Forschung aktuell: Naa10p unterdrückt Metastasenbildung

25.04.2011 | Medizin

Forschung aktuell

Das N-α-Acetyltransferase 10 Protein – kurz Naa10p – soll die Metastasenbildung von Krebszellen unterdrücken. Eine höhere Expression von Naa10p geht mit einer höheren Überlebenschance einher.
Von Barbara Spitzer

Bei einer Gruppe von Patienten mit Lungenkrebs wurde festgestellt, dass eine höhere Naa10p-Expression mit einer höheren Überlebenschance korreliert. Wissenschafter des National Taiwan University College of Medicine haben kürzlich in „Cancer Cell“ publiziert, dass Naa10p, das in die Kontrolle des Zellzyklus involviert ist, in diversen malignen Tumoren mit Lymphknotenmetastasierung geringer exprimiert wird, verglichen mit malignen Tumoren ohne Lymphknotenmetastasierung.

Naa10p unterdrückt signifikant Migration, Tumorwachstum und Metastasierung unabhängig von seiner enzymatischen Aktivität. Das Protein bindet an die sogenannte GIT-Domaine von PIX und verhindert damit die Bindung des GIT-PIX-Paxillin Komplexes. Dadurch findet eine reduzierte intrinsische Rac1-Aktivität und verminderte Zellmigration statt. In Naa10p transfizierten Tumorzellen konnte eine verstärkte Expression von PIX festgestellt und dadurch die Migration und Fähigkeit der Metastasenbildung zurückgesetzt werden. Die taiwanesischen Wissenschafter nehmen an, dass Naa10p die Metastasenbildung unterdrückt, indem der GIT-PIX-Paxillin-Komplex in Krebszellen nicht gebildet werden kann.

Dazu erklärt der Leiter der Forschungseinheit Entwicklung experimenteller Krebstherapien vom Institut für Krebsforschung an der Medizinischen Universität Wien, Univ. Prof. Walter Berger: „Dieses publizierte Papier beinhaltet eine beeindruckende Menge an Daten, die – vor allem auf genetischer Manipulation beruhend – zeigen, dass Naa10p offensichtlich als Tumorsuppressor die Metastasierung von Krebszellen über eine Blockade der Migrationsfähigkeit verhindern kann. Diese Beobachtung ist hochinteressant, lässt aber auch viele Fragen offen.“ Und Univ. Prof. Christoph Zielinski, Vorstand der Klinik für Innere Medizin I am Wiener AKH, ergänzt: „Dies ist einer von unendlich vielen Ansätzen, die alle das idente Ziel verfolgen, aber alle großteils noch im Laborstadium sind.“

Den Aussagen von Berger zufolge seien in den letzten Jahren sehr kontroversielle Daten zur Rolle dieses Proteins im Krebsgeschehen publiziert worden, die nicht nur eine krebsverhindernde sondern sogar eine krebsfördernde Funktion von Naa10p vorsehen. Zusätzlich ist in jenen Arbeiten, die Naa10p ebenfalls als Tumorsuppressor beschreiben, die Acetyltransferase-Funktion von Naa10p entscheidend, während sie in der vorliegenden Studie in der krebshemmenden Wirkung offensichtlich keine Rolle spielt.

Grundlage für weitere Arbeit

So seien die Ergebnisse der Publikation aus Taiwan im Bereich der verwendeten Modell-Systeme (genetische Manipulation sowie Entschlüsselung der Interaktion mit dem GIT-PIX-Paxallin Komplex) sehr beeindruckend, während jedoch die klinischen Daten weniger überzeugend seien. Diese Arbeit stelle jedoch einen Diskussionsbeitrag sowie die Grundlage für weitere Forschungsarbeiten dar. Die definitive Rolle von Naa10p im Krebsgeschehen scheine allerdings komplexer zu sein, als in der vorliegenden Arbeit impliziert, und könnte von der Krebsart beziehungsweise dem Stadium der Erkrankung abhängen. Berger resümierend: „Alle diese offenen Fragen müssen geklärt, bevor an eine Verwendung von Naa10p zum Beispiel als prognostischer Marker in Krebspatienten gedacht werden kann“.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2011