Impfen: Lücken schließen

10.05.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Steigende Fälle bei Masern- und Keuchhustenerkrankungen zeigen deutliche Impflücken auf. Die Österreichische Ärztekammer plädiert für einen Ausbau des öffentlichen Impfprogramms und einer stärkeren Berücksichtigung der einzelnen Personengruppen.

Sophie Niedenzu

Grundsätzlich müsse der Impfpass, besonders im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen, geprüft werden, betont Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. Einmal mehr verweist er auf Umfrageergebnisse, wonach die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung befürworten, dass Impfungen ausschließlich von vollumfänglich ausgebildetem medizinischem Personal, insbesondere von Ärzten, durchgeführt werden. Die Bevölkerung in Österreich verfüge durch die niedergelassene Ärzteschaft übereinen gut ausgebauten, niederschwelligen Zugang zu Impfungen. „Warum sollte man sich also mit weniger als dem Goldstandard, also dem Impfen bei den niedergelassenen Ärzten zufriedengeben?“, fragt Steinhart, der auch zu bedenken gibt, dass gerade jetzt das Vertrauen in die Impfungen gestärkt werden müsse – durch höchstmögliche Qualität und Aufklärung durch Ärztinnen und Ärzte: „Die Rahmenbedingungen für Impfungen in den Ordinationen sollen weiter verbessert werden“, sagt er.

Alle Personengruppen inkludieren

Vorrangiges Ziel müsse derzeit sein, die bestehenden Impflücken zu schließen, betont Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferats der Österreichischen Ärztekammer: „Leider sind wir gerade bei den Masernimpfungen weit abgeschlagen, ebenso sollten Keuchhustenfälle, wie wir sie zuletzt – gerade bei Säuglingen und Kleinkindern – erlebt haben, nicht so gehäuft auftreten“, hält er fest. Abseits der vorhandenen Impflücken, die zu schließen seien, sei das vorhanden Kinderimpfprogramm in Österreich grundsätzlich sehr gut aufgestellt. Mit Ende der Begleitung der Kinder durch den Mutter-Kind-Pass würden sich dann jedoch Defizite auftun: „Leider werden Erwachsene im Impfprogramm zu wenig berücksichtigt“, betont Schmitzberger. Grundsätzlich müsse jede Impfung, die im österreichischen Impfplan empfohlen werde, kostenfrei zugänglich sein. Als Beispiel nennt der Impfexperte die Auffrischungsimpfungen der Vierfachimpfung Diphtherie-Tetanus-Pertussis-Polio sowie die Pneumokokken: „Die Impflücke zwischen dem kostenlosen Kinderimpfprogramm und den Erwachsenenimpfungen sollte dringend geschlossen werden“, plädiert er für einen kostenfreien Zugang zu den Schutzimpfungen für alle Altersgruppen. In einem weiteren Schritt sollten auch die Impfungen gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) und die Impfung gegen Herpes Zoster kostenfrei verfügbar werden. Denn gerade die ältere Generation sei oft mit kostenpflichtigen Impfungen konfrontiert: „Ein bundesweites Impfprogramm sollte alle Altersgruppen einschließen und die finanziellen Hürden, gerade mit einem Blick auf die Senioren, schließen“, appelliert Schmitzberger an die Politik.

Kostenfreie Impfstoffe in Ordinationen

Eine weitere Personengruppe, die zu wenig berücksichtigt werde, seien Schwangere: „Gerade hier ist es wichtig, über die empfohlenen Impfungen in der Schwangerschaft, um dem Neugeborenen eine passive Immunität weitergeben zu können, aufzuklären“, betont Schmitzberger. Auch hier sollten die Impfungen – wie etwa die Pertussis-Impfung, die als Kombinationsauffrischung im letzten Trimenon der Schwangerschaft empfohlen wird – kostenfrei verfügbar sein. Wenn Ärzte die Impfungen in der Ordination lagernd haben, dann wäre das Angebot niederschwellig und serviceorientiert: „Das kann sich ein reiches Land wie Österreich doch bitte leisten: kostenfreie Impfstoffe – ohne Selbstbehalte, direkt in den Ordinationen verfügbar und sofort verimpft – das wäre das Ziel, um die Vorsorge zu stärken und Durchimpfungsquoten zu erhöhen“, ist Schmitzberger überzeugt.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2024