Nicht nur Kassenärzte, sondern auch Wahlärzte müssen ab 2026 die Diagnosestellung automatisch erfassen. Das öffentlich finanzierte e-Health Codierservice soll dabei helfen, Jargonsprache nach internationalen Standards zu strukturieren und ärztliche Diagnosen für wissenschaftlich-medizinische Zwecke anonym zur Verfügung zu stellen.
Sophie Niedenzu
Dass der Arzt eine Diagnose stellt und diese dokumentiert, ist nicht neu. Neu ist, dass ab 1. Jänner 2026 alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte die Diagnosen nach ICD-10 codieren müssen – also damit auch Wahlärztinnen und Wahlärzte. Ziel ist es, ärztliche Diagnosen für wissenschaftlich-medizinische Zwecke verwenden zu können. In Kooperation mit der Österreichischen Ärztekammer entwickelt die ELGA GmbH die fachlich-terminologische Grundlage für das so genannte „e-Health Codierservice“. Dieses wird vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz entwickelt und betrieben, und ist ein Umsetzungsprojekt der österreichischen eHealth Strategie. Es befindet sich derzeit in der technischen Demophase: „Wir sind im intensiven Austausch mit den Softwareherstellern, die nun Fragen haben, wie sie das Codierservice lokal in die Arzt-Software einbauen können“, erzählt Moritz Buchmann, Projektmanager bei der ELGA GmbH. „Das Codierservice per se ist technisch keine Hexerei, aufgrund internationaler Standards leicht zu implementieren und qualitätsgesichert“, sagt er. Die Daten, die vom e-Health Codierservice erfasst werden, sind weder personalisiert noch rückführbar, weder auf den Patienten, noch auf den Arzt. Gespeichert werden die Diagnosen lokal in der Ordinationssoftware.
Dieses öffentliche Tool wird ab 1.1.2026 alle niedergelassenen Ärzte bei der strukturierten Dokumentation und Erfüllung der gesetzlichen Diagnosepflichten unterstützen. Es bietet die strukturierte Sprache der Medizin, SNOMED CT, an und verknüpft die Diagnose automatisch mit der gesetzlich geforderten ICD-10. Konkret heißt das: Der Arzt erstellt wie bisher eine Freitextdiagnose, für die dann automatisch mit Hilfe des e-Health Codierservice strukturierte, erfassbare Diagnosevorschläge zur Auswahl anzeigt: „Es ist ein intelligentes Tool, das lernen wird, dem Arzt die richtige Diagnose vorzuschlagen“, erklärt Alexander Moussa, Leiter des Referats „eHealth in Ordinationen“ der Österreichischen Ärztekammer. Dass für die primäre Dokumentation SNOMED CT verwendet wird, habe den Hintergrund, dass es die vollstrukturierte Sprache der Medizin sei, die dem ärztlichen Arbeitsalltag am besten entspreche: „Eine gute digitale Lösung zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich flüssig in den Arbeitsprozess integrieren lässt“, sagt Moussa.
Missing Links in der Diagnoseerfassung
Das e-Health Codierservice könne Jargonbegriffe erkennen und in eine strukturierte, international gültige Diagnose überführen. Ein „Hexenschuss“ werde beispielsweise zu „akute Lumbalgie“: „Unser Anspruch ist es, die Sprache, die im medizinischen Alltag verwendet wird, einzugeben und aus dem System so zurück zu bekommen, dass eine strukturierte Dokumentation vorgenommen werden kann“, sagt Buchmann. Das sei bis jetzt noch der Missing Link gewesen, der nun dank einer Kooperation mit dem Medizininformatik-Institut der Med Uni Graz geschlossen werden konnte. Ein zweiter wichtiger Punkt sei die Reihung nach Relevanz, erklärt Buchmann: „SNOMED CT hat eine große Detailtiefe, da ist es umso wichtiger, den Überblick zu bewahren und häufige Begriffe nach oben zu reihen, was über eine standardisierte, anonyme Schnittstelle erfolgt.“ Für die Anwendung im ärztlichen Alltag sei der Zeitfaktor wichtig, ergänzt Moussa: „Digitale Tools wie das e-Health Codierservice sollen die ärztliche Arbeit unterstützen und nicht erschweren, daher sind wir hier im permanenten, konstruktiven Austausch bei der Umsetzung.“
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2025