Kurz und informativ

25.06.2024 | Medizin

Hohe Pollenkonzentration erhöht Blutdruck
Eine hohe Pollenkonzentration in der Luft kann bei Menschen mit Allergien den Blutdruck steigern. Frauen und Personen mit Übergewicht sind verstärkt davon betroffen. Zu diesen Erkenntnissen gelangten Forscher des Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Instituts (Swiss TPH) um Alexandra Bürgler in einer Studie mit 400 Teilnehmern aus der Region um die Stadt Basel. An Tagen mit sehr hohen Pollenkonzentrationen stieg der systolische Blutdruck um zwei und der diastolische um 1,5 Millimeter Quecksilbersäule. Die gesundheitlichen Auswirkungen allergener Bäume sollten in der Stadtplanung verstärkt berücksichtigt werden, meinen die Autoren der Studie und verweisen auf Alternativen etwa zu hochallergenen Birken. Die aktuelle Studie ist ein Teil des EPOCHAL-Projekts, in dem Auswirkungen von Baumpollen, Gräserpollen und Kräuterpollen auf die Gesundheit evaluiert werden. APA/Environmental Research

Lebensstil kompensiert genetische Prädisposition
Ein gesundheitsfördernder Lebensstil kann den Effekt von Erbanlagen, die das Leben verkürzen, zu über 60 Prozent ausgleichen. Das ist das Ergebnis einer Big Data Analyse von Forschern der Medizinischen Universität Hangzhou um Zilong Bian. Sie analysierten Effekte von Bewegung, gesunder Ernährung, Nichtrauchen und ausreichend Schlaf anhand der Daten von 353.742 Erwachsenen aus Großbritannien. Die Personen wurden zwischen 2006 und 2010 in die UK Biobank aufgenommen und ihre Gesundheit bis 2021 verfolgt. Die Wissenschafter setzten für ihre Analysen einen Risikoscore für lange (20 Prozent der Teilnehmer), mittlere (60 Prozent) und kurze (20 Prozent) Lebensspannen sowie einen gewichteten Score für die einzelnen Aspekte des Lebensstils ein. Das Studienkollektiv wurde anschließend in einen günstigen, einen mittleren und einen ungünstigen Lebensstil eingeteilt. Nach Ende des Beobachtungszeitraums lag die Wahrscheinlichkeit eines frühen Todes bei Personen, die durch ihre Erbanlagen eher eine kürzere Lebensspanne zu erwarten hatten, um 21 Prozent höher als bei jenen, die genetisch für ein längeres Leben prädisponiert waren. Die Ergebnisse waren unabhängig vom Lebensstil. Berücksichtigt man die genetische Ausstattung nicht, zeigte sich bei ungünstigem Lebensstil eine um 78 Prozent größere Wahrscheinlichkeit für einen vorzeitigen Tod. APA/British Medical Journal

9,5 Millionen
Tage sind Rheuma-Patienten pro Jahr in Österreich im Krankenstand. APA

Intuitive Steuerung bionischer Prothesen
Bionische Prothesen können amputierte Hände durch Steuerung von Nervenzellen aus dem Gehirn teilweise ersetzen und wurden von einem österreichisch-englischen Team um Univ. Prof. Oskar Aszmann von der Universitätsklinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie der MedUni Wien nun auch mit Feingefühl ausgestattet. Bei Patienten mit transradialer Amputation sind im Stumpf Muskeln und Sehnen zum Beugen und Strecken des Handgelenks teilweise noch vorhanden. Gemeinsam mit Prof. Dario Farina vom Imperial College London wurde ein System entwickelt, das die Spindeln aus den Muskeln und die Golgi-Organe aus den Sehnen durch Vibrationen reizt, wenn der Patient die künstliche Hand bewegt. Ergebnis: Die Betroffenen spüren, dass sich die Finger bewegen. Elektrisch gesteuerte Vibratoren können ohne Komplikationen in einen prothetischen Arm-Schaft eingebaut werden. Das neue System wurde an sieben Personen in Wien bei Alltagsaktivitäten getestet. APA/Science Robotics

Prostatakarzinom: Eiweißstoff verhindert Fortschreiten
Forscher haben im Rahmen einer internationalen Studie unter Leitung von Univ. Prof. Lukas Kenner (Medizinische Universität Wien) und Sabine Lagger (Veterinärmedizinische Universität Wien) einen Eiweißstoff identifiziert, der das Wachstum von fortgeschrittenem Prostatakarzinom bremsen könnte. Als möglicher Treiber des Tumorwachstums wird das JUN-Protein intensiv erforscht − Studien haben eine bei Krebs übermäßige Produktion gezeigt. Bei Prostatakrebs hingegen zeigen Studien am Mausmodell und an klinischen Proben, dass ein Fortschreiten bei hohem JUN-Spiegel verlangsamt wird. Umgekehrt wurde ein schnelleres Tumorwachstum beobachtet, wenn das Protein fehlt, weil dadurch die Rekrutierung bestimmter Immunzellen in der Mikro-Umgebung des Tumors beeinträchtigt wird. APA/Molecular Cancer

