Recht: Interview Klara Doppler und Tamina-Laetitia Vielgrader: Gesetz auf dem Prüfstand

24.10.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Das Institut für Ethik und Recht in der Medizin führt gemeinsam mit dem Forum Autonomie am Lebensende, welches von Gerhard Aigner als wissenschaftlichem Mitarbeiter ins Leben gerufen wurde, seit November 2023 eine Studie zur „Multiperspektivischen Evaluierung des Sterbeverfügungsgesetzes“ durch. Im ÖÄZ-Interview sprechen die Studienleiterinnen Klara Doppler und Tamina-Laetitia Vielgrader unter anderem über die Ziele und die ärztliche Perspektive.

Sie leiten eine Studie zur Umsetzung des Sterbeverfügungsgesetzes (StVfG) in Österreich. Was ist das Ziel dieser Forschung? Ziel der Studie unter der Leitung von Maria Kletečka-Pulker ist es, das neue Gesetz nicht nur aus rechtswissenschaftlicher Perspektive zu evaluieren, sondern auch aus ethischer und sozialwissenschaftlicher Sicht zu analysieren. Unser Hauptziel ist es, offene Fragestellungen rund um die praktische Umsetzung des StVfG in Österreich zu sammeln, zu analysieren und zu bearbeiten. Dabei wollen wir nicht nur herausfinden, wo es in der Praxis noch Unsicherheiten gibt, sondern auch aufzeigen, welchen zusätzlichen Handlungs- und Aufklärungsbedarf es sowohl auf der praktischen als auch auf der legislativen Ebene gibt. Weitere Studieninhalte sind eine Bevölkerungsbefragung und quantitative Analyse relevanter Daten, Interviews mit medizinischem Personal sowie eine umfassende ethische Analyse.

Wie werden die Ergebnisse der Studie aufbereitet und veröffentlicht? Die Ergebnisse unserer Forschung werden in einem umfassenden Bericht zusammengefasst. Zudem planen wir Teilpublikationen in wissenschaftlichen Fachmedien, um die Forschungsergebnisse und konkrete Lösungsvorschläge mit einem breiteren Fachpublikum zu teilen. Es ist uns wichtig, dass diese Vorschläge sowohl die Praxis als auch die Gesetzgebung verbessern.

Wer wird von diesen Ergebnissen am meisten profitieren? Die Erkenntnisse unserer Studie sollen vor allem jenen Personen zugutekommen, deren beruflicher Alltag vom StVfG betroffen ist, wie auch sterbewilligen Personen und deren Angehörigen. Zu den Berufsgruppen zählen beispielsweise Ärzte, Pflegepersonal, Psychologen und Juristen. Um diese Personen bestmöglich zu erreichen, planen wir die Ergebnisse nicht nur schriftlich zu veröffentlichen, sondern sie auch im Rahmen von Workshops und Schulungen an verschiedene Zielgruppen weiterzugeben. Des Weiteren soll die umfassende Evaluierung des Gesetzes den zuständigen Stakeholdern und dem Gesetzgeber als Information und mögliche Handlungsanleitung dienen.

Gibt es bereits Pläne, wie und wann die Ergebnisse vorgestellt werden? Ja, wir haben mehrere Präsentationen der Ergebnisse vorgesehen. Bereits im dritten Quartal 2025 planen wir eine Vorstellung der Zwischenergebnisse im Rahmen eines Round Tables. Die endgültigen Ergebnisse werden wir voraussichtlich im vierten Quartal 2026 im Rahmen einer Abschlusstagung präsentieren. Wir möchten damit sicherstellen, dass alle Beteiligten die Möglichkeit haben, sich intensiv mit den Ergebnissen auseinanderzusetzen und von ihnen zu profitieren.

Inwiefern spielt die Perspektive von Ärzten in dieser Studie eine Rolle? In unserer Studie haben wir eines unserer Hauptaugenmerke auf Ärzte, Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen gerichtet. Uns ist es ein Bedürfnis, nicht nur eine österreichweite Befragung durchzuführen, um einen repräsentativen Überblick zur Einstellung der Ärzteschaft zum Sterbeverfügungsgesetz zu erhalten. Demnach wird nicht nur eine Forschung in Form eines Online-Fragebogens realisiert, vielmehr werden auch qualitative, semi-strukturierte Interviews mit Ärzten, Psychologen und Psychotherapeuten durchgeführt. In Zusammenarbeit mit den Landesärztekammern Österreichs konnte der Versand der Fragebögen erfolgreich realisiert werden, und wir haben bereits rund 300 ausgefüllte Fragebögen zurückerhalten. Die Rekrutierung der Interviewpartner erfolgt über den Online-Fragebogen, wobei wir bereits über 50 Interessenten für ein Interview gewinnen konnten. Unser Dank gilt nicht nur den beteiligten Ärzten, sondern auch der ausgezeichneten Kooperation mit den Ärztekammern.


Zu den Personen

Klara Doppler (rechtswissenschaftliche Universitätsassistentin) erarbeitet im Zuge der Studie einen internationalen Rechtsvergleich und führt Experteninterviews mit sämtlichen vom Gesetz betroffenen Berufsgruppen.

Tamina-Laetitia Vielgrader (sozialwissenschaftliche Universitätsassistentin) führt sowohl eine österreichweite Online-Befragung mit Ärzten, Leitern von Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen durch. Überdies führt sie Interviews mit sterbewilligen Personen und deren Angehörigen.


© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2024