Kurz und informativ

25.01.2024 | Medizin

Großbritannien: Assistenzärzte streikten sechs Tage
Anfang Jänner dieses Jahres hielten die Assistenzärzte in Großbritannien den längsten durchgehenden Streik in der 70-jährigen Geschichte des britischen National Health Service (NHS) ab: Sie legten die Arbeit für sechs Tage nieder. Die Ärztegewerkschaft British Medical Association (BMA) hatte den Streik Anfang Dezember 2023 angekündigt. Nach einer vereinbarten durchschnittlichen Gehaltserhöhung von 8,8 Prozent war eine weitere Erhöhung um drei Prozent angeboten worden. Dies hatte die BMA abgelehnt mit dem Argument, das das Angebot „für viele Ärzte immer noch eine Gehaltskürzung bedeuten würde“.

Großbritannien: 4.907 Drogen-Tote
Mit 4.907 Toten, die in Zusammenhang mit Drogen stehen, wurde im Vorjahr in England und Wales die höchste Zahl seit Beginn der Aufzeichnungen 1993 registriert. Bei der Hälfte der betroffenen waren Opiate wie Heroin beteiligt; aber auch mehr Todesfälle in Verbindung mit Kokain wurden festgestellt. Zwei Drittel der Opfer waren Männer.

EU einigt sich beim EU-Gesundheitsdatenraum
Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben sich auf ihre Position zum EU-Gesundheitsdatenraumgeeinigt. Ziel ist es, den Zugang zu personenbezogenen Daten zu erleichtern und einen sicheren Datenaustausch zu fördern. So sollen Patienten-Kurzakten, elektronische Verschreibungen, medizinische Bilder sowie Laborergebnisse in allen EU-Ländern über eine digitale Plattform abgerufen werden können. Der Vorschlag sieht auch vor, dass einige Daten in anonymisierter Form für Forschungszwecke genutzt werden können. Das Parlament strebt eine Ausweitung der zu verbietenden Sekundärnutzungen – wie etwa auf dem Arbeitsmarkt oder für Finanzdienstleistungen – an. Nach der Einigung auf eine gemeinsame Position können in einem nächsten Schritt die Trilog- Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen starten. Ziel ist ein gemeinsamer Gesetzestext.

Deutschland: Rekordfund von Captagon
Mit insgesamt 461 Kilogramm Captagon in Tablettenform haben deutsche Zollfahnder in den vergangenen Monaten die bisher größte in Deutschland gefundene Menge Captagon sichergestellt. Laut Zollfahndung Essen und der Staatsanwaltschaft Aachen liegt der Wert bei 64,5 Millionen US-Dollar (rund 58,94 Millionen Euro). Vier Syrer im Alter zwischen 33 und 45 Jahren wurden in Untersuchungshaft genommen.

Beginn der Influenza-Welle
Der Dachverband informiert aufgrund des Anstiegs von Influenzaviren-Nachweisen in klinischen Proben aus dem gesamten Bundesgebiet, dass in Österreich die Influenzawelle begonnen hat. Damit in Zusammenhang steht die Kostenübernahme von Tamiflu 75 mg Hartkapseln und Tamiflu 6mg/ml Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen und Relenza Pulver Einzeldosis 4×5.

Niederlande: 1.200 Kilo Kokain sichergestellt
Bei einer routinemäßigen Kontrolle haben niederländische Zollbeamte im Hafen von Rotterdam in einem Container mit Bananen knapp 1.200 Kilogramm Kokain entdeckt. Der Verkaufswert der Ware beträgt rund 90 Millionen Euro. Der aus Ecuador kommende Container war für die Ukraine bestimmt. Rotterdam ist einer der Haupthäfen für die Einfuhr von Kokain nach Europa.

Afghanistan startet Polio-Impfkampagne
Mehr als 8,8 Millionen Kinder in Afghanistan wurden im Zuge einer landesweiten Kampagne gegen Polio geimpft. Wie der zuständige Taliban-Gesundheitsminister Qalandar Ebad erklärte, sei die Zahl der im Jahr 2023 festgestellten Fälle besorgniserregend“. Zuvor hatte die WHO gewarnt, dass durch die Rückkehr von Hunderttausenden Afghanen nach Massenabschiebungen aus dem benachbarten Pakistan das Risiko für die Ausbreitung des Virus steige. Afghanistan ist eines der wenigen Länder, in denen es regelmäßig Erkrankungen mit dem Polio-Wildtyp gibt.