Gebärmutter-Karzinome: neuer Test effizient in Früherkennung
Ein tirolerisch-schweizerisches Forscherteam um Prof. Martin Widschwendter hat einen DNA-Test entwickelt, mit dem Gebärmutter-Karzinome früher erkannt werden sollen. Der sogenannte WID-qCIN-Test ist durch die Zusammenarbeit des EUTOPS-Instituts (European Translational Oncology Prevention and Screening Institute) der tirol kliniken und der Universität Innsbruck gemeinsam mit dem Karolinska Institut in Stockholm entstanden. Der Test erkennt im Vergleich zum herkömmlichen PAP-Abstrich gleich viele Frauen mit Krebsvorstufe oder Zervixkarzinom, kann allerdings insgesamt fast dreimal so viele dieser Frauen identifizieren, die in ein bis sechs Jahren ein Karzinom oder eine Vorstufe entwickeln. Für die Studie wurden 28.017 Frauen im Großraum Stockholm untersucht, die zwischen Jänner und März 2017 am schwedischen Gebärmutterhals-Screening teilgenommen haben. Durch die Kombination aus WID-qCIN- und HPV16/18-Testergebnissen wurden 93 Prozent aller schweren präkanzerösen Läsionen und 100 Prozent der invasiven Karzinome erkannt, die innerhalb von zwölf Monaten nach Probenentnahme diagnostiziert wurden. 210 Patientinnen mit einem im Jahr 2017 unauffälligen Befund wurden 13 bis 72 Monate nach der Probenentnahme mit Zervixkarzinom oder einer Vorstufe diagnostiziert. Das zytologische Verfahren erkannte dabei 18 Prozent der Erkrankungen, die Kombination aus HPV16/18-Testung und WID-qCIN-Testungen 69 Prozent der Fälle. APA/EUTOPS Institut/Nature Medicine

Psoriasis: auch Lebensqualität von Angehörigen eingeschränkt
Fast 80 Prozent der Angehörigen und Lebenspartner von Psoriasispatienten geben einer Grazer Studie zu Folge eine Einschränkung ihrer Lebensqualität an. Katja Großschädl und ihre Co-Autoren von der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerolgie der Medizinischen Universität Graz analysierten unter Beteiligung des Psoriasis-Zentrums der Medizinischen Universität in Kiel zunächst die Lebensqualität von 250 Patienten aus dem österreichischen Psoriasis-Register (PsoRA). Die Betroffenen mit geringer Krankheitsintensität (PASI-Wert im Mittel 1,7) wiesen im dermatologischen Lebensqualitätsindex (DLQI) einen mittleren Wert von 4,1 auf und erleben damit trotz offenbar wirksamer Behandlung einen kleinen Einfluss auf die Lebensqualität. Danach erhielten nächste Angehörige und Lebenspartner Fragebögen zur Bewertung ihrer eigenen Lebensqualität. Dabei gaben 78,7 Prozent der männlichen und 77,3 Prozent der weiblichen engen Angehörigen eine kleine oder größere Beeinträchtigung an. APA/Skin Health and Disease

Eigenbrauer-Syndrom: oft lange unerkannt
Eine Alkoholvergiftung mit erhöhten Blutalkoholwerten und Alkohol im Atem, ohne dass die Betroffenen Alkohol konsumiert haben, deutet auf das Eigenbrauer-Syndrom (Auto-Brewery Syndrome) hin. Bis zur Diagnose vergehen oft einige Jahre, schreiben Wissenschafter um Rahel Zewude von der University of Toronto. Sie empfehlen, einem Verdacht auf das Syndrom frühzeitig nachzugehen. Die Ursache könnte in den Darmmikrobiota liegen – in einer Überwucherung durch Pilze wie Saccharomyces cerevisiae und Candida-Arten, die durch Gärung aus Kohlenhydraten Alkohol erzeugen. Vermutet wird auch ein Zusammenhang zu anderen Krankheiten wie Diabetes oder Leberproblemen sowie eine genetische Komponente. In einem von den Forschern präsentierten Fall wurde eine Frau mehrfach wegen extremer Tagesmüdigkeit und undeutlicher Sprache in die Notaufnahme gebracht. Trotz nachgewiesener Alkoholvergiftung gab sie an, keinen Alkohol getrunken zu haben. Beim siebenten Besuch wurde der Verdacht auf das Eigenbrauer-Syndrom gestellt. Als Therapie erhielt die Patientin antimykotische Medikamente; eine kohlenhydratarme Ernährung wurde verordnet. Nach einiger Zeit klangen die Symptome dauerhaft ab. Für die Therapie geben die kanadischen Wissenschafter zu bedenken, dass nach dem Absetzen der Antimykotika mit Rückfällen zu rechnen ist. APA/Canadian Medical Association Journal

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2024