200 Milliarden Euro: So viel haben private Konzerne für Unternehmenskäufe und -beteiligungen im Gesundheitssektor alleine seit 2021 ausgegeben. Die medizinische Versorgung wird von immer mehr privaten Investoren und Firmen als Geschäftsmodell ins Visier genommen – darunter auch die weltgrößten Player, die mit immenser Finanzkraft ausgestattet sind. Aktuelle Studien unterstreichen die Sorge der Österreichischen Ärztekammer, wonach der Profit auf Kosten der Patienten gemacht wird. Die Gesundheitssysteme werden teurer, weil zusätzlich noch Interessen der Aktionäre bedient werden müssen, gleichzeitig sinkt auch die Qualität der Versorgung, weil der Kostendruck zunimmt und der Shareholder-Value zusätzlich eingepreist werden muss. Der freie ärztliche Beruf sowie das solidarische Gesundheitssystem Österreichs müssten unbedingt geschützt werden und das Patientenwohl stets über wirtschaftlichen Interessen stehen – das ist unser Auftrag. Das Wachrütteln der politisch Verantwortlichen und das Gegensteuern bei dieser brandgefährlichen Entwicklung wird einer der Kernaufgaben der Ärztekammer in diesem Jahr sein – aber nicht die einzige.
Im niedergelassenen Bereich muss weiter dringend an der Attraktivierung der Kassenmedizin gearbeitet werden – und zwar nachhaltig. Finanzielle Starthilfen sind sicher zu begrüßen, aber Verbesserungen bei der Flexibilität von Kassenverträgen, bei der Bürokratie und die schnellstmögliche Einführung des einheitlichen Leistungskataloges sind mindestens ebenso wichtig und werden langfristige Erfolge bringen. Für unsere Spitäler wird eine vernünftige und konsequente Patientenlenkung entscheidend sein, damit sie sich wieder auf ihre Kernaufgaben fokussieren können und das Gesundheitssystem als solches gemäß der Versorgungspyramide entlastet wird. Zudem müssen die Spitalsärzte dringend entlastet werden, etwa von der Bürokratie, die einen zu großen Teil in ihrer Arbeitszeit einnimmt.
Auch 2024 wird mit seinen politischen Weichenstellungen wieder ein Jahr sein, in dem wir als Ärzte besonders gefordert sein werden, aktiv an der Verbesserung unseres Gesundheitssystems mitzuarbeiten. Je geeinter wir dabei auftreten, umso besser werden wir dabei wahrgenommen werden. Setzen wir uns daher auch in diesem Superwahljahr mit vereinten Kräften für unser Gesundheitswesen und unsere Patienten ein!
Dr. Johannes Steinhart
Präsident der Österreichischen Ärztekammer
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2024