EU-Wahl: Europäische Dimensionen

24.05.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Die Gesundheitspolitik in Österreich ist auch abhängig von europäischen Lösungen. Die Österreichische Ärztekammer hat daher den Spitzenkandidaten der fünf im österreichischen Parlament vertretenen Parteien einen Fragebogen zu den EU-weiten gesundheitspolitischen Visionen geschickt.

Sascha Bunda, Sophie Niedenzu

Am 9. Juni ist es in Österreich soweit: Das EU-Parlament wird gewählt. Auch für die Gesundheitspolitik ist diese Wahl richtungsentscheidend. So haben die Erfahrungen der vergangenen Jahre mit Engpässen in der Medikamentenversorgung bzw. auch die Verteilung von Impfstoffen deutlich gezeigt: Für manche Bereiche ist eine EU-weite Lösung wesentlich, um die nationale Patientenversorgung zu gewährleisten. Ebenso machen aktuelle Entwicklungen wie die Konzernisierung in der Gesundheit nicht vor nationalen Grenzen halt, zudem ist der Wettbewerb um das medizinische Personal innerhalb der EU-Länder ein aktuelles Thema. Welche EU-weiten Maßnahmen wären sinnvoll, um die Versorgung in Europa sicherzustellen? Welche Lösungen sind zu überlegen, um die Personalknappheit und die gegenseitige Konkurrenzsituation EU-weit zu lösen? Welche Visionen gibt es für mehr europäische Zusammenarbeit in Bezug auf die Gesundheitspolitik?

Die Österreichische Ärztekammer hat aus diesem Grund den fünf Parlamentsparteien einen Fragebogen zugeschickt, um ihre Positionen zu den gesundheitspolitischen Themen aufzuzeigen. Angeschrieben wurden die jeweiligen Spitzenkandidaten: Reinhold Lopatka (ÖVP), Andreas Schieder (SPÖ), Harald Vilimsky (FPÖ), Lena Schilling (Grüne) und Helmut Brandstätter.

Halten Sie eine stärkere Kooperation der Mitgliedstaaten in Fragen der Gesundheitsversorgung innerhalb der EU für wünschenswert? Wenn ja, in welchen Bereichen und mit welchem Ziel?

ÖVP: Wir sind gegen die Vergemeinschaftung des Gesundheitsbereichs und dabei soll es bleiben. Eine intensivere Zusammenarbeit braucht es jedoch in der Forschung und Innovation, um diese voranzutreiben. Die Union muss Maßnahmen schaffen, damit die bestehende Produktion im Arzneimittelbereich in Europa bleibt.

SPÖ: Siehe Frage 2.

FPÖ: Zentrale Datenspeicherung werfen Bedenken hinsichtlich des Missbrauchs von Gesundheitsdaten und des unbefugten Zugriffs auf sensible Informationen auf.
Die Umsetzung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums könnte erhebliche technologische Herausforderungen mit sich bringen, insbesondere in Bezug auf die Integration unterschiedlicher Gesundheitssysteme und die Sicherung der Datenübertragung.

DIE GRÜNEN:
Ja. Wir sprechen nicht umsonst auch von einer Gesundheitsunion. Da geht es etwa um die Medikamentenversorgung, um das Zurückholen der Medikamentenproduktion nach Europa sowie um eine europäische Strategie um dringend benötigte Fachkräfte anzuwerben. Das Ziel muss sein, dass Europa gut für neue Herausforderungen gerüstet ist und stets eine Gesundheitsversorgung nach dem neuesten Stand der Forschung für seine Einwohner anbieten kann.

NEOS: Ja. Bemühungen zur Sicherung der Sozialsysteme, zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels und das Lernen von den besten Ansätzen sind mehr als begrüßenswert. Wir unterstützen auch die Bemühungen des EHDS, weil es für Patienten sehr viel einfacher werden sollte, Zugang zu ihren Gesundheitsdaten zu bekommen.

Wie können künftig Versorgungsengpässe bei Medikamenten und Impfstoffen innerhalb der EU vermieden werden? Wie soll in Zukunft die ausreichende Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen in Österreich sichergestellt werden? Welche Maßnahmen auf europäischer Ebene sind dafür erforderlich?

