Qua­li­täts­volle Aus­bil­dung: Das Q‑Wort

25.05.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK

Die Öster­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer legt bei der Geneh­mi­gung der ärzt­li­chen Aus­bil­dungs­stel­len beson­de­ren Wert auf die Qua­li­tät, die auch bei Visi­ta­tio­nen geprüft wird. Ein recht­li­cher For­mal­feh­ler könnte dazu füh­ren, dass zukünf­tig die Bun­des­län­der selbst über die Anzahl der Aus­bil­dungs­stel­len entscheiden.
Sophie Nie­denzu

„Qua­li­tät kommt von Qual.“ Die­ser Satz wird oft vom Jour­na­lis­ten und Sprach­kri­ti­ker Wolf Schnei­der ver­wen­det, um auf­zu­zei­gen, dass der Weg zu einem qua­li­täts­vol­len Arti­kel ein stei­ni­ger ist. Dass an einem Text so lange zu fei­len ist, bis das Opti­mum erreicht ist. Letzt­lich gilt das für vie­les, auch für die Qua­li­tät der ärzt­li­chen Aus­bil­dung. Die setzt sich aus meh­re­ren Säu­len zusam­men, dar­un­ter dem Fak­tor Zeit, den Aus­bil­dungs­in­hal­ten, den Rah­men­be­din­gun­gen, der Betreu­ung und dem Lern­erfolg. Die Öster­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer küm­merte sich im Rah­men eines staat­li­chen Auf­trags bis­lang um die Aus­bil­dungs­in­halte und die Aner­ken­nung von Aus­bil­dungs­plät­zen. „Der per­ma­nente Dia­log zwi­schen der Ärz­te­kam­mer, den medi­zi­ni­schen Fach­ge­sell­schaf­ten, den Ärz­ten, die aus­bil­den und denen, die aus­ge­bil­det wer­den, ist wich­tig, um die Qua­li­tät hoch zu hal­ten und bei Bedarf zu reagie­ren“, sagt Gerald Gin­gold, Vor­sit­zen­der der Aus­bil­dungs­kom­mis­sion der ÖÄK. Umfra­gen geben Ein­blick dar­über, wie es in der Pra­xis aus­sieht, etwa mit der Befra­gung der Ärzte in Aus­bil­dung im Auf­trag der Bun­des­ku­rie der ange­stell­ten Ärzte. Die Ergeb­nisse bil­den mit­un­ter auch die Basis für Visi­ta­tio­nen, um die Aus­bil­dungs­si­tua­tion vor Ort zu prü­fen: „Visi­ta­tio­nen sind eine wich­tige Maß­nahme für die Qua­li­täts­si­che­rung“, sagt Gin­gold. Dass die Qua­li­tät ent­schei­dend ist, zei­gen Umfra­gen, wonach 87 Pro­zent der Medi­zin­ab­sol­ven­ten Öster­reich den Rücken zuguns­ten einer bes­se­ren Aus­bil­dung keh­ren wür­den – wür­den nicht pri­vate Fak­to­ren dies ver­hin­dern: „Medi­zin­ab­sol­ven­ten legen Wert auf Qua­li­tät und ich bin über­zeugt, dass die Aus­bil­dung in Öster­reich der­zeit mit dem deutsch­spra­chi­gen Aus­land mit­hal­ten kann oder sogar bes­ser ist“, sagt Tur­nus­ärz­te­ver­tre­ter Daniel von Lan­gen. Eine wich­tige Rolle bei der Ver­gabe von Aus­bil­dungs­plät­zen ist das Betreu­ungs­ver­hält­nis: „In Deutsch­land wer­den pro Abtei­lung so viele Tur­nus­ärzte wie gewünscht aus­ge­bil­det – ein stren­ger Betreu­ungs­schlüs­sel, wie wir ihn in der Geneh­mi­gung der Aus­bil­dungs­stel­len haben, erhöht aber die Qua­li­tät.“ Ob diese Qua­li­tät erhal­ten bleibt, sollte nicht mehr die ÖÄK für die Ver­gabe zustän­dig sein, bezwei­felt von Lan­gen stark.

Zeit für Ausbildung

Das Poten­tial in der Aus­bil­dung wird nicht genutzt, denn etli­che geneh­migte Stel­len sind nicht besetzt: „Es wer­den weni­ger aus­ge­bil­det, als man aus­bil­den könnte“, sagt Harald Mayer, Vize­prä­si­dent und Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der ange­stell­ten Ärzte der ÖÄK. Er kri­ti­siert, dass Ärzte in Aus­bil­dung oft als voll­wer­tige Arbeits­kraft gerech­net wer­den: „Wo soll dann da noch die Zeit blei­ben, dass sie tat­säch­lich ler­nen kön­nen?“ Auch für von Lan­gen ist klar: Aus­bil­dungs­ärzte soll­ten in der Per­so­nal­be­darfs­be­rech­nung nicht als volle Arbeits­kraft wie ein aus­ge­bil­de­ter Fach­arzt ein­ge­rech­net wer­den: „Es muss Zeit blei­ben, die der Aus­bil­dung gewid­met ist – und egal, wie man es dreht und wen­det: ohne zusätz­li­che Dienst­pos­ten wird es nicht gehen, dass wir die Qua­li­tät in der Aus­bil­dung erhö­hen und ver­hin­dern, dass der Nach­wuchs ins Aus­land flüch­tet“, sagt er. Wie die Lehr­pra­xis-Umfrage zeigt, wird ein 1:1‑Betreuungsverhältnis von den befrag­ten aus­zu­bil­den­den Ärz­ten und Lehr­pra­xis­in­ha­bern sehr posi­tiv bewer­tet. „Auch in Spi­tä­lern sollte es einen eige­nen Aus­bil­dungs-Ober­arzt geben, der sich dem Nach­wuchs wid­men kann“, sagt Mayer. Es sei außer­dem wich­tig, dass die Aus­bild­ner ein­ge­schult wer­den, wie sie die jun­gen Ärzte am bes­ten aus­bil­den, damit der größte Lern­ef­fekt ein­tritt, sagt Tur­nus­ärz­te­ver­tre­ter von Lan­gen: „Natür­lich ist die Aus­bil­dung von Jun­gen her­aus­for­dernd und zeit­auf­wän­dig, ein Fach­arzt ist schnel­ler, wenn er selbst Hand anlegt – aber der Lern­ef­fekt beim aus­zu­bil­den­den Arzt ist dann enden wol­lend.“ Die Aus­bil­dung müsse unbe­dingt in den Hän­den der Ärzte blei­ben: „Ein bun­des­wei­tes, ein­heit­li­ches und von der Län­der­po­li­tik unab­hän­gi­ges Sys­tem, das die ärzt­li­che Aus­bil­dung kon­trol­liert, will­kür­lich zu zer­stö­ren, ist fatal für die Qua­li­tät“, kri­ti­siert Mayer.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 10 /​25.05.2021