Neue Aufgaben der ÖQMED: Was den Qualitätsprozess in Gang setzt

15.12.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Seit Jahresbeginn gilt die neue Qualitätssicherungsverordnung. Im Interview mit Sascha Bunda beschreiben Artur Wechselberger, Referent für Qualitätssicherung & Qualitätsmanagement der Österreichischen Ärztekammer, und Karin Eglau, Geschäftsbereichsleitung des Bundesinstituts für Qualität im Gesundheitswesen (BIQG), die Auswirkungen auf die niedergelassene Ärzteschaft.

Was hat sich konkret für die niedergelassenen Ärzte geändert? Wechselberger: Für den niedergelassenen Arzt als einzelner Praxisbetreiber oder auch als Betreiber einer Gruppenpraxis ändert sich nichts. Die Kriterien, die zu evaluieren sind, sind dieselben geblieben. Der Prozess ist derselbe geblieben. Das Einzige, das sich ändert, ist letztendlich, dass das Zertifikat am Ende nicht mehr ein Zertifikat der Ärztekammer und der Österreichischen Gesellschaft für Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Medizin (ÖQMED) ist, sondern ein Zertifikat der neuen Zertifizierungsstelle im Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen ist. Auch wenn ein Arzt in die Stichprobe fällt, ändert sich nur die Bezeichnung des Kollegen, der ihn in der Praxis aufsucht, um das eingereichte Evaluationsergebnis zu verifizieren. Und da ist es bei vielen auch nur der Name. Früher waren es Qualitätssicherungsbeauftragte, heute heißen sie Peers, um zu demonstrieren, dass es eben Kollegen mit Erfahrung im Qualitätsmanagement sind, die auf Augenhöhe mit den Betroffenen die Evaluationsbögen durchgehen und bei etwaiger Mängelbehebung helfen.

Eglau: Eine kleine Änderung gibt es bei den Überprüfungen. Spezifische Überprüfungen, nach Beschwerden, wurden früher von der ÖQMED gemeinsam mit der Patientenanwaltschaft und den Institutionen, die gemäß Qualitätssicherungsverordnung vorgesehen sind, durchgeführt. Jetzt besuchen Kolleginnen und Kollegen des BIQG gemeinsam mit der ÖQMED und den gesetzlich vorgesehenen Institutionen die Ordinationen. Uns ist besonders wichtig, die Patientenanwaltschaft an Board zu haben, um in gewisser Weise die Patientensichtweise abzubilden. Aber wir bemühen uns, auch spezifische Überprüfungen immer auf Augenhöhe durchzuführen. Was uns besonders freut, ist natürlich, dass die ÖQMED uns ihre langjährige Expertise zur Verfügung stellt, denn es ist für alle Beteiligten wichtig, dass der Übergang fließend ist. Das ist ein Zeichen, wie gut wir zusammenarbeiten.

Wie sind Sie generell an diesen Prozess herangegangen? Eglau: Dem Ganzen sind fast drei Jahre Verhandlungen zwischen Bund, Bundesländern, Sozialversicherung und Ärztekammer zum Thema Qualitätssicherung im niedergelassenen ärztlichen Bereich vorangegangen. Und wie Verhandlungen so sind, war es nicht immer ganz einfach. Ich war damals dabei, nämlich als Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats der ÖQMED. Diese Verbindung war besonders wertvoll im Aufbau der Prozessgestaltung. Wir haben da Stunden verbracht, auch, um Überzeugungsarbeit zu leisten, dass wir das System gemeinsam nutzen. Diese gemeinsame Nutzung des Systems ist genau das, warum die niedergelassenen Kollegen keine Änderung merken: Sie nutzen das bekannte System für die Selbstevaluierung, die Bögen und der Zugang bleiben gleich.

Wie beschreiben Sie die Zusammenarbeit zwischen ÖQMED und dem BIQG heute im Echtbetrieb? Wechselberger: Diese Zusammenarbeit hat wie erwähnt vorher schon im wissenschaftlichen Beirat der ÖQMED bestanden. Das hat sehr geholfen und für uns war es ein sehr angenehmes Wissen, dass bei der Umsetzung der neuen gesetzlichen Lage auch auf die Mitarbeiter aus dem Bundesinstitut gehört wurde, die aus erster Hand schildern konnten, dass der Prozess bereits jetzt sehr gut aufgesetzt ist, dass im wissenschaftlichen Beirat der ÖQMED großes Interesse an objektiver Qualitätsarbeit besteht und dass die ÖQMED ein um Objektivität und Sacharbeit bemühtes Qualitätsinstitut ist, das wohl im Eigentum der Österreichischen Ärztekammer steht, aber sich möglichst aus standespolitischen Einflüssen heraushält. Deshalb war es auch natürlich in unserem Interesse, dass sich von der Grundsystematik für die Ärzte nichts ändert.