ÖVP: Wir wollen Anreize schaffen, um im Bereich der Medikamente Österreich zur Apotheke Europas zu machen. Die Forschung und Medikamentenproduktion soll in Österreich und Europa forciert werden. Auf EU-Ebene braucht es den Abbau von Abhängigkeiten bei Pharma-und Medizinprodukten insbesondere von Fernost.
Wir wollen künftig, dass sich Europa weitgehend selbst mit Medikamenten und weiteren medizinischen Produkten versorgen kann. Dazu zählt die Beibehaltung der aktuellen Regelungen im Patentschutz, um sicherzustellen, dass Europa als Standort für Innovation im medizinischen Bereich attraktiv bleibt.
Es braucht nationale Reserven und eine EU-weite Koordination in der Produktion und Beschaffung von Impfstoffen. Die Beibehaltung der aktuellen Regelungen im Patentschutz muss sichergestellt werden, damit die innovative Medikamentenproduktion in Europa erhalten bleibt.

SPÖ: Die heimische Arzneimittelproduktion soll geschützt werden. Sollen heimische Unternehmen, die Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln, Impfstoffen und Medizinprodukten betreiben, gekauft werden, muss wieder eine Genehmigungspflicht ab einem Anteil von 10 Prozent (statt ab 2024: 25 Prozent) eingeführt werden.
Zudem soll die Produktion zurück nach Europa geholt werden, unter anderem mit Hilfe einer Forschungs- und Produktionsprämie in Höhe von 30 Prozent. Auflagen für Unternehmen sind dabei u.a. langfristige Beschäftigungsgarantien. Das Unternehmen verpflichtet sich, einen Teil der neu geschaffenen Produktionskapazitäten für die Verwendung in Österreich zu reservieren.
Eine weitere Maßnahme ist das Füllen von Krisenlager mit definierten Medikamenten und strengen Auflagen für Hersteller, Großhandel und Apotheken. Für Notfälle soll die öffentliche Hand – also das Gesundheitsministerium – für die Lagerung von Medikamenten und Medizinprodukten sorgen.

FPÖ: Es sollten wieder mehr Medikamente in Europa hergestellt werden. Kurzfristig muss das, was noch vorhanden ist, bestmöglich und möglichst unbürokratisch verteilt werden. Dazu bedarf es der gegenseitigen Hilfe bzw. des ausgleichenden Handels in Europa, damit „dislozierte“ Arzneimittelbestände dorthin gelangen, wo sie am dringendsten benötigt werden.
Langfristig brauchen wir wieder mehr Produktion von systemrelevanten Arzneimitteln (inklusive deren Rohstoffe) in Europa. Dazu müssen aber teilweise neue Anlagen errichtet werden, kombiniert mit einem finanziellen Anreiz/Ausgleich. Die österreichischen Medikamentenpreise und -spannen müssen evaluiert, der Höchstpreis bei versorgungsrelevanten Lieferengpässen aufgehoben und die österreichische bzw. europäische Arzneimittelproduktion durch ein Preis-Anreizsystem angekurbelt werden, indem hohe europäische/österreichische Fertigungstiefe bei Arzneimitteln auch finanziell belohnt und dadurch Investitionsanreize für eine europäische Produktion gesetzt werden.

DIE GRÜNEN: Einerseits muss ein Binnenmarkt für Arzneimittel und ein attraktives Umfeld für Forschung, Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln in Europa geschaffen werden. Andererseits braucht es kürzere Zulassungszeiten für Arzneimittel und eine Stärkung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln, was auch zu einer Verbesserung der Versorgungssicherheit in Europa sorgen würde. Darüber hinaus braucht es aus unserer Sicht auch Solidaritätsregelungen innerhalb Europas und darüber hinaus Verpflichtungen auch für Pharmaunternehmen.
Dazu braucht es eine Einführung neuer Anforderungen an die Überwachung von Arzneimittelengpässen, eine frühe Meldung von Engpässen sowie eine Entwicklung von Engpasspräventionsplänen. Darüber hinaus wollen wir, dass eine EU-weite Liste kritischer Arzneimittel erstellt und Schwachstellen in der Lieferkette identifiziert werden. Zudem setzen wir uns dafür ein, dass Medikamente wieder vermehrt direkt in Europa produziert werden.

NEOS: Für jeden Engpass braucht es die genaue Analyse der Ursache. Grippeimpfstoff war knapp, weil zu wenig eingekauft wurde. Das lässt sich durch eine bessere Beschaffung beheben. Bei Produktionsschwierigkeiten oder Wirkstoffmangel gibt es weniger nationalen Handlungsspielraum. Bei Engpässen, die auf Personalmangel zurückzuführen sind, müssen Produktionsbedingungen in Österreich und der gesamten EU attraktiver werden.
Gemeinsame Beschaffung und mehr Zusammenarbeit unter den EU-Staaten haben in der Pandemie geholfen und der Erhalt dieser Option ist zu begrüßen. Auch ein besserer Überblick, wo welche Medikamente verfügbar sind und wie die Zusammenarbeit über Staats.

