BKAÄ: Ausbildungsevaluierung – Ist die Größe entscheidend?

26.02.2025 | Aktuelles aus der ÖÄK

Die Ausbildungsevaluierung 2024 hat gezeigt: Kleinere Abteilungen werden in der Regel etwas besser bewertet als Größere. Doch warum – und ist es auch in den einzelnen Fächern so? Ruth Krumpholz, Primaria der kleinen Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin am LKH Bludenz, und Gerd Rasp, Primar der großen HNO-Abteilung am Uniklinikum Salzburg, haben das gemeinsam mit Thorsten Medwedeff analysiert.

Die aktuelle Ausbildungsevaluierung hat einmal mehr gezeigt, dass kleinere Abteilungen zum Teil deutlich besser ausbilden und entsprechend beurteilt werden – die großen Abteilungen müssen sich da noch mehr anstrengen“, fasst Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte (BKAÄ), eines der zentralen Ergebnisse der Ausbildungsevaluierung 2024 zusammen. Bereits Anfang März – also in wenigen Wochen – startet die nächste Evaluierung der ärztlichen Ausbildung in Österreich.

Zuvor haben sich zwei Ausbildungsexperten, die es wissen müssen, an die Analyse des „Duells“ Groß gegen Klein gewagt: die Primarärztin Ruth Krumpholz, die in Bludenz einer kleinen Abteilung vorsteht, und Gerd Rasp, Leiter einer großen Abteilung in Salzburg.

Vorteil kleine Abteilung: Enge Betreuung

Einen eminenten Vorteil sieht Krumpholz darin, „dass es in kleineren Abteilungen oft eine engere Betreuung durch erfahrene Fachärzte gibt, was aus meiner Erfahrung eine steilere Lernkurve möglich macht“. Generell gebe es in kleineren Abteilungen ein positives Betreuungsverhältnis: „Renommierte Fachärzte stehen oft als Mentoren zur Verfügung, was die fachliche und persönliche Entwicklung unterstützt. Generell ist es einfach logisch, dass es bei weniger Auszubildenden einfach mehr Zeit und eine engere Betreuung gibt“, so Krumpholz, die auch Vorsitzende der Ausbildungskommission der ÖÄK ist.

Weitere Vorteile sieht sie darin, dass die Turnusärztinnen und -ärzte in kleineren Abteilungen rascher vielfältige Aufgaben in den verschiedensten Bereichen übernehmen können und dass sie dadurch auch früher Verantwortung übernehmen und schneller selbständig arbeiten müssen. „Das fördert ihre Kompetenz und Entscheidungsfähigkeit. Sie nehmen sich als wichtiges Mitglied der Abteilung wahr.“

Hinzu kommen in kleineren Abteilungen kürzere Wege, schnellere Entscheidungsprozesse und folglich auch effizientere Arbeitsabläufe sowie ein angenehmeres, familiäres Arbeitsklima und ein starker Zusammenhalt, fasst Krumpholz zusammen: „Alle genannten Fakten zusammen führen zu einem starken Gefühl der persönlichen Wertschätzung. Daraus resultiert dann auch die bessere Bewertung im Vergleich zu den großen Abteilungen.“

Gerd Rasp hat sich insbesondere die Beurteilung der HNO-Kliniken in Österreich angeschaut und die Ergebnisse in diesem Spezialbereich auch anhand der Größe der Abteilungen analysiert. In Österreich gibt es insgesamt 36 Ausbildungsstätten für HNO, davon gab es bei 26 Einrichtungen Antworten zur Ausbildungsevaluierung 2024. Schließt man Bewertungen auf Basis lediglich einer Stimme und solche von weniger als 50 Prozent der Auszubildenden aus, so bleiben 12 der 36 möglichen Einheiten übrig. Hier verteilt sich die durchschnittliche Beurteilung (Globale Bewertung der jeweiligen Abteilung) auf Werte zwischen 5,8 und 4,0 von maximal 6,0.

Rasp: „Ein klarer Trend, ob die Ausbildung jetzt in Universitätskliniken, großen Häusern, kleinen Abteilungen oder Fachschwerpunkten unterschiedlich beurteilt wird, findet sich in meinem Spezialfach nicht, vielmehr sind die Unterschiede in den relativ kleinen Gruppen sehr viel größer als etwaige Differenzen zwischen den Gruppen. Festzuhalten ist jedoch, dass in der Betrachtung der Jahre 2023 und 2024 bei den meisten Ausbildungsstätten der Rücklauf steigt, bei einigen aber auch zusammenbricht.“

Bewertung als Kriterium für „Kampf um die besten Köpfe“

Letzteres stelle die größte Herausforderung für die Ausbildner dar, nämlich die Motivation für eine repräsentative Beurteilung der Abteilung durch die Auszubildenden zu wecken und die Umsetzung zu ermöglichen. „Wenngleich die Ausbildungsevaluierung gerade erst so richtig in Schwung kommt, wird sie als eines der wenigen öffentlich zugänglichen, nachvollziehbaren Kriterien bei der Wahl einer Ausbildungsstelle und damit der Zukunftssicherung einer Abteilung und der Region eine zunehmende Rolle bei der mobiler werdenden Generation spielen“, konstatiert der Salzburger Primar. „Das Bewusstsein, mit dieser Beurteilung als Ausbildungsarzt die Qualität der zukünftigen Kollegen mit zu bestimmen, scheint derzeit allerdings noch keinen wesentlichen Raum einzunehmen.“

Gerne würden ja Systeme im angelsächsischen Kulturkreis als Vorbilder gesehen, führt Rasp an: „Dort ist diese Beurteilung die wesentlichste Grundlage für das Rating und damit die Attraktivität und den Ausbau oder Abbau von Kliniken. Im Zeitalter von knappen humanen Ressourcen und einem aktiven ‚war on talents‘ ist jedenfalls die sichtbare Attraktivierung von Ausbildung ein unverzichtbares Element einer strategischen Entwicklung oder auch nur für den Erhalt einer Ausbildungsstätte. Und dies gilt für alle Einrichtungen des Faches und höchstwahrscheinlich insbesondere für diejenigen, die erhebliche finanzielle Mittel für Forschung und Lehre erhalten wollen.“

„Egal ob große oder kleine Abteilungen, wir müssen weiterhin zeigen, dass wir die Ausbildung der nächsten Generation ernst nehmen – das unterstreicht auch die Analyse von Dr. Krumpholz und Dr. Rasp. Einerseits, um die aktuelle Top-Qualität der ärztlichen Versorgung in Österreich nachhaltig abzusichern, andererseits, um uns im Kampf um die besten Köpfe optimal aufzustellen. Daher appelliere ich schon jetzt an alle Spitalsdirektionen, Abteilungsleiter und natürlich an die Turnusärztinnen und -ärzte, das auch bei der Anfang März startenden Ausbildungsevaluierung 2025 zu zeigen und diese zu unterstützen und für starke Rücklaufquoten zu sorgen“, fasst Bundeskurienobmann Harald Mayer zusammen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 4 / 25.02.2025