Facharzt für Allgemeinmedizin: Wie der neue Facharzt umgesetzt wird

10.05.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Nach dem Beschluss des Nationalrats zur Einführung des Facharztes für Allgemein- und Familienmedizin geht es nun an die Umsetzung. Die Österreichische Ärztekammer beantwortet die in diesem Zusammenhang meistgestellten Fragen.

Sophie Niedenzu

Am 14. März 2024 endete eine jahrzehntelange Wartezeit. Einstimmig befürwortete nach Gesundheitsausschuss und Nationalrat auch der Bundesrat die gesetzliche Grundlage für die Einführung des Facharztes für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Für die Ärztekammer ein lang ersehnter Schritt zur Aufwertung der Allgemeinmedizin, für den man seit dem Beschluss auf dem Ärztekammertag 1992 gekämpft hatte. Besonders Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, der gemeinsam mit dem ehemaligen ÖÄK-Präsidenten Artur Wechselberger lange und ausdauernd für die Einführung des Facharztes für Allgemeinmedizin gekämpft hat, zeigte sich höchst erfreut und erwartet durch diesen Schritt eine deutlich stärkere Positionierung und Attraktivierung der Allgemeinmedizin. Die Umstellung zur neuen Ausbildung zum Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin erfolgt schrittweise bis 2030, um Ausbildungslücken zu verhindern. Einen besonderen Fokus erhält dabei die Lehrpraxis, die durch die neue Ausbildungsordnung deutlich verlängert wird. Damit sollen junge Ärzte in Ausbildung noch länger Zeit haben, im niedergelassenen Bereich Erfahrung zu sammeln. In die fünfjährige fachärztliche Ausbildung sollen zudem Fächer wie Innere Medizin oder Kinder- und Jugendheilkunde implementiert werden, das genaue Curriculum ist noch in Ausarbeitung.

Doch was bedeutet der neue Facharzt nun für Ärzte, die aktuell in Ausbildung sind bzw. für solche, die eine Ausbildung anfangen wollen? Was müssen Ärzte, die bereits Allgemeinmediziner sind, wissen? Wie sieht die neue Ausbildungsordnung aus? Seit dem politischen Beschluss haben sich auch viele Fragen aufgetan. Die Österreichische Ärztekammer hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen, die sich durch die Umstellung auf den neuen Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin ergeben, zusammengefasst:

Wie setzt sich die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin zusammen und wie lange dauert diese? Die Ausbildung beginnt mit der 9-monatigen Basisausbildung. Anschließend folgt eine 33-monatige Sonderfach-Grundausbildung. Ab dem Inkrafttreten zum 1. Juni 2026 erfolgt im Rahmen einer Übergangsperiode eine schrittweise Erhöhung der Dauer der Sonderfach-Schwerpunktausbildung und somit der Ausbildungszeit. Abhängig vom Beginn der Basisausbildung umfasst die Sonderfach-Schwerpunktausbildung eine Dauer wie folgt:

  • Beginn ab dem 1. Juni 2026 bis 31. Mai 2027: 6 Monate
  • Beginn ab dem 1. Juni 2027 bis 31. Mai 2028: 9 Monate
  • Beginn ab dem 1. Juni 2028 bis 31. Mai 2029: 12 Monate
  • Beginn ab dem 1. Juni 2029 bis 31. Mai 2030: 15 Monate
  • Beginn ab dem 1. Juni 2030: 18 Monate

Die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin wird nach dieser Übergangsperiode ab dem 1. Juni 2030 schlussendlich insgesamt fünf Jahre dauern. Analog dazu wird die zwölfmonatige Lehrpraxis ebenfalls stufenweise adaptiert. Sie wird mit Ende der Übergangszeit final 24 Monate dauern.

Welcher Teil der Ausbildung kann in einer Lehr(gruppen)praxis bzw. Lehrambulatorium absolviert werden? In der Sonderfach-Grundausbildung können insgesamt höchstens 6 Monate in anerkannten Lehr(gruppen)praxen, in Lehrambulatorien oder einer Zentralen Ambulanten Erstversorgung (ZAE) absolviert werden. Die gesamte Sonderfach-Schwerpunktausbildung (18 Monate) ist in einer allgemeinmedizinischen Lehrpraxis, allgemeinmedizinischen Lehrgruppenpraxis oder einem für Allgemeinmedizin anerkannten Lehrambulatorium zu absolvieren.

Ich habe meine Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin bis zum 1. Juni 2026 begonnen. Kann ich diese nach den bisherigen Bestimmungen abschließen? Ja, es besteht eine Wahlmöglichkeit: Personen, die vor dem 1. Juni 2026 eine Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin begonnen haben, können diese Ausbildung nach dem derzeit geltenden Recht abschließen, oder ab dem 1. Juni 2026 in die neue fachärztliche Ausbildung übertreten. Nähere Informationen zum Verfahren zwecks Übertrittes folgen.

Ich bin Arzt für Allgemeinmedizin. Darf ich weiterhin als Ausbildungsverantwortlicher in einer Ausbildungsstätte tätig sein? Ja, Ärzte für Allgemeinmedizin bleiben bis längstens 31. Mai 2030 berechtigt, die Ausbildungstätigkeit als Fachärzte für Allgemeinmedizin und Familienmedizin auszuüben.

Ich bin bereits Arzt für Allgemeinmedizin. Wie kann ich die neue Facharztbezeichnung erwerben? Jeder Allgemeinmediziner, der mindestens zwei Jahre in der Primärversorgung tätig war – und davon innerhalb der vergangenen zwei Jahre mindestens sechs Monate – kann mit 1.1.2025 um den Facharzt ansuchen.

Dabei sind folgende Voraussetzungen nachzuweisen:

  • Eintragung in die Ärzteliste
  • Diplom Arzt für Allgemeinmedizin
  • ärztliche Berufserfahrung in der Gesamtdauer von zumindest 24 Monaten im Bereich der Grundversorgung (Primärversorgung)

Zu der geforderten „ärztlichen Berufserfahrung im Bereich der Grundversorgung (Primärversorgung)“ zählen unter anderem

  • absolvierte Ausbildungszeiten als Turnusarzt in Allgemeinmedizin in Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen, Lehrambulatorien oder Einrichtungen, die der medizinischen Erstversorgung dienen,
  • Tätigkeiten als Stationsarzt mit entsprechendem Tätigkeitsprofil,
  • Vertretungstätigkeiten in Ordinationen bei Ärzten für Allgemeinmedizin.

Hinweis: Davon sind zumindest sechs Monate innerhalb der letzten zwei Jahre vor Antragstellung nachzuweisen.

Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die fachärztliche Prüfung für das Sonderfach Allgemeinmedizin und Familienmedizin zu absolvieren. Die neue Bezeichnung „Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin“ tritt an die Stelle der bis dahin geführten Bezeichnung „Arzt für Allgemeinmedizin“.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2024