Medizin-Nobelpreis 2018: Revolution der Krebstherapie

25.10.2018 | Themen


Ihre Entdeckungen haben zur modernen Immuntherapie gegen Krebserkrankungen geführt: Der US-amerikanische Forscher James Allison und der japanische Wissenschafter Tasuku Honjo werden mit dem diesjährigen Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.

Krebs tötet Millionen Menschen jedes Jahr, er ist eine der größten Gesundheitsherausforderungen“, so lautete die Begründung des Nobelpreiskomitees bei der diesjährigen Vergabe des Nobelpreises für Medizin. Eine der Überlebensstrategien von Krebszellen ist das Ausschalten der Immunabwehr; das Protein CTLA-4 (cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4) auf der Oberfläche der T-Zellen ist eine der Schaltstellen. Es zählt zur Gruppe von Immun-Checkpoint-Rezeptoren, die die T-Zell- Antwort modulieren. Indem sie die T-Zellen über CTLA-4 ausbremsen, regulieren Tumorzellen die Immunantwort „negativ“. James P. Allison war es, der das Protein entdeckte. „Während der 1990er-Jahre untersuchte James P. Allison an der Universität von Kalifornien in Berkeley das T-Zell-Protein CTLA-4. Er war einer von mehreren Wissenschaftern, welche die Beobachtung machten, dass CTLA-4 als ‚Bremse‘ für die T-Immunzellen fungiert“, erklärte das Komitee. In der Folge konnte nachgewiesen werden, dass sich nach gezielter CTLA-4-Blockade die Immunreaktion gegen Tumore verstärken lässt.

CTLA-4 und PD-1

Die zweite Gruppe von Immun-Checkpoint-Inhibitoren betrifft den PD-1-Checkpoint (programmed death 1). In den frühen 1990er-Jahren erforschte ein Team um Tasuku Honjo der Universität von Kyoto in Japan die Rolle des PD-1 beim programmierten Zelltod. „Entschlossen, seine Rolle aufzuklären, führte er eine Serie von eleganten Experimenten über mehrere Jahre durch. Die Ergebnisse zeigten, dass PD-1 ganz ähnlich wie CTLA-4 als Hemmschuh für die T-Zellen wirkt“, so das Nobelpreiskomitee weiter. PD-1 schränkt Entzündungsreaktionen ein und beugt Autoimmunreaktionen vor. In den Jahren darauf wurde auch PD-L1 entdeckt, durch dessen Bindung am Rezeptor PD-1 der programmierte Zelltod ausgelöst wird. Die Aktivierung von PD-1 erzielt damit die gleiche Wirkung wie CTLA-4 – nur über einen anderen Mechanismus.

Auf der Blockade dieser Checkpoint-Inhibitoren basiert die moderne Immuntherapie, die in den vergangenen Jahren die Krebstherapie revolutioniert hat. Mit monoklonalen Antikörpern gegen CTLA-4, PD-1 oder PD-L1 stehen damit seit wenigen Jahren im Vergleich zu Chemotherapeutika erstmals wirksame Immuntherapeutika gegen Krebs zur Verfügung. Durch die Kombination der beiden Immuntherapien konnte in ersten klinischen Studien die Effektivität weiter verstärkt werden.

Der Nobelpreis für Medizin ist in diesem Jahr mit neun Millionen Schwedischen Kronen (rund 870.000 Euro) dotiert. Er wird jährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, verliehen.

Im Vorjahr ging der Medizin-Nobelpreis an drei US-amerikanische Forscher für die Klärung der Mechanismen des biologischen Tag-Nacht-Rhythmus: Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und Michael W. Young. Die Wissenschafter haben die Mechanismen der „biologischen Uhr“ aufgeklärt. MH

James P. Allison wurde 1948 in Alice, Texas, geboren. Er studierte Biologie an der Universität Texas und wurde 1985 Professor für Immunologie und Direktor am Cancer Research Laboratory der Universität Kalifornien in Berkeley. 2004 ging er ans Memorial Sloan Kettering Cancer Center New York. Seit 2012 arbeitet er wieder in Texas am MD Anderson Cancer Center in Houston.

Tasuku Honjo wurde 1942 in Kyoto, Japan, geboren, Er studierte Medizin und forschte zwischen 1971 und 1974 an verschiedenen Universitäten in den USA. Zurück in Japan arbeitete er zunächst einige Jahre an den Universitäten in Tokio und Osaka; seit 1984 ist er als Professor an der Universität Kyoto tätig.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2018