Venetien: drei Tonnen Zigaretten konfisziert
Italienische Steuerfahnder haben in der Region Venetien drei Tonnen geschmuggelte Zigaretten konfisziert. Die Ware wurde im Rahmen einer Verkehrskontrolle eines Sattelschleppers, der aus Kärnten kam, entdeckt und beschlagnahmt. Die Zigaretten waren hinter einer Ladung Holz-Paletten versteckt und für Apulien bestimmt.

Mpox-Ausbruch im Kongo
Mehr als 13.000 Mpox-Verdachtsfälle sowie 600 Todesfälle im Zusammenhang mit Mpox wurden von Jänner bis Mitte November 2023 im Kongo registriert. Die WHO sieht darin nicht nur ein Risiko für den Kongo und seine Nachbarländer, sondern für die ganze Welt. Laut WHO-Expertin Rosamund Lewis besteht ein Zusammenhang mit Sexarbeit. Die WHO ist aufgrund der zahlreichen Grenzübertritte zwischen dem Kongo und den Nachbarländern besorgt, dass es zu einer regionalen Weiterverbreitung kommt. Auch wurde im Kongo erstmals die sexuelle Übertragung des dort vorherrschenden Mpox-Virusstamms nachgewiesen.

WHO warnt vor Dengue-Fieber
Die WHO warnt vor einer Verbreitung der Tigermücke und der Gelbfiebermücke in Europa, was in der Folge zu einem Anstieg der Fälle von Dengue-Fieber führen könnte. Im Jahr 2023 wurden in Italien 82 lokal übertragene Infektionen registriert, 43 in Frankreich und drei in Spanien. Weltweit hat sich die Zahl der gemeldeten Fälle zwischen 2000 und 2019 verzehnfacht. Mehr als 80 Prozent der Fälle von Dengue-Fieber wurden im Vorjahr aus Nord- und Südamerika gemeldet. Die WHO geht davon aus, dass es jährlich rund 400 Millionen Infektionen gibt; nur ein Bruchteil davon wird diagnostiziert.

Long COVID: Neurotransmitter und Vorläufer als Biomarker
Bei Patienten mit Long COVID und ME/CFS ist die Konzentration von Phenylalanin signifikant niedriger als bei Personen in der Kontrollgruppe. Darüber hinaus wich bei vielen Long COVID-Patienten die Konzentration von Tryptophan und Tyrosin von den Referenzwerten ab. Diejenigen, die an ständiger Erschöpfung und Abgeschlagenheit leiden, wiesen geringere Konzentrationen an Kynurenin und Phenylalanin auf; bei Angstzuständen war die GABA-Konzentration verringert. Das sind die Ergebnisse einer Studie von einem Team von Wissenschaftern um Maya Taenzer von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der Medizinischen Universität Innsbruck. In einer Pilotstudie untersuchten sie die Urinproben von 25 Personen mit Long COVID (davon 20 Frauen), acht gesunden Kontrollpersonen sowie von acht Personen mit myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue Syndrom (ME/CFS). Dabei wurden speziell die Konzentrationen der Neurotransmitter-Vorläuferproteine wie Tryptophan, Phenylalanin und deren Stoffwechselprodukte sowie deren Zusammenhang mit Müdigkeit, Angstzuständen und Depressionen bei den Betroffenen untersucht. Fazit der Wissenschafter: Die identifizierten Abbauprodukte und deren Fehlregulierung könnten als potentielle Biomarker für die Erforschung der Krankheitsursachen dienen. APA/International Journal of Tryptophan Research

