Standpunkt Herwig Lindner: ÜWB… Übertragener was?

25.05.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK

Lindner_Standpunkt__c_Bernhard_Noll_18Der übertragene Wirkungsbereich umfasst die Ärzteaus- und Fortbildung, das Führen der Ärzteliste, die Zulassung von Ausbildungsstätten und die Qualitätssicherung im niedergelassenen Bereich. Die Österreichische Ärztekammer ist im Auftrag des Gesundheitsministeriums dafür zuständig, die politische Unabhängigkeit und Qualität zu garantieren. Durch die Übertragung dieser Bereiche konnten unter anderem die neuen Ärzteausbildungsordnungen 2006 und 2015 erfolgreich umgesetzt werden. Die Ärzteausbildung wird laufend durch die Ärztekammer evaluiert, dazu werden Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung befragt. Die Ergebnisse dieser Umfragen bilden die Grundlage für unsere Arbeit und die stetige Verbesserung der Ausbildung.

Die Zulassung von Ausbildungsstätten wird nach exakten Kriterien evaluiert und bei Nicht-Erfüllung auch wieder entzogen. Visitationen haben dabei einen wichtigen Stellenwert. Die ÖÄK hat die Qualitätsstandards sehr hoch gesetzt. Weil eine exzellente Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses ein Erfolgsfaktor für die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung ist.

Die Qualitätssicherung in den Ordinationen und Ambulatorien obliegt der ÖQMed. Sie arbeitet mit standardisierten Evaluierungsverfahren und ist politisch unabhängig. Weisungsungebundenheit garantiert diese Unabhängigkeit in der Objektivierung der Qualitätssicherung.

Ein juristischer Formfehler und Machtgier mancher Landesfürsten könnten nun dazu führen, dass der ÜWB von einer GmbH der Länder übernommen wird. Damit würde die Ärzteausbildung zur Ländersache werden. Auch wenn die Absicht der Landespolitik vorhanden sein mag, für Weisungsungebundenheit sorgen zu wollen, ist zu befürchten, dass Auditoren in politischen Abhängigkeiten stehend wohl kaum objektiv sein werden. Unabhängige Entscheidungen, ob ein Spital die Bedingungen für eine qualitätsvolle Ausbildung erfüllt, könnten nicht mehr sichergestellt werden. Die Länder würden die Qualitätssicherung in der Ausbildung ins letzte Jahrtausend zurückkatapultieren.

Daher mit Nachdruck unsere Botschaft an die Länder: Finger weg vom übertragenen Wirkungsbereich! Und für diejenigen, die mit dem Ärztemangel argumentieren: Es sind mehr Stellen genehmigt, als tatsächlich besetzt. Weil die Spitalsbetreiber zu wenige Dienstposten zur Verfügung stellen. Für die Bekämpfung des Ärztemangels ist der ÜWB ein untaugliches Instrument.

Dr. Herwig Lindner
1. Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2021