Eglau: In so einem geteilten Prozess ist es wichtig, dass man sich aufeinander verlassen kann. Es ist unglaublich wertvoll, die Expertise der ÖQMED zu haben. Denn als wir mit 1.1.2024 übernommen haben, gab es noch keine Qualitätssicherungsverordnung zum Ärztegesetz. Das heißt, wir haben ohne echtes Netz gearbeitet und im Jänner wurden von der ÖQMED schon die ersten spezifischen Überprüfungen nach Beschwerden an uns weitergeleitet. Da haben sich natürlich Fragen nach der gesetzlichen Grundlage unserer Prüfung gestellt, die wir mit dem Ministerium geklärt haben. Es war unglaublich wertvoll, jemanden an der Seite zu haben, der mit Erfahrung in diese Vorortbesuche hineingeht.

Welche Rückmeldungen haben Sie bislang aus der niedergelassenen Ärzteschaft erhalten? Wechselberger: Ich kann mich an keine negative Rückmeldung erinnern. Auch aus der ÖQMED werden keine Veränderungen im negativen Sinne aufgrund des Wechsels berichtet, sondern im Gegenteil bisher ausschließlich Gutes.

Eglau: Wir hatten am Anfang ein wenig Sorge wegen der Peers, die jetzt mit uns einen neuen Ansprechpartner haben. Wir wussten nicht, ob wir die erfahrenen Peers mit an Bord holen können oder ob sie abspringen. Da haben wir wirklich positive Erfahrungen gemacht, weil wir sogar neue Peers gewinnen konnten. Eines der ersten Mails, das wir bekommen haben, war ein Schreiben, in dem sich jemand als Peer zur Verfügung gestellt hat. Das hat uns persönlich natürlich sehr gefreut.

Welche Weiterentwicklungsschritte sehen Sie für diese Zusammenarbeit? Wechselberger: Es ist der große Fortschritt der neuen Gesetzeslage, dass die Qualitätsüberprüfungen oder Evaluationen zukünftig auch auf alle anderen Gesundheitsberufe im extramuralen Bereich ausgedehnt werden. Schließlich soll ja nicht nur Interesse daran bestehen, dass die Ärzteschaft, überprüfte Qualität anbietet, sondern es soll auch der Notwendigkeit Rechnung getragen werden, dass das im gesamten niedergelassenen Versorgungsbereich geschieht. – Das bilden jetzt auch die neuen Gesetzesbestimmungen ab.

Eglau: Nachdem wir diese Aufgabe erst vor relativ kurzer Zeit übernommen haben, möchten wir uns 2025 so weit konsolidieren, dass wir die durch die recht späte Erlassung der Qualitätssicherungsverordnung ausständigen Stichproben aufgearbeitet haben. Wir müssen jetzt hineinwachsen in das Ganze und das auch gemeinsam reflektieren. Und dann werden wir Ideen sammeln, wie wir die Qualitätskriterien der nächsten Qualitätssicherungsverordnung anpassen können. Ziel ist, wie erwähnt, dieses Qualitätssicherungssystem auch auf andere selbstständig tätige Gesundheitsberufe im niedergelassenen Bereich auszuweiten. Auch das wird ein langfristiger Prozess, den man frühzeitig beginnen muss, weil es erfahrungsgemäß auch immer Diskussionsbedarf gibt. Also wird uns sicher die nächsten Jahre nicht langweilig sein.

Bei der Ausdehnung auf andere Berufsgruppen bleibt die Systematik also gleich? Eglau: Ich glaube, dass das System einer Selbstevaluierung mit Stichprobenüberprüfung ein gutes Mittel ist, Qualität zu überprüfen. Das zeigt sich auch im internationalen Kontext. Auch dort läuft das ähnlich. In der idealen Welt würde natürlich jede Ordination mit einer Selbstevaluierung und einem nachfolgenden Audit überprüft werden. In realiter ist das mit 20.000 Ordinationen schlicht und ergreifend nicht machbar. Auch bei den anderen Gesundheitsberufen handelt es sich um eine große Anzahl an Stellen. Daher gehen wir davon aus, dass auch dort eine Stichprobenüberprüfung Sinn macht.

Wechselberger: Ich unterstreiche das voll und ganz. Man darf nie vergessen und man sollte es all denen, die gerne kontrollieren, ins Stammbuch schreiben, dass alleine schon die ernsthafte Beschäftigung mit Qualitätsfragen zu einer Qualitätsverbesserung führt. Natürlich muss man formalisieren und Standards vorgeben, aber letztendlich geht es darum, zu helfen und zu beraten, auf die Möglichkeiten und Notwendigkeiten hinzuweisen, um die Qualität einer Einrichtung oder einer Leistungserbringung zu verbessern. Die Überprüfung ist ja dann nur noch das Pünktchen drauf, aber das Grundsätzliche ist die Beschäftigung mit dem Thema Qualität und den Vorgaben aus dem Evaluierungsfragebogen. Denn Qualität ist das Maß der Erfüllung von Erwartungen, von Anforderungen. Das sind etwa die Erwartungen des Gesetzgebers, der Sozialversicherung, der Bevölkerung an die Leistungserbringung auf Basis medizinisch wissenschaftlicher Erfordernisse. Das setzt den Qualitätsprozess in Gang und das ist das Wesentliche.

INFO
Alle Infos rund um die Qualitätssicherung finden Sie unter www.qsp.gv.at oder www.oeqmed.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2024