Digitalisierung: Fünf-Punkte-Plan

16.08.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Der Umgang mit Gesundheitsdaten wird eines der großen Themen der kommenden Jahrzehnte. Die Österreichische Ärztekammer präsentierte dazu ihre Visionen für ein modernes Gesundheitsdaten-Management und eine ELGA 2.0.

Sascha Bunda

„Wir haben ein herrliches Schnitzel vor uns, bekommen zum Essen aber nur einen Löffel, so stellt sich der Umgang mit der elektronischen Gesundheitsakte ELGA im Ordinationsalltag oft dar“, schilderte Dietmar Bayer, stellvertretender Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte und Präsident der ÖGTelemed, den aktuellen Stand der Digitalisierung. Zahlreiche Anwendungen der elektronischen Gesundheitsakte würden viel Potenzial mitbringen, allerdings mangle es dann an der Umsetzung. Die Ärzteschaft müsste in künftige Projekte eingebunden werden, betonte Bayer. Ein Positivbeispiel sei für ihn der e-Impfpass, der so in nur einem halben Jahr auf Schiene gebracht wurde.

Drei sind zu viel

Unverständlich sei, warum mit ELGA GmbH, IT-SV und SVC gleich drei staatliche IT-Firmen an der Entwicklung von e-Projekten im Gesundheitswesen arbeiten: „Das ist, als ob man drei Gesundheitsministerien hätte, die alle mit unterschiedlichem Wissenstand unterschiedliche und manchmal auch überlappende Bereiche abdecken“, kritisierte Bayer. „Zum Beispiel ist die ELGA GmbH für die e-Medikation zuständig, während das e-Rezept ein Projekt der SVC ist. Dass diese Konstellation gerade in der aktuellen Situation, in der das e-Rezept die e-Medikation als Tool für die kontaktlose Medikamentenverschreibung ablöst, Probleme macht, kann sich wohl jeder vorstellen“, so Bayer. Er erinnerte zudem, dass in den EU-Plänen für den Europäischen Gesundheitsdatenraum EHDS eine digitale Gesundheitsbehörde verpflichtend vorgesehen sei. Bestens geeignet wäre etwa die Gesundheit Österreich GmbH, die schon jetzt nationales Forschungs- und Planungsinstitut für das Gesundheitswesen ist.

Die elektronische Gesundheitsakte sei nach wie vor alles andere als eine deutliche Arbeitserleichterung, sagte Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte. Die Situation sei „katastrophal“, viel zu viel Zeit würde die Suche von Befunden und weiteren Daten verschlingen. Die Folge: „Umfragen unter Spitalsärzten zeigen immer wieder, dass mehr als 70 Prozent ELGA nicht als nützlich oder hilfreich wahrnehmen“, sagte Mayer: „Wenn das handschriftliche Ausfüllen einer Patientendatei schneller und besser funktioniert als ELGA, dann stimmt etwas nicht.“ Entwicklung und Umsetzung sollten endlich in einer Hand ablaufen. Mayer begrüßte die von Gesundheitsminister Johannes Rauch im Februar angekündigte Digitalisierungs-Initiative im Gesundheitswesen. „Der Ausbau der Digitalisierung darf aber auf keinen Fall dazu verführen, beim Personal einzusparen, allfällig freiwerdende Ressourcen müssen für die Patientenversorgung genutzt werden.“

Harald Schlögel, geschäftsführender ÖÄK-Vizepräsident, betonte, dass die Ärzteschaft der Digitalisierung aufgeschlossen gegenüberstehe. Als Hauptanwender von digitalen Tools bräuchten Ärzte aber Werkzeuge, die funktional, zuverlässig, sicher und nützlich sind. Das sei nur gewährleistet, wenn die Anwender auch in die Entwicklung eingebunden werden. „Wir haben in den vergangenen Jahren oft erlebt, dass uns Tools vorgesetzt wurden, bei denen auf den ersten Blick ersichtlich war, dass diese niemals in den Ordinationsalltag integrierbar sind“, sagte Schlögel und forderte folgende Maßnahmen:

  • Zusammenführung der drei staatlichen IT-Firmen und Schaffung einer digitalen Gesundheitsbehörde, wie im EHDS vorgesehen, idealerweise wäre das die Gesundheit Österreich GmbH. Die Stelle muss mit genügend Finanzmitteln ausgestattet werden, um ihren Aufgaben auch nachkommen zu können• Einbindung der Ärzteschaft in alle e-Projekte und auch in die neue Diagnosecodierung.
  • Digitalisierungsoffensive für Spitäler, die Ärzte entlastet. Verbesserung und Finanzierung der digitalen Schnittstellen zwischen intra- und extramuralem Bereich
  • ELGA-Optimierung durch Einführung einer Patient Summary mit Sortier- und Filterfunktion statt des bisherigen pdf-Friedhofs.
  • Schaffung der Auswertungsmöglichkeiten von Gesundheitsdaten für rein wissenschaftliche Zwecke bei garantierter Datensicherheit und ethischer Prüfung. Datenschutz darf keine Ausrede sein, gar nichts zu tun.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2023