Standpunkt Edgar Wutscher: Langer Atem notwendig

10.05.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Die Vorsorgemedizin ist eine der wichtigsten Eckpfeiler in einem gut ausgebauten Gesundheitssystem wie jenes in Österreich. Eines der Vorzeigeprojekte in diesem Bereich feiert heuer seinen 50. Geburtstag: der Mutter-Kind-Pass (näheres dazu siehe Seite 9). Wir können stolz auf die Erfolge des Mutter-Kind-Passes sein, denn dieser garantiert – zumindest während der Schwangerschaft und den ersten Lebensjahren der Kinder – eine bessere Grundversorgung und ist aus dem Vorsorgeprogramm nicht mehr wegzudenken. Natürlich gibt es auch hier Bedarf an Weiterentwicklungen. Nicht zuletzt sollte die Lücke zwischen Vorsorgeuntersuchungen bei Kleinkindern und Erwachsenen geschlossen werden.

Neben dem Mutter-Kind-Pass zählen Impfungen zu den wichtigsten und erfolgreichsten Vorsorgemaßnahmen – leider müssen wir auch hier mit logistischen Herausforderungen beim bundesweiten Impfprogramm, siehe Influenza-Impfung, kämpfen. Die Umsetzung der bestehenden kostenfreien Impfungen in den Ordinationen muss erleichtert werden, damit wir vor Ort unbürokratisch und niederschwellig impfen können. Und natürlich muss das kostenfreie Angebot im Rahmen der empfohlenen Impfungen weiter ausgebaut werden. Gerade auch im Hinblick auf die bestehenden Impflücken (näheres Seite 12) gibt es hier viel zu tun. Es kann nicht sein, dass in einem reichen Land wie Österreich viele Impfungen – gerade für Erwachsene – eine Frage des Geldes sind.

Weil die Vorsorge uns sehr am Herzen liegt, sind wir auch stets dahinter, hier mehr Dynamiken zu schaffen. Wir sind derzeit bemüht, Termine mit der Sozialversicherung zu bekommen, um seriöse Honorare verhandeln zu können. Hier geht es nicht nur um die finanzielle Absicherung von wichtigen Tools wie die Covid-Testungen oder Vorsorgeprogrammen wie das Brustkrebsfrüherkennungsprogramm, sondern auch um die Mutter bzw. Eltern-Kind-Pass-Tarife und allgemeine Vorsorgetarife. Dafür bedarf es leider eines langen Atems, denn die Terminfindung ist oft sehr herausfordernd. Wir bemühen uns sehr, hier mehr Bewegung hineinzubekommen. Denn es geht um weit mehr als die finanzielle Absicherung. Es geht darum, Vorsorgeprogramme an die moderne Medizin anzupassen: Es ist evident, dass Kleinkinder andere Bedürfnisse haben als Jugendliche oder Senioren. Die unterschiedlichen medizinischen Schwerpunkte sollten sich auch in einem modernen Vorsorgeprogramm widerspiegeln.

Dr. Edgar Wutscher
3.Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2024