Mit 1. September 2025 tritt eine tiefgreifende Neuerung in Kraft: Die ärztegesetzliche Fortbildungsverpflichtung wird erneuert und auf eine individuelle Ebene gehoben. Was das konkret bedeutet – und was sich ändert.
Neue Diagnostik, innovative Therapien, digitale Anwendungen: Die medizinische Landschaft entwickelt sich rasant. In diesem Umfeld ist lebenslanges Lernen für Ärztinnen und Ärzte essenziell, um dem Gebot zur Behandlung nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung entsprechen zu können. Seit vielen Jahren sorgt das Diplom-Fortbildungs-Programm (DFP) der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) für ein verlässliches System, um die Fortbildung strukturiert und transparent zu gestalten sowie um die Fortbildungsqualität abzusichern. Ab dem 1. September 2025 wird die Erfüllung der gesetzlichen Fortbildungspflicht nun neugestaltet.
Bisher war die Fortbildungspflicht über sogenannte „Stichtage“ geregelt, die alle drei Jahre wirksam wurden – unabhängig vom individuellen Berufsweg. Dieses starre System gehört nun der Vergangenheit an. Künftig wird der Fortbildungszeitraum für jeden Arzt individuell bemessen und auch die Fortbildungspflicht dementsprechend berücksichtigt: Ab dem Zeitpunkt der Eintragung der selbständigen Berufsberechtigung in die Ärzteliste beginnt ein fünfjähriger Fortbildungszyklus. Innerhalb dieses Zeitraums müssen 250 DFP-Punkte in einer bestimmten Zusammensetzung absolviert und dokumentiert werden. „Das ist ein Paradigmenwechsel“, erklärt Peter Niedermoser, Präsident des Wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Akademie der Ärzte, die die DFP-Punkte für die Österreichische Ärztekammer überprüft und auswertet sowie DFP-Diplome ausstellt: „Wir gehen weg von einem schematischen System hin zu einem dynamischen, das der Lebensrealität der Ärzte besser entspricht.“ An die Stelle einer Stichtags-Kontrolle rückt ein laufendes Monitoring, sozusagen eine „individuelle Fortbildungsbegleitung“.
Online-Fortbildungskonto als Herzstück
Zentraler Baustein der neuen Regelungen ist weiterhin das Online-Fortbildungskonto auf www.meindfp.at. Dort werden DFP-Punkte gesammelt, verwaltet und übersichtlich dargestellt. Fortbildungsanbieter sind bei DFP-approbierten Fortbildungen verpflichtet, den teilnehmenden Ärzten die absolvierten DFP-Punkte aufzubuchen. Damit wird die Dokumentation für Ärzte weiterhin deutlich vereinfacht bleiben.
Neu wird sein, dass das System automatisch erkennt, ob alle Voraussetzungen erfüllt sind. Liegen im jeweiligen Fortbildungszeitraum ausreichend Fortbildungspunkte vor, wird das DFP-Diplom automatisch ausgestellt und steht online zum Download bereit. Wer möchte, kann es sich auch in Papierform zusenden lassen. „Das DFP-Konto ist mehr als nur eine Verwaltungsplattform. Es ist ein Instrument, das Wissen sichtbar macht und Qualität fördert“, betont Niedermoser und ergänzt: „Aber gleichzeitig wird die technische Umstellung auf die neue Systematik noch Zeit in Anspruch nehmen, bis zum Jahreswechsel wollen wir die neuen Funktionen implementieren.“
Berufsunterbrechung – Was nun?
Ein weiterer, wichtiger Aspekt betrifft den Umgang mit Berufsunterbrechungen. Wer beispielsweise wegen Karenz, Krankenstand, Sabbatical oder Auslandsaufenthalt länger als sechs Monate nicht ärztlich tätig war, kann diesen Zeitraum im Online-Fortbildungskonto dokumentieren und sich den Fortbildungszeitraum entsprechend verlängern lassen. Gleiches gilt für Zeiten, in denen keine Eintragung in die Ärzteliste (etwa wegen Berufsverzichts) besteht.
Keine Fortbildung, keine Nachsicht
Was aber, wenn die Fortbildungspflicht nicht erfüllt wird? Wird der Nachweis nicht fristgerecht für den jeweiligen Fortbildungszeitraum erbracht (drei Monate nach Ende des Fortbildungszeitraums), stellt dies eine Berufspflichtverletzung nach dem Ärztegesetz 1998 dar. Die Österreichische Akademie der Ärzte ist verpflichtet, dieses Versäumnis an den Disziplinaranwalt der ÖÄK zu melden. „Die ärztliche Fortbildung ist keine Kür, sondern ein gesetzlicher Auftrag“, betont ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart: „Wer langfristig im Beruf bestehen will, muss sein Wissen aktuell halten – zum Wohle der Patienten.“ Künftig wird das DFP-Diplom noch stärker mit der ärztegesetzlichen Pflicht zur Glaubhaftmachung der ärztlichen Fortbildung verknüpft: Wer über ein gültiges DFP-Diplom verfügt, gilt automatisch als gesetzeskonform fortgebildet. Noch vor Erlangung der selbständigen Berufsberechtigung können – wie schon bisher – DFP-Punkte gesammelt werden. Sobald die selbständige Berufsberechtigung erteilt wird, lassen sich diese Punkte rückwirkend für das erste DFP-Diplom anerkennen – vorausgesetzt, sie wurden in den vergangenen fünf Jahren erworben.
Fazit: Mehr Eigenverantwortung – Aber auch mehr Unterstützung
Mit der Reform der Glaubhaftmachung der ärztlichen Fortbildung gehe die Österreichische Ärztekammer einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Transparenz der ärztlichen Qualitätssicherung, um die bestmögliche ärztliche Behandlung in Österreich sicherzustellen, ohne den bürokratischen Aufwand unnötig zu erhöhen, betont Steinhart: „Die neue Regelung bringt mehr Individualisierung, bessere Planbarkeit und insgesamt größere Transparenz – und stärkt damit das Vertrauen in das Gesundheitssystem.“ Man wolle keine Kontrolleure sein, sondern „Rahmenbedingungen schaffen, die den ärztlichen Anspruch an Exzellenz fördern“, ergänzt er: „Denn Fortbildung ist nicht nur Pflicht – sie ist Teil der ärztlichen Haltung.“(red)
Die wichtigsten Anforderungen im Überblick
Für den Erhalt eines DFP-Diploms müssen nunmehr im Fünfjahreszeitraum folgende Kriterien erfüllt sein:
- Mindestens 250 DFP-Punkte, davon
- mindestens 200 DFP-Punkte durch medizinische Fortbildung
– höchstens 50 DFP-Punkte im Bereich sonstiger Fortbildung (z. B. Kommunikation, Management)
– mindestens 85 DFP-Punkte durch Präsenzveranstaltungen
- Fortbildungen innerhalb einer Krankenanstalt oder bei angestellten Ärzten innerhalb desselben Rechtsträgers sollen maximal zwei Drittel der DFP-Punkte betragen.
Auch Fortbildungen im Ausland können anerkannt werden, etwa ECMEC der EACCME oder anerkannte Fortbildungen deutscher Landesärztekammern in bestimmten Fortbildungskategorien.
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2025