Standpunkt Harald Schlögel: Viel Feind, viel Ehr´

10.02.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Wenn man den Beteiligten Glauben schenken darf, dann stehen in der Gesundheitspolitik große Veränderungen bevor. Nachdem das Thema Gesundheit in der Politik lange eher ein Nischendasein gefristet hat, überbietet man sich jetzt mit Ideen zu neuen Finanzierungsmodellen und neuen Kompetenzverteilungen. Natürlich wird dabei nicht der eigene Einflussbereich außer Acht gelassen, der burgenländische Landeshauptmann etwa wünschte sich eine Verstaatlichung des Gesundheitssystems samt Ausschaltung der Ärztekammern. Diese würden ohnehin nur blockieren.

Dazu ist festzuhalten, dass wir derzeit gut sehen können, wie katastrophal sich ein staatliches Gesundheitssystem entwickeln kann. Zustände wie in Großbritannien kann hierzulande niemand ernsthaft wollen. Zudem sagt diese Wortmeldung, so ärgerlich sie sein mag, viel über die selbstbewusste Standesvertretung der Ärzteschaft aus. Natürlich wäre es für die Politik leichter, wenn es keine Kammern gäbe. Natürlich behindert die Rücksichtnahme auf Arbeitsbedingungen, auf freie Berufe und auf Patientensicherheit den Ausbau der eigenen Machtfülle. Und natürlich ist es gut und sogar die Pflicht einer starken Interessensvertretung, Fehlentwicklungen aufzuzeigen und dagegen anzukämpfen. Dafür muss man sich nicht schämen, es ist im Gegenteil eine Auszeichnung. Wichtig ist nur, keine Justament-Blockadehaltung an den Tag zu legen, sondern sich konstruktiv und mit eigenen Vorschlägen in die Diskussion einzubringen. Die Expertise, die die Ärzteschaft mitbringt, ist durch nichts zu ersetzen, wenn es um die Neugestaltung des Gesundheitssystems geht.

Vieles weiß man leider erst zu schätzen, wenn es nicht mehr da ist. Die Kompetenzen in der Ausbildung, die man mit Jahresbeginn der Ärztekammer weggenommen und den Ländern gegeben hat, führen in meinem Heimatbundesland Niederösterreich schon jetzt zu gravierenden Problemen. Völlig überforderte Behörden schaffen es nicht, Bescheide so auszustellen, dass junge Ärzte rechtzeitig zur Facharztprüfung antreten können. Nur mit Mühe konnte bislang verhindert werden, dass junge Menschen ein ganzes Jahr ihrer Ausbildung verlieren. Das ist das Resultat, wenn man Zuständigkeiten nicht nach Kompetenz, sondern nach Machtaspekten vergibt. Und das muss unsere Motivation sein, noch konsequenter gegen Fehlentwicklungen aufzutreten – Beliebtheitspreise der Politik brauchen wir nicht.

Dr. Harald Schlögel
1. Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2023