Welche EU-weiten Maßnahmen könnten dem aktuellen Mangel bei Pflegekräften entgegenwirken und dazu beitragen, dass es nicht zu einer verstärkten gegenseitigen Abwerbung durch andere Länder von Pflegekräften kommt?

ÖVP: Ziel ist es, Verwaltungsvorschriften für Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen zu vereinfachen. Es scheitert oft nicht am generellen Rahmen, sondern an der Umsetzung im Einzelfall. Ein EU-weites Pflegekräftescouting, wie wir das in unserem Österreichplan fordern, wäre eine Lösung hierfür. Auch die Umsetzung von Punkten der European Care Strategy kann hier eine Rolle spielen.
Es braucht Anreize für Pflegekräfte, im eigenen Land zu bleiben. Dazu zählen eine bessere Bezahlung oder verschiedene sozialpolitische Maßnahmen, die in den Ländern gesetzt werden. In Österreich haben wir beispielsweise die Gehälter erhöht und die Ausbildung attraktiviert.

SPÖ: Die Abwerbung von Fachkräften und hier insbesondere von Pflegekräften kann vor allem durch ausreichend Personal verhindert werden. Es ist daher erforderlich, europaweit Ausbildungsoffensiven zu starten. Fördermöglichkeiten und insbesondere kostenfreie Ausbildungen sowie Durchlässigkeit zwischen den Gesundheitsberufen sollten daher innerhalb der EU einheitlich erfolgen. Des Weiteren müssen die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte verbessert werden.

FPÖ: Überlastung, zu geringe Bezahlung und Personalnot in der Pflege sind evident. Wichtig für die Pflegereform ist die Entlohnung bereits in der Ausbildung, ebenso ist ein höheres Gehalt in der Berufspraxis überfällig. Die FPÖ fordert die Schaffung attraktiverer Arbeitsbedingungen, einschließlich angemessener Entlohnung, verbesserten Arbeitszeiten, Unterstützung bei der Bewältigung der Arbeitsbelastung und einen Ausbau der Ausbildungsmöglichkeiten für Pflegekräfte durch eine Ausbildungsoffensive. Überstundenleistungen dürfen in keiner Branche durch die Lohnsteuer gemindert werden, und die Möglichkeit zur Auszahlung von Überstunden muss gesetzlich verankert sein.

DIE GRÜNEN: Dafür braucht es ein koordiniertes Vorgehen, eine enge Kooperation und ebenso eine Unterstützung kleiner Staaten durch große. Darüber hinaus wollen wir den „EU Talent Pool“ Skills-Matching-Mechanismus zur Anwerbung von Fachkräften ausbauen. Dieser ermöglicht eine bessere Abstimmung zwischen Arbeitgebern in der EU und den von ihnen benötigten Fachkräften. Zu guter Letzt sind wir für erleichterte Nostrifikationen, also für eine erleichterte Anerkennung von im Ausland erworbenen Ausbildungsabschlüssen.

NEOS: Fast alle Länder haben einen Mangel an Pflegekräften. Es braucht daher zuerst Anpassungen bei der RWR-Karte, Kompetenz- und Berufsprofilen und der Struktur des Gesundheitssystems als wichtige nationale Maßnahmen. Es braucht auch eine Vertiefung des Binnenmarkts in Richtung einer fünften Freiheit für Bildung und Ausbildung.
Die Personenfreizügigkeit ist eine der größten Vorteile der EU. Sie wird, und sollte auch weiter, von Österreich konsequent als Hebel genutzt, um dringend nötige Fachkräfte nach Österreich zu holen und die Bedingungen in der Pflege zu verbessern.

Welche EU-weiten Maßnahmen könnten der aktuellen Knappheit an Ärzten in manchen Bereichen der Medizin entgegenwirken?

ÖVP: Es braucht für diese Knappheit eine Debatte und Maßnahmen auf europäischer Ebene, um langfristig sicherzustellen, dass in jedem Mitgliedstaat ausreichend Ausbildungsplätze für Ärzte zur Verfügung steht, damit der eigene Bedarf abgedeckt werden kann.

