Standpunkt Präsident Johannes Steinhart: Trägheitsgesetz

25.06.2025 | Aktuelles aus der ÖÄK

Ein ruhender Körper bleibt in Ruhe, wenn keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken, sagt das 1. Newtonsche Gesetz. In den vergangenen Wochen haben immer mehr Partner im Gesundheitswesen, Ökonomen und auch Medien begonnen, die Finanzgebarung der Österreichischen Gesundheitskasse kritisch zu hinterfragen. Langsam, sehr langsam, setzte sich in der Folge innerhalb der ÖGK ein gewisser Reflexionsprozess in Gang und man begann dort, auch einige innere Abläufe auf den Prüfstand zu stellen. Leider scheuen die ÖGK-Funktionäre aber immer noch davor zurück, an den großen Stellschrauben zu drehen, die eine nachhaltige Problemlösung bewirken würden. Stattdessen ergeht man sich in Rechtfertigungen, Scheindebatten und Nebelgranaten. Dass intern darüber diskutiert wird, wie oft die Fenster der Bürotürme geputzt werden, ist ein netter Ansatz, aber letztendlich ebenso wie die Debatten über MR/CT-Untersuchungen oder Physiotherapien nur ein kleines Pflaster auf eine klaffende Wunde. Zeitgleich arbeiten die ÖGK-Funktionäre weiter am Aufbau teurer Parallelstrukturen und weiterer defizitärer Ambulatorien.

Das ist gelinde gesagt irritierend für alle, denen das solidarische Gesundheitssystem und die Finanzierung der wichtigen Säule ÖGK am Herzen liegt. Allzu groß scheint das Problembewusstsein leider noch nicht zu sein.

Mit der vom Bund angekündigten Finanzspritze sollte es der ÖGK nun möglich sein, endlich wieder die Verhandlungen aufzunehmen, die in manchen Bundesländern schon seit Monaten stillstehen. Aber ohne große Reformen und die Umsetzung von Synergieeffekten ist die Gefahr groß, dass wir in zwei Jahren wieder beim Status quo ankommen und die ÖGK-Finanzierung wieder in Frage steht. Wir werden daher nicht müde werden, diese Reformen einzufordern – im Sinne unserer Patientinnen und Patienten und auch im Sinne der Leistungserbringer im System.

Dr. Johannes Steinhart
Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2025