Was Sie bei der Auswahl einer Immobilie beachten sollten und welche Schritte zu setzen sind, bevor es an die bauliche Adaptierung der Räumlichkeiten geht.
Sie haben mehrere Immobilien besichtigt und fragen sich, welche wohl die am besten geeignete für Ihre allgemeinmedizinische Praxis ist? Eine kritische Prüfung der jeweiligen baulichen Ausstattung schränkt die Anzahl der Favoriten meist rasch ein. Zu den wichtigsten Basiskriterien zählen:
- die Anzahl der Wasseranschlüsse
- die Anzahl der Stromkreise
- die Raumhöhe
- die Teilbarkeit der einzelnen Räume
Eine Arztpraxis sollte schon zur Sicherung der IT über mehrere Stromkreise verfügen; ein Wasseranschluss ist in so gut wie allen Räumen nötig und die vorgeschriebene Raumhöhe von 2,6 Metern ist auch dann einzuhalten, wenn Sie zum Beispiel eine abgehängte Decke einbauen möchten. Wurde die Immobilie nicht spezifisch für die Nutzung als Arztpraxis angelegt, wird es höchstwahrscheinlich nötig sein, wenige größere Räume in mehrere kleine zu teilen. Achten Sie daher darauf, wie Fenster und tragende Wände positioniert sind, denn damit steht und fällt die Möglichkeit, zusätzliche Wände einzuziehen beziehungsweise Durchbrüche für Türen oder Durchreichen vorzunehmen – was für die spätere Grundrissplanung von großer Bedeutung ist.
Doch gehen wir rasch noch einmal einen Schritt zurück. Zwei Dinge nämlich sollten Sie sich idealerweise schon vor den Immobilienbesichtigungen gut durchgedacht haben:
- Wie wird/soll Ihr Praxisalltag aussehen?
- Wie sehr möchten Sie selbst sich in das Umbauprojekt involvieren?
Ad 1: Sollen in Ihrer Praxis später auch andere Ärztinnen/Ärzte oder andere Gesundheitsberufe parallel tätig sein? Wie hoch wird das Patientenaufkommen sein? Erwarten Sie insbesondere Patientengruppen mit speziellen Anforderungen, zum Beispiel Rollstuhlfahrer, alte Menschen mit Begleitpersonen, Rollator etc.? Möchten Sie womöglich auch Laborproben nehmen, Röntgen oder eine Hausapotheke anbieten, was die Schaffung eigener Räume erforderlich machen würde? Wie viele Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter benötigen Sie, um Ihre Vorstellungen umzusetzen?
Ad 2: Bei Adaptierung oder gar Neubau einer Praxis haben Sie komplexe rechtliche, finanzielle und bautechnische Kriterien zu beachten und Sie sollten dabei Ihr Investitionsbudget nicht aus den Augen verlieren. Es wird daher meist „empfehlenswert sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. (…) Die Ergebnisse des Bauens sind jedoch immer nur so gut, wie einerseits Ihre möglichst klaren Vorgaben und Ziele sind und andererseits die Qualität der professionellen Beratung ist.“ Auf die Planung von Arztpraxen spezialisierte Professionisten bieten Dienstleistungen rund um Planung, Umbau und Sanierung an; Erstgespräche sind in der Regel kostenlos.
Nun aber zurück zur Grundrissplanung – der Basis für alle weiteren praktischen Umsetzungsschritte. Das Hauptaugenmerk bei allgemeinmedizinischen Praxen liegt dabei auf dem Drei-Wege-Prinzip: So sollten Sie als Ärztin/Arzt von Raum zu Raum gehen können, ohne etwa das Wartezimmer passieren zu müssen. Ihre Assistentinnen/Assistenten wiederum sollten vom Anmeldebereich aus nicht nur das Wartezimmer überblicken, sondern beispielsweise auch Therapieräume direkt erreichen können. Das Drei-Wege-Prinzip hat sich aber nicht nur beim Planen der Anordnung der Räume bewährt, „sondern dient auch dazu, die optimalen Wege in den Räumen zu definieren“, weshalb eine professionelle Ablauf- und Grundrissplanung stets auch Platzhalter für Möbel und Medizintechnik enthält.
Ist der Grundrissentwurf erstellt, können die Gesamtkosten berechnet und in weiterer Folge Angebote eingeholt werden. In den Gesamtkosten sind Bau- und Baunebenkosten subsummiert. Erstere umfassen Konstruktion (zum Beispiel Decken, Wände, Bodenverlegung), Installation (beispielsweise Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsanlagen, aber etwa auch Verkabelungen) und die Einrichtung – darunter fallen auch Medizingeräte und die IT-Ausstattung. Unter Baunebenkosten versteht man unter anderem die Kosten für Architekten, Statiker, diverse Genehmigungen etc.
Quelle: „Meine eigene Praxis. Richtig starten als Hausärztin/Hausarzt“; Bettina Ehrhardt-Felkl (Hg.); Verlagshaus der Ärzte: 1. Auflage 2023; ISBN: 978-3-99052-294-3
Praxisübernahme
Bestehende Räumlichkeiten zu übernehmen, kann fürs Erste eine bequeme Lösung sein, auch wenn damit zu rechnen ist, „dass die bestehende Ordination in einigen Bereichen veraltet ist oder nicht gänzlich Ihren Anforderungen entspricht“. Dazu einige Tipps:
- Bringt das Patientenaufkommen bereits jetzt die räumlichen Kapazitäten der Praxis an ihre Grenzen, sollten Sie sich die Übernahme gut überlegen.
- Suchen Sie das direkte Gespräch mit der Vermieterin/dem Vermieter, um zu klären, unter welchen Konditionen Sie den Mietvertrag Ihrer Vorgängerin/Ihres Vorgängers übernehmen können.
- Im Falle einer Kassenordination ist zu bedenken, dass Sie bei einer späteren Standortverlegung an einen engen Radius gebunden sind.
- Ist die Ordination nicht oder nur bedingt rollstuhlgerecht, kann es sein, dass die Praxis „je nach Entwicklung der Gesetzeslage ein ,Ablaufdatum‘“ hat. Klären Sie daher vorab, mit welchem Aufwand ein späterer Umbau verbunden wäre.
- Haben Sie sich dennoch aus guten Gründen für die Übernahme entschlossen, machen Sie sich nicht sofort ans Umbauen, „auch wenn eventuell vieles ,nicht passt‘“. Beobachten Sie stattdessen eine Zeit lang Ihre eigenen Abläufe und die des Praxisteams, aber auch den mitübernommenen Patientenstock. So gewinnen Sie ein genaues Bild der Lage – als beste Voraussetzung für einen wirklich zielgerichteten und kosteneffizienten Umbau.
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Meine eigene Praxis – Richtig starten als Hausärztin/Hausarzt
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 4 / 25.02.2025