Österreichischer Impftag: Vorreiter und Nachzügler

10.02.2025 | Aktuelles aus der ÖÄK

Die kostenfreie HPV-Impfaktion für 21- bis 30-Jährige läuft heuer aus, das öffentliche Impfprogramm Influenza wird fortgesetzt, Auffrischungen gegen Pertussis müssen früher erfolgen – und eine Immunisierung von Neugeborenen gegen RSV ist jetzt möglich: Der österreichische Impftag befasste sich dieses Jahr sowohl mit neuen Entwicklungen, als auch mit den steigenden Zahlen bei impfpräventablen Erkrankungen wie Masern oder Pertussis.

Sophie Niedenzu

In anderen Ländern ist sie ein Must-have, hierzulande erhält sie noch nicht die Prominenz, die ihr zustünde: Die HPV-Impfung führt international zu sinkenden Zahlen bei Zervixkarzinomen, der Erfolg der Impfung ist unbestritten: „Wir sind zwar in Österreich Vorreiter bei der geschlechtsneutralen Impfung von HPV – aber leider nicht bei den Durchimpfungsquoten“, sagt Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referats für Impfangelegenheiten der Österreichischen Ärztekammer. Seit in Österreich die kostenfreie Verabreichung der HPV-Impfung bis zum 30. Geburtstag ausgeweitet wurde, hat sich laut Gesundheitsministerium die Zahl der verabreichten Impfungen in der Altersgruppe zwischen 21 und 30 Jahren beinahe verzehnfacht. „Das ist ein schöner Erfolg, allerdings ist die HPV-Impfung in dieser Altersgruppe nur bis 31. Dezember dieses Jahres kostenfrei“, betont Schmitzberger und appelliert daher: „Um beide HPV-Impfungen kostenfrei zu erhalten, muss die erste HPV-Impfung im ersten Halbjahr erfolgen, ansonsten fallen dann Kosten für die zweite Impfung an.“

Neben der HPV-Impfung befasste sich der Österreichische Impftag, der heuer unter dem Motto „Geimpft – Geschützt – Sicher!“ über die Bühne gegangen ist, auch mit den klassischen Impfungen gegen Masern, Pertussis und Influenza. Die Zahlen, die vor Ort von zahlreichen Experten präsentiert wurden, sprechen Bände: jährlich gibt es um die 1.000 Todesfälle aufgrund von Influenza-Erkrankungen, laut AGES waren es 2022/23 sogar über 4.000 Todesfälle. „Diese Zahlen untermauern, dass das öffentliche Impfprogramm Influenza in Österreich noch weiter ausgebaut und verbessert werden muss“, sagt Schmitzberger. Dramatisch seien die Zahlen zu den Masern-Erkrankungen in Österreich: 542 Fälle waren es 2024 –  zum Vergleich: in den USA gab es im gleichen Zeitraum 284 Fälle. Wie David Springer von der Med-Uni Wien in seinem Vortrag ausführte, habe man bisher davon profitiert, dass die früheren Generationen – vor Beginn der Maserimpfung – aufgrund der durchgemachten Erkrankung viel zur Populationsimmunität beigetragen hätten. Das sei nun am Abklingen, eine hohe Durchimpfungsrate in der Bevölkerung sei daher umso wichtiger. „Es muss wirklich jede Möglichkeit genutzt werden, um Impflücken zu schließen – diese gibt es ja auch oft bei Erwachsenen, die beispielsweise nur eine der beiden Teilimpfungen erhalten hat“, sagt Schmitzberger: „Wenn die Durchimpfungsrate in Österreich nicht steigt, dann werden wir niemals diese impfpräventable Erkrankung ausrotten können“, warnt der Impfexperte.

Vorsorgemedizin stärken

Steigend sind auch die Zahlen bei Pertussis-Erkrankungen: mit Stichtag 17. Dezember 2024 gebe es 15.125 Fälle an Erkrankungen – in allen Altersgruppen. Aufgrund dieser Zahlen gibt es Anpassungen im Österreichischen Impfplan, wie Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, in ihrem Vortrag ausführte. Die Impfung müsse alle fünf Jahre aufgefrischt werden, um einen Abfall der Antikörper bei Geimpften zu verhindern. Damit erfolgt die erste Auffrischung nach der Grundimmunisierung nun vor Eintritt in die Volksschule. „Das ist eine sinnvolle Änderung, solange es noch keinen neuen Impfstoff gibt, der einen längeren Impfschutz bieten kann“, begrüßt Schmitzberger diese Erneuerung. Grundsätzlich habe sich heuer sehr viel getan, denn seit kurzem ist auch eine Immunisierung gegen RSV im Kinderimpfprogramm verankert. Die Immunisierung wird aktuell für Neugeborene in ihrer ersten Lebenswoche vor allem im Spital angeboten, in einem nächsten Schritt soll die Möglichkeit einer Immunisierung auch für die Altersgruppe bis zum vollendeten ersten Lebensjahr erfolgen. „Das sind wichtige Entwicklungen hin zu einer stärkeren Vorsorgemedizin, in der Impfungen eine wesentliche Rolle spielen“, resümiert Schmitzberger.

Es fehle mitunter leider auch noch die Gesundheitskompetenz in Bezug auf die Impfentscheidungen: „Gerade hier sind Ärzte wichtige Ansprechpartner“, betont Schmitzberger. Meinungsführer bei Impfentscheidungen seien besonders das persönliche Umfeld, persönliche Erfahrungen und Bilder, die die Wichtigkeit einer Impfung vor Augen führen, führte Köksal Baltaci, Redakteur von der Tageszeitung „Die Presse“, in seinem Vortrag aus. „Wir müssen hier als Ärzte diesen persönlichen Austausch mit unseren Patienten auch intensiver suchen, gleichzeitig fehlt uns leider häufig die Zeit“, betont Schmitzberger das Dilemma. „Die Zuwendungs- und Präventionsmedizin muss endlich auch von der Politik honoriert werden, denn das ist ein Dreh- und Angelpunkt, um impfpräventable Erkrankungen einzudämmen oder – wie bei Masern – endlich auszurotten“, appelliert Schmitzberger an die Politik.

WEBTIPP
Infos zur HPV-Impfung: www.impfen.gv.at/hpv

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2025