SPÖ: Der Ärztemangel im öffentlichen Gesundheitssystem wird sich – aufgrund einer Pensionierungswelle – weiter verschärfen. Die SPÖ hat vorgeschlagen, Bewerber bei der Vergabe der Medizinstudienplätze zu bevorzugen, die sich freiwillig verpflichten, dem öffentlichen Gesundheitssystem nach ihrem Studium zur Verfügung zu stehen. Darüber hinaus sollen die Mitgliedstaaten bessere Konditionen für Ärzte im öffentlichen Gesundheitswesen schaffen.

FPÖ: Verschiedene Maßnahmen sind hier anzudenken, etwa die Evaluierung des Personalbedarfs, die Einführung von finanziellen Anreizen wie Prämien und Überstundenvergütungen, um attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen und Ärzte in Mangelbereichen zu halten oder anzuziehen, ebenso die Entbürokratisierung. Anzudenken ist auch die Förderung der Weiterbeschäftigung älterer Ärzte, um deren Erfahrung und Fachwissen im Gesundheitssystem zu erhalten.

DIE GRÜNEN: Österreich hat eine im europäischen Vergleich hohe Ärztedichte. Es gibt aber zu wenige Ärzte mit Kassenverträgen, daher braucht es Anreize, damit mehr Ärzte für alle Patienten, unabhängig davon, welcher Kasse sie angehören, zur Verfügung stehen. Genau deswegen erhält die Sozialversicherung im Rahmen der Gesundheitsreform 300 Millionen Euro pro Jahr vom Bund für die Schaffung weiterer Kassenstellen und die Schaffung eines bundesweit einheitlichen Gesamtvertrags.

NEOS: Mit 5,5 Ärzten pro 1.000 Einwohner steht Österreich nicht nur in der EU, sondern der ganzen OECD an der Spitze der Ärztedichte. Der für alle belastende Ärztemangel in Österreich ist in den meisten Bereichen eine Frage der Verteilung – daran muss in Österreich gearbeitet werden. Die EU kann die oft hausgemachten Strukturprobleme des österreichischen Föderalismus nicht effektiv lösen.

Welche EU-weiten Maßnahmen können dazu beitragen, dass es nicht zu einer verstärkten gegenseitigen Abwerbung von Ärzten durch andere Länder kommt?

ÖVP: Grundsätzlich liegt es in der Aufgabe der einzelnen Mitgliedsstaaten, dafür zu sorgen, Anreize für den Verbleib ihrer ausgebildeten Ärzte zu schaffen. Koordinierungsmaßnahmen auf europäischer Ebene sollen dabei unterstützend wirken.

SPÖ: Alle Menschen in der EU sollen die europäischen Grundfreiheiten, wozu auch die Personenfreizügigkeit fällt, nutzen können. Darüber hinaus sollte die Europäische Kommission Vorschläge vorlegen, wie die Anwerbung von Arbeits- und Fachkräften für ganz Europa gelingen kann, um den Wettbewerb der Mitgliedsstaaten um Arbeits- und Fachkräfte in Bahnen zu lenken und um gemeinsame arbeits- und sozialrechtliche Standards für neu aufgenommene qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte zu erreichen.

FPÖ: Im Bereich Personal müssen die beruflichen Rahmenbedingungen geändert und die strukturellen Probleme gelöst werden. Dazu müsste für eine ordentliche Personalplanung der österreichische Strukturplan Gesundheit evaluiert werden, ebenso wie die regionalen Strukturpläne. Mittelfristig können bundesweit einheitliche Stipendien für Medizinstudenten eine Lösung sein, durch die sich junge Ärzte zur Annahme einer Kassen- oder Spitalsstelle verpflichten.

DIE GRÜNEN: Neben der Aufwertung des niedergelassenen Bereichs braucht es bessere Ausbildungskonzepte, die eine Fort- und Ausbildung und damit ein Verbleiben in Österreich nach dem Studium attraktiver machen. Außerdem sprechen wir uns für eine gemeinsame europäische Anwerbungsstrategie für Ärzte aus Drittstaaten aus. Zudem braucht es einen Kompetenzausbau der anderen Medizinberufe (DGKPs, MTDs etc.), so wie dies vor allem von jüngeren Medizinern aktiv eingefordert wird.

