Ärztliche Hausapotheken: Säule der Versorgung

25.04.2025 | Aktuelles aus der ÖÄK

Warum es einer Kuh besser gehe als dem Bauern, erklärte Carmen Berti-Zambanini, Obfrau des Schutzverbandes der Hausapotheken führenden Ärzte Österreichs, im Rahmen einer Pressekonferenz in Bregenz. 

Während Patienten in Krankenhäusern ihre Medikamente über die Spitalsapotheken erhalten, dürfen viele Hausärzte ihre Patienten – auch bei Hausbesuchen –  nicht direkt mit Medikamenten versorgen, kritisierten Carmen Berti-Zambanini, Obfrau des Schutzverbandes der Hausapotheken führenden Ärzte Österreichs, und Silvester Hutgrabner, Leiter des ÖÄK-Referats für Hausapotheken und Medikamentenangelegenheiten. Hindernis sei das veraltete Apothekengesetz. Dort heißt es, dass im Umkreis von vier Straßenkilometern einer öffentlichen Apotheke keine ärztliche Hausapotheke bewilligt werden darf, im Umkreis zwischen vier und sechs Kilometern nur in Form einer Nachfolgepraxis. Die Folge: Bis 1998 gab es österreichweit knapp 1.000 öffentliche Apotheken und 1.100 ärztliche Hausapotheken. Nach etlichen Gesetzesnovellen und höchstgerichtlichen Entscheidungen hat sich die Zahl der ärztlichen Hausapotheken auf aktuell rund 800 verringert, während die Zahl der öffentlichen Apotheken auf gut 1.450 gestiegen ist.

Auf Kosten der Bevölkerung

„Der kranken Kuh geht es besser als dem Bauern, denn der Tierarzt hat im Gegensatz zum Humanmediziner beim Hausbesuch alle Medikamente mit dabei“, veranschaulicht Berti-Zambanini die Situation. Die Allgemeinmedizinerin aus dem Bregenzerwald fordert mehr Rücksichtnahme auf die alternde und immobilere Gesellschaft: „Wir haben schon eine Zweiklassengesellschaft beim Besorgen von Medikamenten: Die, die noch fit genug für den Weg zur Apotheke sind, und die, die andere bitten müssen, ihnen die nötigen Medikamente zu besorgen“, kritisiert sie. Ein weiteres Beispiel zeige, wie auf Kosten der Bevölkerung vorgegangen werde: „Geht ein Arzt, der in seiner Ordination eine Hausapotheke führt, auf Urlaub, darf der Arzt, der ihn in dieser Zeit in der Praxis vertritt, keine Medikamente aus der Hausapotheke abgeben.“ Völlig unverständlich sei zudem, dass Primärversorgungseinrichtungen überhaupt keine Hausapotheken führen dürfen, ergänzt Hutgrabner: „Sie können sich in PVEs zwar von mehreren Allgemeinmedizinern, Kinderärzten behandeln lassen, werden von Sozialarbeitern oder zur richtigen Ernährung beraten – aber Medikamente dürfen die Ärzte dort keine mitgeben. Der für die Kranken umständliche, meist zeitaufwändige Weg zur nächsten Apotheke bleibt bestehen.“

Hutgrabner und Berti-Zambanini fordern daher die Streichung der Kilometerbegrenzung und der Nachfolgeregelung im Apothekergesetz. Ein nächster, logischer Schritt sei das Dispensierrecht, also die Möglichkeit für alle niedergelassenen Ärzte, Medikamente abzugeben. (sni)


Vorteile durch Liberalisierung bei Hausapotheken

  1. Versorgung bei Hausbesuchen sichergestellt: Wenn der Arzt zu einem Hausbesuch kommt, ist der Patient im Regelfall so krank, dass er keine beschwerlichen Wege in eine Apotheke auf sich nehmen kann. Der Hausarzt kann seine Patienten mit den notwendigen Medikamenten direkt versorgen.
  2. Positive Auswirkung auf die Umwelt: Bei einem flächendeckenden Ausbau ärztlicher Hausapotheken würde man laut einer Studie der Johannes Kepler Universität Linz fast 15.000 Tonnen CO₂ im Jahr einsparen, wenn Patienten für die medikamentöse Versorgung nicht in eine öffentliche Apotheke fahren müssen. Das entspricht Fahrten von über 71 Millionen PKW-Kilometern.
  3. Bessere Besetzung von Kassenstellen: Laut Studie des Beratungsnetzwerks Kreutner, Fischer & Partner kann davon ausgegangen werden, dass durch den Ausbau der ärztlichen Hausapotheken die Anzahl der niedergelassenen Ärzte mit Kassenordinationen österreichweit um bis zu 400 zunimmt.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2025