Österreich, flächenmäßig so groß wie die chinesische Stadt Chonqing und mit halb so vielen Einwohnern wie das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen, leistet sich immer noch den Luxus sehr unterschiedlicher Regelungen in vielen Bereichen, sei es bei Bildung, Verkehr, Kinder- und Jugendschutz – und auch bei den von der Krankenkasse finanzierten Leistungen.
Dass es sinnlos ist, dass im Extremfall schon auf der anderen Straßenseite andere Kassenleistungen bezahlt werden, ist nicht nur aufgrund der Größe Österreichs evident. Die Österreichische Ärztekammer hat sich dieses Problems schon vor langer Zeit angenommen, eine Vereinheitlichung der Leistungen gefordert und sogar selbst einen einheitlichen und modernen Leistungskatalog erarbeitet, der von allen Fachgruppen und Bundesländern mitgetragen wurde. Nicht nur das unterstreicht: Die ÖÄK steht zum Auftrag des Gesetzgebers, mit der Österreichischen Gesundheitskasse einen Gesamtvertrag zu verhandeln.
Angesichts dieser Anstrengungen der Ärztekammer und der bis vor Kurzem fehlenden Reaktion des Gegenübers auf den Leistungskatalog ist es besonders unehrlich und infam, der Ärztekammer ein Blockiererimage anzudichten. Die Ärztekammer hat sich immer das Recht herausgenommen, vor drohenden Fehlentwicklungen zu warnen – immerhin bringen Ärztinnen und Ärzte unverzichtbare Expertise mit und fühlen sich ihren Patientinnen und Patienten verpflichtet. Verantwortungsvolle Gesundheitspolitik bedeutet, gründliche Reflexion einzufordern. Klar ist aber auch: Wer mit der Ärztekammer ehrlich und auf Augenhöhe verhandelt, findet in ihr auch eine Partnerin mit Handschlagqualität, um sinnvolle Projekte umzusetzen. Nach den verständlichen Protestmaßnahmen in Kärnten gab es zuletzt positive Signale aus Politik und Kasse, der Herbst wird zeigen, wohin die Reise geht.
Dr. Harald Schlögel
1. Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2025