Der EU-weite, sichere Raum für Gesundheitsdaten soll die grenzüberschreitende Verfügbarkeit erleichtern, um so die Gesundheitsversorgung zu verbessern und Forschungsprozesse zu vereinfachen. Was dabei zu beachten ist, darüber diskutierten Experten bei einem eigenen Spezialtag zum EHDS.
Sophie Niedenzu
Gesundheitsdaten, die europaweit abufbar sind – das ist das Ziel des Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS), der mit 26. März in Kraft tritt. Gleichzeitig soll der EHDS die medizinische Forschung insofern vorantreiben, als dass die datenschutzkonforme Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten aus der Routineversorgung für Forschungszwecke ermöglicht wird. Die Österreichische Gesellschaft für Telemedizin (ÖGTelemed) hat im Vorfeld dazu ein Positionspapier herausgebracht. Darin betont sie die Bedeutung von Datenschutz, Rechtssicherheit, Qualität und Transparenz in der Nutzung der Gesundheitsdaten.
Mit Inkrafttreten der Verordnung gelten nun Umsetzungsfristen für konkrete digitale Projekte, etwa die Patient Summary, das e-Rezept sowie e-Befunde. Zudem ist festgehalten, dass Gesundheitsdaten für Forschung, Innovation und Gesundheitspolitik nur im sachlich notwendigen Umfang und auf Grundlage eines von einer neutralen Zugangsstelle bewerteten Antrags auf Datenzugang verfügbar gemacht werden dürfen. Die Gesundheitsdaten werden grundsätzlich anonymisiert und nur in begründeten Ausnahmefällen pseudonymisiert zur Verfügung gestellt. Die Bereitstellung erfolgt über sogenannte sichere Verarbeitungsumgebungen, aus denen kein Download der Daten möglich ist und die die Nutzung im Sinne der Zugangserlaubnis kontrollieren. Den EU-Bürgern wurde dennoch das Recht eingeräumt, der Nutzung ihrer Gesundheitsdaten zu widersprechen („Opt-out“-Regelung).
Autofreie Autobahn
Vor Inkrafttreten des EHDS diskutierten Experten aus Gesundheitswesen und Forschung beim „Spezialtag EHDS“ über die Entwicklungen, rechtlichen Rahmenbedingungen und praktischen Herausforderungen. Die Vortragenden waren sich darin einig, dass der zentrale Fokus immer der Nutzen für die Patientinnen und Patienten sein müsse. Es gelte nun, mit vereinten Kräften auf nationaler Ebene eine effiziente und effektive Umsetzung des EHDS sicherzustellen.
In einer Diskussionsrunde mit Angelika Widhalm vom Bundesverband Selbsthilfe Österreich und Leopold-Michael Marzi, Leiter Vorfallsabwicklung und Prävention im AKH Wien, betonten Dietmar Bayer, stellvertretender Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte der Österreichischen Ärztekammer und Präsident der ÖG-Telemed, und Rudolf Knapp, stellvertretender Obmann der Bundeskurie der angestellten Ärzte der ÖÄK, die Wichtigkeit von strukturiert und zuverlässig verfügbaren Daten, damit Zeit für die Patientinnen und Patienten bleibt. Die niedergelassenen Ärzte seien Lieferanten von Daten, die notwendig für eine geordnete Primärdatennutzung sei, mit ELGA gebe es auch einen guten Backbone – aber es fehle ein gutes Datensilo. Es fehle den Ärztinnen und Ärzten die Zeit, die „Schuhschachtel ELGA“ zu durchsuchen. ELGA sei vergleichbar mit einer ausgebauten Autobahn, auf der aber keine Autos fahren würden. Die Daten seien nicht gut vernetzt, zudem scheitere es auch an der IT-Infrastruktur in den Spitälern, weil kaum Investitionen in die EDV getätigt wurden. Trotz aller Herausforderungen sei Österreich mit ELGA vielen EU-Ländern jedoch weit voraus. So sei die e-Prescription bereit zur Umsetzung, es fehle nur noch die gesetzliche Umsetzung. Neben der engen Zusammenarbeit aller Beteiligten und einer gesicherten Finanzierung müssten die Prozesse an den Workflow in Spitälern und Ordinationen angepasst werden. Zudem müsse sichergestellt werden, dass die Finanzierung der Datengenerierung über Ärztinnen und Ärzte aus öffentlicher Hand erfolgt.
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2025