noch sehr gute Chancen, geheilt zu werden.

Trotzdem hat diese sehr positive Entwicklung viele Schattenseiten: Die Diagnose und Behandlung einer Krebserkrankung stellt das Leben der betroffenen jungen Patienten und ihrer Familien völlig auf den Kopf und nichts wird so sein, wie es einmal war. Nicht nur das emotionale, sondern auch das soziale Gleichgewicht des Kindes und der Familie geraten komplett ins Schwanken. Während ein Elternteil oft viel Zeit mit dem erkrankten Kind im Krankenhaus verbringt, muss der andere arbeiten, um die Familie so gut wie möglich finanziell unterstützen zu können; für etwaige Geschwisterkinder muss dringend eine (Notfall-)Betreuung organisiert werden. Die Ressourcen einer Familie reichen dabei oft nicht aus, um diese Lebenskrise zu bewältigen.

Es ist daher entscheidend, dass Kinder und deren Familien eine professionelle Begleitung bekommen, um die Belastungen der Familie so gut wie möglich zu verringern.

Telemedizinische Betreuung

An der Medizinischen Universität Innsbruck hat deshalb ein Team der Univ.-Klinik für Pädiatrie I gemeinsam mit der Univ.-Klinik für Psychiatrie II und der Firma Evaluation Software Development (ESD) die App „ePROtect“ entwickelt. Diese App steht seit Mai 2020 allen Kindern, die eine Krebsbehandlung bekommen, und deren Eltern zur Verfügung, um kontinuierlich den subjektiven Gesundheitszustand des erkrankten Kindes zu monitoren und mit dem professionellen Krankenhausteam in Verbindung stehen zu können.

In die App ist ein täglicher Fragebogen zur Erhebung der Lebensqualität integriert, der durchschnittlich nur 40 Sekunden Zeit pro Tag zum Ausfüllen benötigt. Es werden standardisierte Fragen nach dem subjektiven körperlichen und seelischen Wohlbefinden des Kindes gestellt. Bei klinisch auffälligen Werten nimmt das Team sofort Kontakt mit den Eltern auf und bespricht das weitere Vorgehen.

Telemedizinische Betreuung - App ePROtect

Telemedizinische Betreuung – App ePROtect

Die App „ePROtect“ erfreut sich bislang einer hohen Partizipation, welche unabhängig vom Aufenthaltsort des Patienten – ob stationär oder daheim – verwendet werden kann.
Der unkomplizierte Kontakt mit dem Team wurde von den Eltern von Anfang an als sehr positiv erachtet und gibt ihnen vor allem zuhause ein Gefühl der Sicherheit. Sie fühlen sich daheim nicht mehr alleingelassen und wissen nun auch hier ihr Kind in den besten Händen. Auch in Zeiten von Zugangsbeschränkungen zum Krankenhaus, wie sie während des COVID-19-Lockdowns in Österreich immer wieder üblich waren, hat sich der ständige Kontakt zum Behandlungsteam als besonders wertvoll erwiesen.

Positive Erfahrungen

Eine erste Zwischenauswertung ergab, dass die eigene Wahrnehmung von subjektiven Beschwerden frühzeitig stattfindet und mitunter voraussagen kann, ob sich relevante Komplikationen entwickeln, die einer stationären Behandlung bedürfen.
Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass bei einer einfachen Wegstrecke von 123 km, 115 km, 75 km und 34 km aus den jeweiligen Regionen Osttirol, Vorarlberg, Südtirol und Nordtirol im Schnitt 158 Minuten Fahrzeit in Kauf genommen werden müssen, um eine klinische Visite an der Universitätsklinik in Innsbruck wahrnehmen zu können. Dank der App ist es möglich, auf viele dieser Fahrten zu verzichten. Dabei spart sich die Familie nicht nur viel Zeit für die Fahrt, auch können die Fremdbetreuung der Geschwisterkinder, die Kosten für den Transport und der CO2-Ausstoß eingespart oder zumindest reduziert werden.

Die telemedizinische Anwendung und Betreuung der Patienten und Familien mit „ePROtect“ ist sehr förderlich, deshalb wird daran gearbeitet, via Telekonferenz die Zusammenarbeit mit den peripheren Krankenhäusern zu ermöglichen.

Ziel dieser Angebote und Maßnahmen soll es sein, Familien in einer der schwierigsten Phasen ihres Lebens konkret zu unterstützen, um ihnen ein aufmerksames und wertschätzendes Umfeld zu bieten und ihnen Strategien an die Hand zu geben, damit sie diese Krise möglichst unbeschadet bewältigen können.

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