Divestment: Geld zerstört oder heilt

von | 09.06.2022 | Medizin im Klimawandel

Die Klimakrise ist das größte Marktversagen überhaupt.78 Da Zerstörung von Umwelt und Gesundheit bislang praktisch keinen Preis hatte, wurden jahrzehntelang „ungesunde Strukturen“ gefördert und bevorzugt. Exportförderungen und Steuerbestimmungen haben vor allem den größten, milliardenschweren Betrieben weltweit genutzt. Der Verkehr in der Luft, auf Straße und Schiene wurde massiv subventioniert und hat dadurch nicht nur ein massives Wachstum erlebt, sondern auch die Zersiedelung ermöglicht. Ungesundes Essen aus Massentierhaltung, billig über weite Strecken transportiert, wird auch vom Gesundheitswesen bezahlt. Auf der anderen Seite: hoch besteuerte Arbeit als Anreiz, Menschen zu kündigen und zu stressen – ist das sinnvoll? Steuern steuern, Abgaben auch.

 

Gesunde Investitionen

Unter dem Begriff Divestment versteht man den Abzug von bereits investiertem Kapital, indem man zum Beispiel Aktien verkauft. In Bezug auf den Klimawandel reden wir von Investitionen in fossile Energieträger und damit verbundene Wirtschaftsbereiche, die der Umwelt und unserer Gesundheit schaden.

Der Weltärztebund WMA hat bereits 201679 seine Mitglieder aufgerufen, alle Anlagen in fossile Energien zu beenden, erneuerbare Energien zu finanzieren und nach Möglichkeit in Firmen zu investieren, die sich an den „Global Compact“ der UNO halten (www.unglobalcompact.org).

In Deutschland hat der Transfer von 20 Milliarden Euro Mineralölsteuern pro Jahr in Pensionskassen („Sitting in a car kills twice“, Radfahrer gehen später in Pension) zu niedrigeren Emissionen und geringerer Arbeitslosigkeit beigetragen, da die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt werden konnten. Die hohen Abgaben in Österreich werden immer wieder von Einrichtungen wie der OECD kritisiert.

Da die österreichischen Wohlfahrtsfonds föderal organisiert sind, fehlt hierzu ein Überblick.

 

Emissionsfreie Veranlagung

Nachbarliche Einrichtungen wie die Bayerische Versorgungskammer (BVK) oder jene der Berliner Ärzteschaft haben sich zu „net zero“, also emissionsfreier Veranlagung verpflichtet. Beispielgebend wäre eine unabhängige Bewertung von Portfolios; eine „Climate Impact Analysis“, die durch eine „Health Impact Analysis“ besonders innovativ wäre. Dann stünden viele gerettete Leben und noch mehr Lebensjahre neben einer rein monetären Bilanz – alleine an Verbrennungsabgasen sterben 7 bis 9 Millionen Menschen jährlich. In Österreich würde eine vollständige Dekarbonisierung nicht nur knapp zwei gesunde Lebensjahre bringen, sondern auch weniger Motorenhitze und Lärm innerorts.

Die Bundesärztekammer in Deutschland hat am 03.11.2021 beschlossen, als Institution klimaneutral zu werden. Steigende Kosten und politische Risiken fossiler Energien (Russland und Saudi-Arabien sind mit ihren Einflusssphären die wesentlichen fossilen Energieversorger Europas) haben hierbei noch keine Rolle gespielt.

Jedem privaten Anleger werden heute Investments in sichere Wasserversorgung, Energiespeicherung und erneuerbare Energien empfohlen. Ein Vertrauen auf Versprechen langfristigen Ausstiegs aus Fossilen („bis 2040 klimaneutral“) ist angesichts des zeitlichen Handlungsdrucks nicht gerechtfertigt. Ein Durchleuchten angebotener Fonds auf Wirkung und Herkunft lohnt sich. Prominente Ökofonds enthalten zu 40 Prozent US-Aktien und keine aus Österreich – wenn man also lokal anlegen und österreichische Firmen fördern will, ist man hier falsch.

Vorzeigebetriebe und Mikrokredite

Auch Investments oder Crowdfunding in einzelne Vorzeigebetriebe sind ein möglicher Weg. An der Börse gehandelte ETF-Fonds sind meist weniger ökologisch als jene von einem Fondsmanager gesteuerte.80

Oikocredit ist ein von den christlichen Kirchen getragenes Mikrokreditsystem ähnlich jenem der Grameen Bank, für die der Wirtschaftswissenschaftler Mohammed Yunnus den Friedensnobelpreis erhalten hat. Hier sind Erträge mit 2 Prozent gedeckelt, alle Gewinne darüber hinaus werden in Aufbau von unternehmerischen Initiativen in sich entwickelnden Ländern investiert, das Volumen überstieg kürzlich eine Milliarde Euro81.

Schließlich sind auch viele CO2-Kompensationszahlungen Investments in erneuerbare Energien und effiziente Holzöfen in Afrika (alleine myclimate.ch hat fast eine Million davon bislang durch Kompensationsgelder finanziert). In Österreich sind Angebote der BOKU Wien oder klimacent.at innovative Anbieter.

Richtig eingesetztes Geld kann Großartiges bewirken, die Veranlagungen übertreffen Spendenaufkommen um ein Vielhundertfaches.

Wir können mehr Teil des Problems sein oder Teil der Lösung – es ist unsere Entscheidung, auch bei der Geldanlage.

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