Studie zu Hausapotheken: Die Lösung

16.08.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Eine aktuelle Studie kommt zu dem Schluss, dass der Ausbau der ärztlichen Hausapotheken 400 zusätzliche Kassenärzte bringen würde. Für ÖÄK-Vizepräsident Edgar Wutscher könnten so die größten Probleme mit einem Schlag gelindert werden.

Sascha Bunda

„Bester Service für die Patienten, gut für das Klima, ökonomisch verkraftbar für Apotheken und auch ein Gewinn für unser Gesundheitssystem – das sind die ärztlichen Hausapotheken. Das wird nun erneut durch eine Studie bestätigt“, sagte Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte im Rahmen einer Pressekonferenz. 400 neue Kassenärzte könnte ein Ausbau von ärztlichen Hausapotheken bringen, lautet das Ergebnis einer Untersuchung des Beraternetzwerks Kreutzer Fischer und Partner. „Das würde die drängendsten Probleme mit einem Schlag lindern“, so Wutscher. Rund 300 Kassenstellen seien aktuell unbesetzt, Bundeskanzler Karl Nehammer hatte kürzlich 100 zusätzliche Kassenstellen noch in diesem Jahr angekündigt. „Der Weg dazu wäre ganz einfach – mit einem Wegfall der Sechs-Kilometer-Grenze, die den Abstand zwischen öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken reglementiert, werden Kassenarztstellen vor allem im ländlichen Raum, schlagartig attraktiver und wir können die größten Lücken schließen“, kommentierte der ÖÄK-Vizepräsident. Wenn die Gesundheitspolitik einer leicht verfügbaren Arzneimittelversorgung und der Patienten-Convenience den Vorrang vor einer wettbewerbsrechtlich fraglichen Bestandssicherung öffentlicher Apotheken gibt, führt kein Weg an einer Liberalisierung des Apothekenmarktes vorbei, so Studienautor Andreas Kreutzer, der einen Ausbau der ärztlichen Hausapotheken um 570 Standorte für öffentliche Apotheken als ökonomisch verkraftbar einstuft.

Irritiert zeigte sich Wutscher von der Reaktion der Apothekerkammer: „Es ist höchst bedauerlich, dass man dort in den üblichen Abwehrmechanismen verharrt und lieber versucht, eine Studie zu diskreditieren, anstatt konstruktiv an der optimalen Patientenversorgung mitzuarbeiten.“ Kritisiert wurde von der Apothekerkammer etwa die angeblich falsche Verwendung der Begriffe „Durchschnitt“ und „Median“. Studienautor Kreutzer konnte diese Kritik nicht nachvollziehen: „Die Gründe für die Verwendung der Begriffe werden in der Studie explizit erklärt.“ Die Apothekerkammer gebe etwa nur Zahlen für eine „Median-Apotheke“ an, die jedoch wenig aussagekräftig seien. Daher habe man auf Daten der Statistik Austria zurückgegriffen.

„Nach der Bundeswettbewerbsbehörde haben wir nun eine weitere Stimme, die sich ganz klar für eine Liberalisierung des Apothekenmarktes ausspricht“, unterstrich Silvester Hutgrabner, Leiter des ÖÄK-Referates für Hausapotheken und Medikamentenangelegenheiten: „Außer einzelnen Befindlichkeiten wegen finanzieller Interessen gibt es einfach keine Argumente mehr dafür, den antiquierten Gebietsschutz der öffentlichen Apotheken weiterbestehen zu lassen.“ Im 21. Jahrhundert könne man Patienten nicht mehr zumuten, sinnlose Kilometer verfahren zu müssen, um zu ihrem Medikament zu kommen. „Bevölkerung, Klima, die Gesundheitsversorgung – alle würden es der Politik danken, wenn sie endlich eine faire und moderne Koexistenz zwischen öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken zulässt“, appellierte Hutgrabner: „Es darf nicht mehr länger zugeschaut werden, wie die aktuelle Regelung von den Apothekern immer mehr und mehr ausgereizt wird und Hausapotheke um Hausapotheke zusperren muss“, so Hutgrabner. Das setze eine fatale Negativspirale für die Gemeinde in Gang. Die Suche nach einem Arzt werde ohne Hausapotheke deutlich schwerer, teilweise drohe dann eine Absiedelung aus dem Ort. Das brächte schwerwiegende Folgen mit sich, letztlich auch für die Apotheken selbst: „Denn wenn niemand da ist, der Medikamente verschreibt, dann kann sie auch niemand verkaufen – das Ergebnis ist eine Null-Arzt-Gemeinde mit sinkender Bevölkerungszahl und defizitärer Apotheke“, so Hutgrabner.

„Diagnose und Therapie aus einer Hand“, das müsse das Ziel sein, sprach sich Wutscher generell für ein Dispensierrecht für alle Ärzte aus. Aufgrund der aktuellen Lücken im kassenärztlichen Bereich sei es dringend nötig, neue Impulse zu setzen, um die Situation wieder zu verbessern.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2023