Standpunkt Edgar Wutscher: Ein Meilenstein ist gesetzt

11.10.2022 | Aktuelles aus der ÖÄK


Gut Ding braucht Weile, sagt man. Weile ist relativ und im Fall des Facharztes für Allgemeinmedizin und Familienmedizin waren es ganze drei Jahrzehnte. 30 Jahre voller langwieriger und schwieriger Verhandlungen, die nun aber erfolgreich zu einem Abschluss gekommen sind. Es ist ein Meilenstein, der die Allgemeinmedizin noch weiter aufwerten wird, denn mit dem Facharzt wird wiederum bestätigt, welch wichtige Aufgabe der Hausarzt im Gesundheitssystem hat.

Die Allgemeinmedizin ist eine wichtige Säule in der Versorgung, denn der Hausarzt ist und bleibt die Nummer Eins für die Patienten. Das bestätigt auch eine aktuelle Umfrage der Österreichischen Gesundheitskasse. Demnach sind rund 94 Prozent von 1.000 Befragten mit ihrer hausärztlichen Versorgung zufrieden, für den Großteil ist der Hausarzt die erste Ansprechstelle bei gesundheitlichen Problemen. Der Arzt, der seinen Patienten am besten und vor allem im Gesamten kennt, ist und bleibt der Hausarzt. Bei ihm laufen alle Fäden zusammen. Mit dem Facharzt für Allgemeinmedizin wird nun die Ausbildung bis 2030 in mehreren Schritten auf insgesamt fünf Jahre verlängert, die zwei zusätzlichen Jahre werden als Lehrpraxis und überwiegend im niedergelassenen Bereich absolviert. Auch das ist zu begrüßen, schließlich sollen die jungen Kolleginnen und Kollegen auch direkt in der Praxis so viel Wissen und Erfahrung wie möglich sammeln, die erfüllende Arbeit als Allgemeinmediziner vermittelt bekommen und auch lernen, wie man eine Ordination wirtschaftlich leitet.

Mit der Umsetzung der Facharztausbildung wird nun ein Meilenstein gesetzt, aber viele weitere müssen folgen. Denn eines ist klar: Mit dem einen Schritt ist es noch längst nicht alles getan. Wir haben nach wie vor das Problem, dass viele junge Ärztinnen und Ärzte keinen Kassenvertrag haben, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Die Gesprächsmedizin muss auch anerkannt und ein einheitlicher Leistungskatalog endlich tatsächlich umgesetzt werden, außerdem sollte die Bürokratie weiter abgebaut werden, damit sich der Arzt voll und ganz auf den Patienten konzentrieren kann. Und man darf nicht auf die Wahlärzte vergessen, die ihren Beitrag für die Versorgung leisten.

Der erste Schritt für die Aufwertung der Allgemeinmedizin ist getan, mögen nun weitere folgen.

Dr. Edgar Wutscher
3.Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2022