Turnusevaluierung: Ausbildungs-Qualität: „befriedigend“

25.10.2012 | Politik

Die Ausbildungs-Qualität an österreichischen Krankenhäusern und Lehrpraxen ist befriedigend. Das ist das Ergebnis der Evaluierung, im Rahmen derer 2.710 Turnusärzte mehr als 4.200 Abteilungsbewertungen abgegeben haben. Mit den darin erhobenen Fakten können die Probleme in der Ausbildung abgebildet werden.Von Marion Huber

Ein Jahr ist vergangen, seit der Startschuss zur Turnus-Evaluierung erfolgt ist. Nun kann mit dem Jahresbericht des Ärztlichen Qualitätszentrums in Linz eine erste Bilanz gezogen werden. Von den 6.163 Turnusärzten, die zur Evaluierung eingeladen worden sind, haben im ersten Jahr 2.710 aktiv an der Online-Befragung teilgenommen und bislang zu 4.237 auswertbaren Abteilungsbewertungen beigetragen. Österreichweit lag die Beteiligungs-Quote damit bei 44 Prozent, wobei sie im Burgenland (66,1 Prozent) und in Kärnten (65,1 Prozent) am höchsten und in Wien (37,5 Prozent) am niedrigsten war.

Große Freude über diese „rege Teilnahme“ zeigt Karlheinz Kornhäusl, stellvertretender Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte und Obmann der Bundessektion Turnusärzte in der ÖÄK. Und auch Alois Alkin, Geschäftsführer des Ärztlichen Qualitätszentrums und verantwortlich für die Durchführung der Turnusevaluierung, sieht Grund zur Freude gegeben: „Für eine Befragung, die kontinuierlich stattfindet, ist die Beteiligung sehr hoch, auch verglichen mit anderen ähnlichen Umfragen.“ Zu verdanken sei das auch der Methode: Durch eine Umfrage via E-Mail kann das System automatisch Erinnerungen an jene Turnusärzte schicken, die noch nicht teilgenommen haben. „Das macht einen hohen Prozentsatz der Beteiligung aus. So konnten wir die Quote von 25 auf 44 Prozent steigern“, erklärt Alkin. Nach Wiedereinladung haben sogar mehr als 78 Prozent der bereits registrierten Turnusärzte eine weitere Abteilung bewertet. Bislang konnten für 358 von insgesamt rund 1.200 Abteilungen Auswertungen erstellt werden; für diese 358 liegen jeweils mehr als fünf Bewertungen vor.

Bewertet wird nach dem Schulnoten-System. Das Ergebnis: Mit 2,79 ist die Qualität der Ausbildung an den Abteilungen bundesweit im Durchschnitt nur „befriedigend“. Zur Beurteilung dieses Wertes fehlt zwar ein Vergleichswert aus anderen Ländern, aber für Alkin ist eines sicher: „Zufrieden kann man damit nicht sein.“ Während Oberösterreich, Kärnten, Niederösterreich und Tirol nahe an diesem Mittelwert liegen, werden die Abteilungen in der Steiermark (2,67) und in Salzburg (2,63) etwas besser bewertet. Mit der Note 2,49 hat Vorarlberg die beste Gesamtbeurteilung; am anderen Ende der Skala liegen die Abteilungen in Wien (3,04) und Burgenland (3,07). „Diese Zahlen sprechen für sich. Das Ost-West-Gefälle ist eine bekannte Problematik“, so der Kommentar von Kornhäusl. Und weiter: „Man hört immer wieder, dass die Turnusärzte vor allem in Wien extrem unzufrieden sind. Das kann man an den Ergebnissen dieser Evaluierung sehr gut ablesen.“

So beurteilen in Vorarlberg etwa 21,7 Prozent der Turnusärzte die Ausbildungsqualität als sehr gut, nur 5,4 Prozent als nicht genügend. In Wien hingegen ist die Qualität nur für 12,7 Prozent sehr gut und für ganze 15,9 Prozent nicht genügend. Diesen Vergleich können die Bundesländer nutzen, ist Alkin überzeugt: „Sie können dadurch erkennen, wo Handlungsbedarf gegeben ist. Denn durch den Turnusärzte-Mangel in einzelnen Regionen herrscht hoher Druck, junge Ärzte zu gewinnen.“

Das für Alkin wichtigste Ergebnis der Evaluierung ist die „Streuung der Zufriedenheit“ auf Abteilungsebene: Die Bewertungen liegen hier zwischen 1,17 und 4,86. Insgesamt erhalten die Lehrpraxen in allen Bundesländern deutlich bessere Noten als der Durchschnitt; von bislang sieben auswertbaren Bundesländern werden die Lehrpraxen in sechs besser als mit „gut“ bewertet.

Den größten Einfluss auf die Gesamtbewertung einer Abteilung haben unter allen abgefragten Aspekten die Umsetzung und Qualität des Ausbildungskonzeptes. Alkin dazu: „Mit den Ergebnissen kann man den Rechtsträgern und Abteilungen vermitteln, wie wichtig Ausbildungskonzepte sind.“ Allerdings gibt es im österreichweiten Durchschnitt nur in 40 Prozent der Abteilungen tatsächlich ein solches Konzept. Gaben etwa in Vorarlberg 52,2 Prozent der Turnusärzte an, dass es ein Ausbildungskonzept gibt, waren es im Burgenland nur 20,3 Prozent.

Ganz deutlich wird durch die Ergebnisse, dass die Gesamtzufriedenheit stark von einzelnen Faktoren abhängt. Diese Zusammenhänge lassen sich aus der Vielzahl von Abteilungsbewertungen berechnen. Besonders groß sei die Korrelation mit aktiven Lernformen, erklärt Alkin: „Wenn Turnusärzte selbstständig Untersuchungen durchführen, Ambulanztätigkeit übernehmen, ein ärztliches Gespräch führen und aktiv an Abteilungsbesprechungen teilnehmen können, wirkt sich das auf die Gesamtzufriedenheit und den Lernerfolg aus.“ Das betont auch Kornhäusl: „Dort, wo Turnusärztinnen und Turnusärzte eigenständig arbeiten können, sind sie eindeutig zufriedener.“ Während etwa in Vorarlberg 23 Prozent und in Tirol 21,5 Prozent der Turnusärzte angaben, „immer“ selbstständig Untersuchungen durchführen zu können, waren es im Burgenland nur 6,8 Prozent.

Mit den Zahlen, die durch die Turnusevaluierung erhoben werden, können die Probleme in der Ausbildung abgebildet werden. Kornhäusl dazu: „Für uns als Standesvertretung ist das ein Instrument, um den Abteilungen und Trägern aufzuzeigen, wo die Schwachstellen sind. Mit diesen Fakten können wir argumentieren.“ Denn nur wenn man noch heute beginne, an den Rädern der Ausbildung zu drehen, sei auch in zehn Jahren die hochstehende medizinische Versorgung noch sichergestellt. Daher wird die Turnusevaluierung wie geplant weitere zwei Jahre laufen, um noch mehr aussagekräftige Daten, vor allem für die Abteilungen, zu sammeln – nur das sei nachhaltig und zielführend, ist der Sektionsobmann überzeugt: „Diese drei Jahre Laufzeit stehen für die Dauer der Turnusausbildung und decken einen ganzen Turnus ab.“

Neben einem „Dankeschön an alle, die bis jetzt teilgenommen haben“ appelliert Kornhäusl eindringlich, weiterhin an der Umfrage teilzunehmen: „Es ist eine einmalige Chance, die jeder Einzelne am Schopf packen sollte.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2012