FAQs: Primärprävention des Schlaganfalls kompakt

25.06.2024 | Medizin

Die wichtigsten Informationen rund um das Thema „Primärprävention des Schlaganfalls“ bietet folgende Übersicht.

Eine von vier Personen … erleidet im Laufe des Lebens eine transitorisch ischämische Attacke (TIA) oder einen Schlaganfall. Aufgrund der steigenden Lebenserwartung ist der Schlaganfall die häufigste vaskuläre Erkrankung – noch vor dem Myokardinfarkt.

Für die Reduktion … von Schlaganfällen bildet eine optimierte und konsequente Primärprävention einen zentralen Faktor. Gut eingestellte vaskuläre Risikofaktoren reduzieren die Schlaganfall-Inzidenz und, sofern es dazu kommt, dessen Schweregrad.

Beim Faktor Ernährung … sind sowohl Quantität als auch Qualität wichtig. So haben etwa Menschen mit einem BMI von 18,5 bis 25 die höchste Lebenserwartung. Die mediterrane Diät senkt das Risiko für einen Schlaganfall und kardiovaskuläre Erkrankungen um zehn Prozent, die kardiovaskuläre Mortalität um acht Prozent.

Weitere Empfehlungen zur Ernährung:
– Kochsalz auf weniger als 2,5 g pro Tag reduzieren;
– gesättigte durch ungesättigte Fettsäuren ersetzen;
– Zucker – v.a. aus zuckerhaltigen Getränken – reduzieren.

Körperliche Aktivität … in moderatem Ausmaß mindestens 150 bis 300 Minuten oder anstrengende körperliche Aktivität mindestens 75 bis 150 Minuten pro Woche werden – unabhängig vom Alter – empfohlen. Beispiele für moderate Aktivität sind schnelles Gehen, Fahrradfahren oder Gartenarbeit. Anstrengende Aktivitäten sind etwa Joggen, Laufen, Mountainbiken, Bergsteigen oder Langlaufen.

Das Zigarettenrauchen … sollte komplett eingestellt werden. Raucher, die den Konsum auf wenige Zigaretten pro Tag reduzieren, haben weiterhin ein deutliches Schlaganfallrisiko. Das kardiovaskuläre Risiko ist bei starken Rauchern unter dem 50. Lebensjahr um das Fünffache erhöht.

Der Alkoholkonsum … sollte auf unter 100 g (circa eine Flasche Wein oder drei bis vier große Gläser Bier) pro Woche reduziert werden. Der Mehrkonsum hat einen proarrhythmogenen Effekt und kann Vorhofflimmern triggern.

Der Zielwert für LDL-Cholesterin … ist < 116 mg/dL. Um das Cholesterin zu senken, sind vor allem Lebensstilmodifikationen (Ernährung) angezeigt. Die medikamentöse Behandlung ist vorwiegend Personen mit hohem oder sehr hohem kardiovaskulären Risiko vorbehalten.

Die Senkung des systolischen Blutdrucks um fünf mmHg reduziert das Risiko für einen Schlaganfall um zehn Prozent – unabhängig vom Blutdruck-Ausgangswert. Zielwerte für die Primärprävention sind 140 beziehungsweise 130 mmHg systolisch, wenn der Betroffene diese Zielwerte gut toleriert. Hier sind vor allem Lebensstilmodifikationen essentiell. Medikamente sind indiziert bei Hypertension Grad II bis III (systolischer Blutdruck über 159 mmHg, diastolisch über 99 mmHg).

Die Abschätzung des vaskulären Risikos … sollte bei Männern ab 40 Jahren und bei Frauen ab 50 Jahren oder ab der Menopause erfolgen, altersunabhängig bei Vorhandensein eines vaskulären Risikofaktors (Hypertonie, Familienanamnese für kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, Adipositas oder Erkrankungen, die das kardiovaskuläre Risiko erhöhen). Bei über 70-Jährigen ist SCORE2 beziehungsweise SCORE2-OP am besten validiert.

Eine asymptomatische Karotisstenose … bedeutet ein hohes/sehr hohes vaskuläres Risiko. Betroffene sollten mit Thrombozytenfunktionshemmer und Statin behandelt werden. Da eine Intervention das absolute Risiko für einen ipsilateralen Schlaganfall nur gering senkt und es Operationsrisiken gibt, wird individuell entschieden.

Bei Vorhofflimmern … sollte der CHA2DS2-VAScScore berechnet werden. Bei Werten von zwei (Männer) oder >zwei (Frauen) sollte ein NOAK verordnet werden. Die Therapie mit einem Vitamin K-Antagonisten ist eindeutig zweite Wahl. Das Management der Risikofaktoren der Betroffenen ist wichtig – mit einem gut eingestellten Blutdruck, Gewichtsreduktion und dem Meiden von größeren Mengen Alkohol. Bei Patienten mit einem hohem CHA2DS2-VASc-Score führt eine frühe Rhythmuskontrolle (Medikamente oder Ablation) zu einem geringeren Schlaganfallrisiko. Derzeit existiert keine Empfehlung, ein persistierendes Foramen ovale bei der Primärprophylaxe des Schlaganfalls zu verschließen.

Migräne mit Aura … bedeutet für Patienten ein zweifach erhöhtes Risiko für einen ischämischen Schlaganfall. Rauchen ist ein besonderer Risikofaktor. Diesen Patientinnen sollten Kontrazeptiva nicht verschrieben werden.

Für Österreich … zeigen Daten zur Primärprävention aus der Stroke Card-Studie (2014 bis 2018), dass Personen mit Diabetes mellitus gut eingestellt sind, die Therapieziele bezüglich Cholesterin und Blutdruck aber deutlich verbesserungsbedürftig sind. Kommt es zu einem Schlaganfall, sind 25,6 Prozent der Patienten mit Vorhofflimmern adäquat antikoaguliert, während in der Sekundärprävention ein Jahr nach dem Schlaganfall > 90 Prozent der Patienten adäquat behandelt werden.

Im vergangenen Jahrzehnt … hat sich die Primärprävention in Österreich verbessert. Die Inzidenz für TIAs ist zwischen 2015 und 2019 um rund 13 Prozent, für einen ischämischen Schlaganfall um sieben Prozent und für eine Hirnblutung um 20 Prozent gesunken. Der durchschnittliche Schweregrad eines Schlaganfalls hat deutlich abgenommen und das Manifestationsalter deutlich über die steigende Lebenserwartung hinaus zugenommen. (red)

Quelle: State of the Art „Primärprävention des Schlaganfalls“ von Univ. Prof. Dr. Stefan Kiechl, Ass. Prof. Priv. Doz. Dr. Michael Knoflach, Univ. Prof. Dr. Wilfried Lang; ÖÄZ 5/10. März 2023

 © Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2024