Doping im Breitensport: Geputschte Leistung

10.10.2010 | Medizin

Mehr als 15,5 Millionen Sportler – davon etwa 70 Prozent Hobbysportler – nehmen weltweit missbräuchlich Arzneimittel zu sich, um eine Leistungssteigerung zu erzielen. Eine engmaschigere Kontrolle der Hobbysportler könnte hier entgegenwirken.

Laut Weltgesundheitsorganisation werden jährlich 15 Milliarden Euro mit illegalen Substanzen, die zum Doping verwendet werden, erwirtschaftet. Die US-amerikanische Drogenfahndung DEA stellte 2005 fest, dass der Umsatz mit Dopingmitteln bereits höher ist als jener, der mit illegalen Drogen erwirtschaftet wird.

Für Österreich wurden bis dato noch keinerlei Zahlen zur Problematik des Arzneimittelmissbrauchs im Breitensport erhoben. Allerdings gibt es Zahlen aus Deutschland: 1998 wurden für eine Studie 24 kommerzielle Fitnessstudios untersucht. 204 Männer und 51 Frauen, die Mitglieder in diesen Studios waren, wurden befragt. Dabei stellte sich heraus, dass 24 Prozent der Männer und immerhin noch acht Prozent der Frauen Anabolikamissbrauch betrieben. „Diese Zahlen haben in den vergangenen zehn Jahren sicherlich nicht abgenommen, sondern eher noch zugenommen“, hält Univ. Prof. Peter H. Schober von der Universitätsklinik für Kinderchirurgie der Medizinischen Universität Graz und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention fest. Auch zwischen sechs und acht Prozent der jugendlichen Hobbysportler weisen bereits einschlägige Erfahrungen mit dem Konsum von Anabolika und anderen Drogensubstanzen auf, wie Studien aus den USA und Kanada ergaben.

Wieso Hobbysportler Arzneimittel missbräuchlich verwenden, hat zwei Ursachen. „Auf der einen Seite sehen wir jene, die vor allem Krafttraining zum Muskelaufbau betreiben“, erklärt Univ. Prof. Norbert Bachl, Vorstand des sportwissenschaftlichen Instituts der Universität Wien. „Die andere Seite betrifft die Ausdauersportler, die glauben, damit ihre Leistung verbessern zu können.“

Am häufigsten werden Anabolika, gefolgt von Erythropoietinen und Aufputschmitteln im Breitensport zur vermeintlichen Verbesserung der Leistungsfähigkeit eingesetzt. Die Ursachen für das Doping im Hobbysport sind durchaus vielfältig: „Das reicht von Neid auf den Kollegen, dessen Muskeln vorgeblich besser definiert sind über den Wunsch älterer Hobbysportler, ihr Leistungsniveau aufrecht zu erhalten, bis hin zum übertriebenen Ehrgeiz, wenn es darum geht, Wettkämpfe zu bestehen“, weiß Bachl. Der Zugang zu illegalen Dopingmitteln ist nicht schwer: Das Internet bietet einfachste Möglichkeiten, sich über Präparate zu informieren und sie zu bestellen. „Aber auch lokale Netzwerke – etwa in Fitnesscenters – ermöglichen den Erwerb derartiger Präparate“, weiß Peter Schober.

Zu wenige Kontrollen

Dopingkontrollen im Breitensport finden nur selten und – so die Experten – in deutlich zu geringem Ausmaß statt. „Verschiedene Organisationen von Wettkampfveranstaltern bieten durchaus Dopingkontrollen an. Eine engmaschige Kontrolle der Hobbyathleten findet allerdings schon aus Kapazitätsgründen nicht statt“, kritisiert Bachl. Beide Experten sprechen sich explizit gegen eine Freigabe von Doping im Spitzensport aus. „Wenn sich ein Spitzensportler umbringen will, weil er dopt, könnte uns das egal sein“, kolportiert Peter Schober ein in diesem Zusammenhang gern gehörtes Argument, um es sofort zu widerlegen: „Spitzensportler sind Vorbilder – auch und gerade für die Jugend. Wenn Doping hier zum ‚Normalfall‘ wird, brauchen wir uns über die Ausbreitung des Arzneimittelmissbrauchs unter Hobbysportlern nicht weiter wundern.“ SF

 

Anabole Wirkung von Steroiden

  • Zunahme der Gesamtstickstoffbilanz
  • Elektrolytverschiebungen
  • verstärkte Calciumaufnahme der Knochen
  • Abnahme des Körperfettanteils
  • Zunahme der Erythrozyten
  • Zunahme der Hämoglobinkonzentration
  • Zunahme der Skelettmuskelmasse

 

 

Wirkung von Stimulanzien

  • Verzögerung der Ermüdung
  • Steigerung des Energieumsatzes
  • Erhöhung der Körpertemperatur
  • Euphorie
  • gesteigerte Muskeldurchblutung
  • gesteigerte Leistungsbereitschaft
  • erhöhtes Atemvolumen
  • Verbesserung der Durchblutung
  • Steigerung der Herzfrequenz und
  • Abnahme der Darmperistaltik

 

 

Doping oder Missbrauch?

Vom Doping spricht man ausschließlich im Spitzensport. Im Breiten- oder Hobbysport wird von Arzneimittelmissbrauch gesprochen.
Der Welt-Anti-Doping Code wurde 2004 verabschiedet. Er bildet die Grundlage für die nationalen Anti-Doping-Behörden (http://www.wada-ama.org/). In Österreich ist die Nationale Anti-Doping-Agentur Austria für die Kontrolle von und die Prävention gegen Doping verantwortlich (http://www.nada.at).

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2010