Rund ein Drittel jener Jungmedizinerinnen und -mediziner, die in Österreich das Studium absolvieren, wird hierzulande nicht ärztlich tätig. Das ist schon eine ganz alte Leier. Viel spannender ist die Frage, warum nicht längst alles dafür getan wird, um das zu verhindern und damit einen Treiber des Ärztemangels zu unterbinden.
An der Qualität der universitären Ausbildung oder an der Anzahl der Studienplätze liegt es nicht. Das hat auch unsere Enquete „Wie gut sind unsere Medizin-Unis?“ gezeigt. Denn egal ob privat oder öffentlich – die Ausbildung an unseren Universitäten gilt auch international als gut. Deshalb werden die Absolventen im benachbarten Ausland mit offenen Armen aufgenommen. Sie nicht zu verlieren, darauf müssen wir achten!
Es darf nicht sein, es ist aber derzeit Realität, dass Absolventen monatelang auf einen Ausbildungsplatz im Spital warten. Das Angebot muss spätestens in der Minute, in der die letzte Prüfung abgelegt ist, seitens der Spitalsträger erfolgen, sonst sind viele der Jungen weg.
Weiters muss die neunmonatige Basisausbildung dringend überdacht werden, etwa durch eine mögliche Anpassung zwischen Klinisch-Praktischem Jahr und Basisausbildung, um keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Mitbewerbern um die besten Köpfe zu haben.
Außerdem gilt es, die Arbeitsbedingungen im Spital zu verbessern – durch Anbieten von flexiblen Arbeitszeitmodellen, einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, durch das Einhalten der KA-AZG-konformen wöchentlichen Arbeitszeit ohne versteckte Überstunden und durch Bürokratieabbau. Der Arztberuf ist auch eine Berufung. Diese darf nicht aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen oder mangels Angebots an Ausbildungsplätzen oder zu viel Bürokratie zur Qual werden.
Apropos Enquete: Im November beschäftigen wir uns mit der Frage „Wie krisensicher sind unsere Spitäler?“ – lesen Sie dazu bitte die Vorschau auf Seite 10.
Dr. Harald Mayer
2. Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2025