DARPin verstärkt Wirkung von Botox
Künstliche Proteine, die Antigene erkennen und binden können – sogenannte DARPins (Designed Ankyrin Repeat Proteins) – können die Wirkung von Botox verstärken. Die von Schweizer Wissenschaftern um Oneda Leka vom Paul Scherrer- Institut in Villigen (Schweiz) entwickelten Proteine docken an jenen Teil des Enzyms an, der für die Wirkung auf die Nerven zuständig ist. Ursprünglich gingen die Forscher davon aus, dass dadurch die Wirkung gehemmt werde – das Gegenteil war der Fall: Die Wirkung setzte schneller als sonst ein. Bei einzelnen Proben im Reagenzglas konnte auch ein DARPin-Kandidat identifiziert werden, der Botuli numtoxin in seiner Funktion eindämmt. In weiteren Versuchen im Labor und bei Mäusemuskeln trat jedoch das Gegenteil ein. Die Erklärung der Forscher: DARPin kann das Toxin so destabilisieren, dass es schneller in das Innere der Nervenzelle transportiert wird. Das könnte insofern hilfreich sein, als man mit Botox Schmerzen schneller lindern könnte als bisher. APA/Nature Communications

Medizinisches Cannabis erhöht Risiko für Herz-Rhythmusstörungen
Personen, die medizinisches Cannabis erhalten, haben ein Risiko von 0,8 Prozent, innerhalb von 180 Tagen nach der Einnahme die Diagnose „Herz-Rhythmusstörungen“ zu erhalten. Damit ist das Risiko doppelt so hoch wie für Patienten mit chronischen Schmerzen, die kein Cannabis konsumierten. Zu diesem Ergebnis kommt Assoc. Prof. Anders Holt von der Universität Kopenhagen im Rahmen einer Studie. Dabei wurden die Daten von 5.391 Personen, die Cannabis gegen chronische Schmerzen erhalten hatten, untersucht. Verglichen wurde diese Gruppe mit 26.941 Personen, die ebenfalls chronische Schmerzen hatten, jedoch kein Cannabis erhielten. Der Unterschied beim Risiko zwischen den beiden Gruppen wurde jedoch geringer bei der Betrachtung des gesamten ersten Behandlungsjahres. Bei über 60-Jährigen sowie bei Personen mit Krebs, Herzerkrankungen, Schlaganfällen oder Diabetes mellitus stieg die Gefahr für Herz- Rhythmusstörungen am stärksten an. APA/European Heart Journal

Rauchstopp reduziert rasch Mortalität
Innerhalb der ersten Dekade nach dem Rauchstopp ist die Herz-/Kreislauf-Mortalität um 64 Prozent, die bei einem Karzinom um 53 Prozent sowie jene aufgrund von Atemwegserkrankungen um 57 Prozent im Vergleich zu Rauchern verringert. Ein Team um Blake Thompson von der Stanford University im US-amerikanischen Kalifornien untersuchten die Daten von 438.015 Erwachsenen mit einem durchschnittlichen Alter von 47 Jahren aus der nationalen US-Gesundheitsbefragung von 1997 bis 2018. 30 Jahre nach dem Rauchstopp ist die Herz-/Kreislauf-Mortalität gleich der von jenen Personen, die niemals geraucht haben. APA/JAMA Internal Medicine

Bewegung verzögert Alterung des Gehirns
Menschen, die körperlich und sozial aktiv sind, weisen über einen Zeitraum von sieben Jahren eine geringere Abnahme der Dicke des entorhinalen Kortex auf. Das ist das Ergebnis einer Studie von Wissenschaftern um Isabel Hotz von der Universität Zürich nach einer zwölf Jahre dauernden Längsschnitt-Studie. Auch fanden die Wissenschafter heraus, dass die Dicke des entorhinalen Kortex eng mit der Gedächtnisleistung zusammenhängt: Je weniger die Gehirnstruktur über die Studiendauer hinweg an Dicke verlor, umso weniger reduzierte sich die Gedächtnisleistung. Auch zeigte sich, dass eine höhere Gedächtnisleistung zu Beginn der Studie mit einer geringeren Abnahme der Gedächtnisleistung im Verlauf der Studie zusammenhängt. Der rund 3,5 Millimeter dicke entorhinale Kortex im inneren Teil des Temporallappens spielt eine zentrale Rolle für das Lernen und das Gedächtnis. Universität Zürich/Neuroimage

7 Prozent höher im Vergleich zu Nichtrauchern ist die Mortalität bei einer Krebserkrankung 30 Jahre nach der letzten Zigarette.

