Standpunkt Edgar Wutscher: Keine Worthülsen mehr

10.09.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Wer die ÖÄZ-Sonderausgabe zur Nationalratswahl gelesen hat, dem ist ein „Kuriosum“ vielleicht aufgefallen: Alle fünf Parlamentsparteien sind in einer Frage völlig einer Meinung – und zwar beim einheitlichen Leistungskatalog. Es sei nicht einzusehen, warum es in einem Bundesland andere Leistungen als im anderen geben soll, heißt es fast wortgleich. Diese Einigkeit mag schön zu lesen sein, aber in der Realität zeigt sich ein anderes Bild: Viel hat die Politik nicht unternommen, um den einheitlichen Leistungskatalog auf Schiene zu bekommen.

Die Bundeskurie niedergelassene Ärzte hat den von der Politik geforderten einheitlichen Leistungskatalog vor über drei Jahren fertiggestellt und der ÖGK präsentiert. Von der Kasse gab es keine seriöse Reaktion darauf. Von der Politik gab es keinen Druck auf die Kasse, endlich mit uns in ernsthafte Gespräche über die Umsetzung einzutreten. Der einheitliche Leistungskatalog wird nicht einfach vom Himmel fallen, daran werden wir die Parteien weiter erinnern – und auch daran, dass es mit den 300 Millionen Euro aus dem Finanzausgleich sicher nicht getan ist. Denn bislang merken wir von diesem Geld nichts – keine einzige Leistung wurde dadurch neu geschaffen. Die Millionen drohen wie viele andere davor (Stichwort: „Patientenmilliarde“) im ÖGK-Defizit zu versickern.

Generell erwarte ich von der Gesundheitskasse, dass sie endlich ihrem Auftrag nachkommt – das ist die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend Kassenärzten. Ärztekammer und Bundeskurie unterbreiten laufend Vorschläge zur Attraktivierung von Kassenstellen und laden zu gemeinsamer Konzeptarbeit ein. Aber auch hier: Keine seriöse Reaktion der Kasse.

Unsere Forderungen liegen auf dem Tisch: Wir wollen eine Verbesserung der niedergelassenen Versorgung mit einem Mix aus Einzelpraxen, Gruppenpraxen und PVE. Wir wollen verbesserte Arbeitsbedingungen mit flexibleren Kassenverträgen, mit Jobsharing, mit Teilzeitstellen, mit Aufwertung der Gesprächsmedizin. Das ist modernes Arbeiten, wie es Ärztinnen und Ärzte heute zurecht einfordern. Wer das blockiert, braucht sich nicht über den Zulauf in den Wahlarztbereich beschweren. Vom aktuellen ÖGK-Obmann gab es bislang aber außer diesen Beschwerden nur inhaltsleere Phrasen.

Noch können wir gemeinsam Gegenmaßnahmen einleiten. Aber dazu brauchen wir endlich seriöse und ehrliche Gespräche – keine Worthülsen

Dr. Edgar Wutscher
3.Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.9.2024