Wenn es noch eines Beweises bedurft hat, dann ist er spätestens seit unserer sehr gut besuchten Enquete zum Thema „1450“ erbracht: Die Lenkung der Patientenströme in unserem Land ist eines der brennendsten Probleme in der Gesundheitsversorgung und darf nicht auf die lange Bank geschoben werden. Dass hochkarätige Speaker und insgesamt mehr als 140 Zuschauer – aus den Bereichen Politik bis ELGA, Gesundheitsdienstleistung, Patientensicherheit und Pflege – gekommen waren, um mitzudiskutieren, zeigt, dass wir diese Thematik so schnell wie möglich aufgreifen und mit Lösungen für ganz Österreich unterfüttern müssen.
Wir als Bundeskurie angestellte Ärzte sind dafür bereit. Ohne Patientenlenkung – und diese muss auch verbindlich verankert werden – wird unser Gesundheitssystem nicht mehr lange so herausragend weiterfunktionieren können wie bisher. Die überfüllten Spitalsambulanzen müssen dringend entlastet werden. Die Awareness dafür, auch das hat die Enquete gezeigt, ist großflächig gegeben. Das ist höchst erfreulich. Noch erfreulicher aber ist, dass es bereits ein erfolgversprechendes Werkzeug gibt, das wir nur richtig einsetzen müssen: In Wien hat die durch die Gesundheitshotline 1450 vorgegebene Steuerung der Patienten zum „best point of service“, dafür gesorgt, dass 85 Prozent der Patienten – die ansonsten möglicherweise eine Spitalsambulanz aufgesucht oder die Rettung gerufen hätten – in andere Versorgungsstrukturen umgeleitet werden konnten.
Nicht erfreulich ist, dass 1450 derzeit offenbar nur in Wien so eingesetzt wird und so groß ausgebaut wurde, wie es aus meiner Sicht wünschenswert ist. Daher werden wir als Bundeskurie angestellte Ärzte die 1450-Betreiber aller Bundesländer einladen, um ein österreichweit funktionierendes System mit Nutzung aller Daten und flächendeckenden Angeboten – bis hin zur ärztlichen Videokonsultation – strategisch auf die Beine zu stellen.
Meine Vision ist eine Patientenlenkung, die beiden Seiten sofort hilft: Zum einen dem Patienten, der zur bestmöglichen ärztlichen Betreuung gelenkt wird, und zum anderen den Spitälern, zu deren Entlastung dieser Prozess massiv beitragen wird. Dafür brauchen wir den Schulterschluss aller Dienstleister im Gesundheitssystem. Ergreifen wir diese Chance und setzen die verbindliche Patientenlenkung in unserem Land gemeinsam um – am besten gleich heute.
Dr. Harald Mayer
2. Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2024