Neues Hitzeschock-Protein bei Brandopfern entdeckt
Das Team um Univ. Prof. Elke Doberentz vom Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck hat ein neues Hitzeschockprotein bei Brandopfern entdeckt. „Damit lässt sich bestimmen, ob die jeweilige Person bereits vor oder nach dem Ausbruch des Feuers tot gewesen ist“, so Doberentz. Das Hitzeschockprotein bildet sich nur, wenn zuvor extreme Temperaturen auf die Organe von Lebenden eingewirkt haben; die Proteine selbst sind dann vorwiegend in der Lunge und in den Nieren zu finden. APA

Rotations-Atherektomie nach STEMI-Infarkt
Mit der Rotations-Atherektomie konnte bei 86,5 Prozent der Patienten mit einem STEMI-Infarkt ein ausreichender Blutfluss in einem zuvor verschlossenen Koronargefäß wiederhergestellt werden. Das ist das Ergebnis einer Studie, die an zwölf spezialisierten Zentren in Europa durchgeführt wurde. In Österreich war Rayyan Hemetsberger von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der Medizinischen Universität Wien daran beteiligt. Die Wissenschafter untersuchten die Daten von 104 Patienten mit einem STEMI-Infarkt; die Betroffenen waren im Durchschnitt knapp 73 Jahre alt. In knapp 70 Prozent der Fälle kam die Rotations-Atherektomie mit rund 170.000 Umdrehungen der Spitze pro Minute zum Einsatz, nachdem zuvor die konventionelle Katheter-Dilatation sowie das Einbringen eines Stents nicht geglückt waren. APA/Canadian Journal of Cardiology

Prostatakarzinom: PSA effektiver als digital-rektale Untersuchung
Die rektale Untersuchung allein oder in Kombination mit dem PSA hat gegenüber dem PSA-Test allein keine bessere Effektivität bei der Früherkennung von Prostatakrebs. Das ist das Ergebnis einer Studie von Forschern um Univ. Prof. Shahrokh Shariat von der Universitätsklinik für Urologie der Medizinischen Universität Wien. Dafür wurden die Daten aus acht verschiedenen Untersuchungen mit insgesamt 85.738 Teilnehmern kombiniert und analysiert. Ein weiteres Ergebnis: Besonders die alleinige Durchführung der digital-rektalen Untersuchung zeigt eine niedrigere Entdeckungsrate des Prostatakarzinoms im Vergleich zum PSA-Test. „Die Aussagekraft der rektalen Untersuchung bei der Erkennung von Prostatakrebs ist nicht besonders beeindruckend, was darauf hindeutet, dass es möglicherweise nicht notwendig ist, diese Untersuchung routinemäßig als Teil eines Screenings durchzuführen, wenn keine klinischen Symptome und Anzeichen vorliegen“, so Shariat. MedUni Wien/European Urology Oncology

Nebenwirkungsarme Opioid-Alternative entdeckt
Ein neu entdeckter Opioid-ähnlicher Wirkstoff zeigte im Tiermodell effektive Schmerzlinderung ohne jedoch sedierend oder depressiv zu wirken. Die Wissenschafter um Edin Muratspahić und Assoc. Prof. Christian Gruber vom Institut für Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien suchten einen Wirkstoffkandidaten, der an einem dem µ-Opioid-Rezeptor im Gehirn verwandten Rezeptor, dem sogenannten κ-Opioid-Rezeptor, wirkt. Dafür nutzten die Forscher ein neuartiges Computer-gestütztes Designverfahren, das sie auf die Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR) anwendeten; rund ein Drittel aller Medikamente wirkt auf diese Rezeptoren. Durch die Kombination dieses De Novo-Designs, pharmakologischer und struktureller Analysen konnte nach der Analyse von nur vier Verbindungen DNCP-β-NalA(1) („De novo circular peptide-β-naloxamine) identifiziert werden. Durch die zielgerichtete Aktivierung von einzelnen zellulären Signalwegen des κ-Opioid-Rezeptors verspricht dieser Wirkstoff laut den Forschern eine bessere Verträglichkeit bei gleichzeitiger Reduktion der Nebenwirkungen. MedUni Wien/Nature Communications

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2024