BKAÄ: Alarm im Spital

10.10.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Quer durch die Fachgruppen gibt es immer mehr Meldungen über viel zu lange Wartezeiten auf Operationen. Aktuell betrifft dasinsbesondere Kinder, die dringend eine OP im Hals­Nasen­ Ohren­Bereich bräuchten.

Aus den HNO-Abteilungen der österreichischen Spitäler werden alarmierende Zahlen gemeldet: Für zeitnah notwendige chirurgische Routineeingriffe wie die Kinderpolypenoperation zur Wiederherstellung einer freien Nasenatmung und eines normalen Hörvermögens gibt es Wartezeiten von bis zu einem Jahr oder in Einzelfällen auch darüber hinaus. „Das ist inakzeptabel. Wenn Kinder zu lange auf notwendige chirurgische Behandlungen warten, kann das schwerwiegende Langzeitfolgen nach sich ziehen“, warnt der HNO-Bundesfachgruppenobmann der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Wolfgang Luxenberger.

Er verweist darauf, dass länger bestehende Hörstörungen bei Kindern zu Verzögerungen der frühkindlichen Sprachentwicklung und Regelschulreife führen können. Weiters könne es zu Wuchsstörungen des Kiefers durch die chronische Mundatmung und in weiterer Folge zu Zahnfehlstellungen kommen, welche dann wiederum aufwendige und teure Zahnregulierungen notwendig machen. Zudem würden gehäuft obere Atemwegsinfekte im Kleinkindesalter und Gedeihstörungen auftreten.

Politischer Sparkurs rächt sich

„Das Aufzeigen des vorliegenden Missstandes bedeutet keine Kritik an den klinischen HNO-Abteilungen, die am Rande der Belastbarkeitsgrenze nach bestem Gewissen versuchen, die anstehenden Operationen so rasch wie möglich abzuarbeiten und besonders dringliche und schwere Fälle auch entsprechend  priorisieren“, hält Luxenberger fest: „Ich bitte aber eindringlich um Unterstützung der HNO-Abteilungsleiter in ihrem Versorgungsauftrag durch Bereitstellung entsprechender Ressourcen durch die Krankenhausbetreiber.“

Hier sei die Politik jetzt dringend gefordert, ergänzt Harald Mayer, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte: „Es kann nicht sein, dass Ärzte sowie ganz besonders die Kinder mit HNO-Erkrankungen die Versäumnisse der Politik ausbaden müssen, die seit Jahren einen Sparkurs bei der Besetzung von offenen Dienstposten und bei der Schaffung von dringend nötigen, neuen Stellen in den Spitälern fährt.“

Spitze des Eisbergs

Die dramatische Situation im Bereich der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde in Österreich ist aber nur die Spitze des Eisbergs und exemplarisch zu sehen, denn viel zu lange Wartezeiten auf wichtige Operationen gibt es nicht nur in diesem Fach, wie Mayer ausführt: „Die Wartezeiten auf Operationen sind nach wie vor weit außerhalb des Rahmens, den sich unsere Patienten verdienen – quer durch die Fachgruppen hören wir alarmierende Zahlen, die die Fehlentwicklungen dokumentieren. Ich fordere die Politik dringend auf, zu handeln. Jetzt ist der Wahlkampf vorbei – jetzt muss angepackt werden“, fordert er.

Neben einer verbindlichen Patientensteuerung sowie einer Ausbildungsoffensive ist eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Spitälern vonnöten, um die Situation zu entschärfen. Der prekäre Mangel an Pflege- und Betreuungskapazitäten, vor dem die Ärztekammer schon seit Jahren warnt, „ist leider immer noch nicht ernsthaft angegangen“ worden: „Immer noch sind österreichweit viel zu viele Betten gesperrt, weil das nötige Pflegepersonal nicht vorhanden ist“, so Mayer. Jahrelang habe man die Politik eingeladen, eine gemeinsame Gegenstrategie auszuarbeiten – ohne wirkliche Reaktion. „Aber vielleicht will man ja bald auch eine Berufspflicht für Pflegekräfte überlegen“, setzt Mayer ironisch hinzu.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2024