Standpunkt Johannes Steinhart: Außer Spesen nichts gewesen

16.08.2022 | Aktuelles aus der ÖÄK

Mit einem Einsparungspotential von einer Milliarde Euro, die vor allem den Patientinnen und Patienten zugutekommen sollte, wollte man uns die Fusionierung der Sozialversicherungen schmackhaft machen. Gekommen ist es dann so, wie man es als gelernter Österreicher ohnehin kennt: Von Einsparungen ist weit und breit nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die Kassenfusion hat Mehrkosten in der Höhe von 214,95 Millionen Euro verursacht. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls der Rechnungshof nach einer Prüfung. Nicht nur das: Auch von einer Harmonisierung der Leistungen, die man den Versicherten in Aussicht gestellt hat, sind wir noch meilenweit entfernt. Die vielbeschworene Patientenmilliarde ist also nicht mehr als ein PR­Gag.

Was auch immer die Gründe dafür sind – entweder ein Totalversagen des Managements oder man hat uns schlicht und ergreifend angelogen – spätestens jetzt sollte man damit aufhören, von einer Patientenmilliarde, die es nie gegeben hat, zu reden.

Außer den unzähligen leeren Versprechen, was alles durch die Fusionierung der Kassen besser werden sollte, gibt es de facto bis heute nicht die geringsten Anzeichen für Verbesserungen. So ist von der vielbeschworenen Harmonisierung der Leistungen, wie wir das schon seit Jahren, ja Jahrzehnten fordern, nichts zu merken. Aber es ist nicht nur nichts bei den Versicherten angekommen, es ist auch nichts bei uns Ärztinnen und Ärzten angekommen wie etwa die längst überfällige Adaptierung des Leistungskatalogs samt zeitgemäßer Honorierung. Kassenärzte und Spitalsärzte arbeiten nicht erst seit Ausbruch der Corona­Pandemie tagtäglich über dem Limit. Termine bei Wahlärzten sind oft auf Monate hinaus ausgebucht. Kinderärzte mit einem Kassenvertrag sind mittlerweile zur Rarität geworden. Notarztarztdienste können nicht besetzt werden, weil sich die Honorare auf einem Niveau bewegen, für das sich ein Handwerker nicht einmal auf den Weg machen würde.

Die Bundeskurie Niedergelassene hat schon vor Längerem einen modernen Leistungskatalog vorgelegt – die Umsetzung durch die Sozialversicherung lässt nach wie vor auf sich warten. Wir brauchen dringend Investitionen in unser Gesundheits-system, das uns mittlerweile nahezu täglich seine Schwächen in der Versorgung aufzeigt.

Es ist Zeit, dass die Verantwortlichen endlich aufwachen. Und handeln. Rasch.

Dr. Johannes Steinhart
Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2022