„Monatelange Wartezeiten auf Operationen, überfüllte Ambulanzen, Spitalspersonal am Limit – die Politik kann und darf all das den Menschen in diesem Land nicht mehr länger zumuten.“ Wissen Sie, wann ich das in diesem Wortlaut in einer Presseaussendung der Österreichischen Ärztekammer gefordert habe? Vor fast genau einem Jahr. Geschehen ist nichts. Die Politik betreibt nach wie vor Vogel-Strauß-Politik, wenn es um die Anliegen der Ärztinnen und Ärzte in unseren Spitälern und damit auch um die Qualität unserer Gesundheitsversorgung geht.
Die Wartezeiten auf OPs schnellen quer durch alle Fachgruppen in die Höhe. Kinder warten zum Beispiel monatelang auf wichtige HNO-Operationen. Dabei steht fest, dass länger bestehende Hörstörungen zu Verzögerungen bei der frühkindlichen Sprachentwicklung und bei der Regelschulreife führen können. Die Krankenhausbetreiber müssen ihrem Versorgungsauftrag entsprechend Ressourcen bereitstellen – und damit auch mehr Personal. Was die Politik aber in den vergangenen Jahren gemacht hat, nennt sich Sparkurs. Und zwar auf Kosten der überbelasteten Ärzte, weil offene Dienstposten unbesetzt geblieben sind und schon gar keine neuen Stellen geschaffen wurden, und folglich auch auf Kosten der Patienten.
Gleichzeitig werden Spitalsärzte durch bürokratische und administrative Aufgaben in ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich Arzt zu sein, massiv blockiert. Das hat auch die Ausbildungsevaluierung 2024 bestätigt: über 76 Prozent der Befragten fühlen sich in ihrer Ausbildung, aber auch in der Arbeit am Patienten durch Bürokratie behindert – wie sie auch auf Seite 9 im Detail nachlesen können.
So wird der akute Ärztemangel sicher nicht erfolgreich bekämpft. Gerade bei mangelnden Ressourcen braucht es einen sinnvollen Einsatz der vorhandenen Ärzte. Was auch noch immer nicht umgesetzt ist – wozu es aber zumindest ein politisches Bekenntnis gibt – ist eine strikte Patientenlenkung nach dem Motto „digital vor ambulant vor stationär“. Ich habe an dieser Stelle bereits mehrfach betont, dass ich mir als ersten Anlaufpunkt die Gesundheitshotline 1450 gut vorstellen kann. Dass es endlich flexiblere Arbeitszeiten im Spital geben muss, ist auch nicht neu. Zu diesem Thema möchte ich Sie zu unserer Enquete „Teilzeit im Spital – ein notwendiger Trend?“ am 12. November in Graz (16:30 Uhr, auch im Online-Live-Stream) einladen.
Und die neue Gesundheitsministerin oder den neuen Gesundheitsminister, die es hoffentlich bald zu küren gilt, möchte ich dazu einladen, sich dringend der oben genannten Punkte anzunehmen und diese gemeinsam mit der Österreichischen Ärztekammer abzuarbeiten. Wir sind dafür bereit! Es gibt wirklich viel zu tun.
Dr. Harald Mayer
2. Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2024