NEOS: Für Österreich wären zuallererst bessere Arbeitsbedingungen erstrebenswert. Denn durch die Übergangszeit der Arbeitszeitenrichtlinie und häufige Opt-Out-Verträge untergraben ja gerade österreichische Krankenhäuser EU-Vorgaben. Wir sind selbst in vielen Bundesländern auf Ärzte aus Nachbarländern angewiesen, Einschränkungen dürfen sich nicht zum Bumerang entwickeln.

Soll die Frage der Medizinstudienplätze EU-weit geregelt werden? Sollte jedes Land jährlich verpflichtend so viele Studienplätze anbieten müssen wie es Ärzte braucht?

ÖVP: Die Mitgliedsstaaten sollten ihre Bildungssysteme an die Bedürfnisse ihres Gesundheitswesens anpassen. Die Autonomie der Mitgliedstaaten muss jedoch respektiert werden. Deshalb fordern wir auch die Entkoppelung der Gestaltung des Hochschulzugangs von den Regelungen des Binnenmarkts.

SPÖ: Keine Antwort.

FPÖ: Es müssen die Rahmenbedingungen im Studium der
Humanmedizin, in der Fachausbildung sowie in der Karriereplanung so gestaltet werden, dass die österreichischen Studenten die besten Studienbedingungen haben und nach erfolgreicher Absolvierung auch im österreichischen Gesundheitssystem als Ärzte ihre Berufslaufbahn aufnehmen und fortsetzen. Dazu gehört aber auch eine Ausbildungsgarantie im öffentlichen Gesundheitssystem.

DIE GRÜNEN: Die Zahl der Medizinstudienplätze oder auch der Absolventen ist nicht das Problem. Die Problematik liegt vielmehr darin, dass ungefähr ein Drittel der Absolventen später nicht als Ärzte arbeiten. Man wird da in Zukunft über andere Arbeitszeitmodelle nachdenken müssen. Zum Beispiel gibt es in den nordischen Ländern Modelle, bei denen eine Stelle auf zwei 30-Stunden-Stellen geteilt wird. Ideen und mögliche Lösungen gibt es da also sehr viele, die Zahl der Studienplätze ist aber aus unserer Sicht nicht der richtige Anknüpfungspunkt.

NEOS: Österreich bildet seit Jahren immer mehr und mehr Ärzte aus. Die Anzahl der Studienplätze alleine ist offensichtlich der falsche Hebel, sondern es braucht gerade auch Reformen bei der Patientensteuerung und Versorgungswirksamkeit.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, das Vordringen von privaten Großinvestoren in das Gesundheitswesen einzudämmen, damit die solidarische Versorgung keinen Schaden nimmt? Bedarf es dazu EU-weiter Regelungen?

ÖVP: Wir sind gegen eine Vereinnahmung des Gesundheitssystems durch Kapital. Durch die partnerschaftliche Ausgestaltung und die wichtige Rolle der Gesundheitssozialpartner sind in Österreich Rahmenbedingungen gegeben, die die Rolle und Bedeutung der freien Berufe absichern.

SPÖ: Die Gemeinnützigkeit sowohl im Gesundheitswesen als auch in der Langzeitpflege muss wieder stärker in den Vordergrund gerückt werden. Gewinne aus dem Gesundheits- und Pflegesektor dürfen nicht bei Großkonzernen, Aktionären oder auch geldgierigen Kommunen landen, sondern müssen unser Gesundheits- und Pflegesystem refinanzieren. Regelungen zur Zurückdrängung privater Großinvestoren in diesem Bereich sollten europaweit angegangen werden.

FPÖ: Die FPÖ ist der Meinung, dass das Wohl der Patienten an erster Stelle steht und nicht der Profit. Wir Freiheitliche setzen uns für die Stärkung des öffentlichen Gesundheitssystems ein, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen und eine qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten.

DIE GRÜNEN: Wir Grünen lehnen eine Privatisierung des Gesundheitssystems ab. Gesundheit muss in erster Linie durch die öffentliche Hand finanziert werden, und diese muss immer den Vorrang im System haben. Das gilt auch für neue Modelle in der Zusammenarbeit wie Primärversorgungszentren oder Ambulatorien. Das ist aber derzeit eine nationale Frage.

NEOS: Im EU-Vergleich schränkt Österreich die Berufsgruppen und Unternehmen im Gesundheitsbereich besonders stark ein. EU-weite Regelungen würden daher wohl eher Liberalisierungen bedeuten. Der beste Schutz der solidarischen Versorgung ist deshalb eine bestmögliche Versorgung durch das Solidarsystem.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2024