Ausbildungsevaluierung: Jetzt Ausbildung evaluieren

10.03.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Im Vorjahr hat die Österreichische Ärztekammer die größte Ausbildungsevaluierung in der Geschichte durchgeführt – aktuell läuft die Wiederholung dieses Projekts. Ziel ist es, aufzuzeigen, wo sich die Ausbildung verbessert hat und wo nicht. Außerdem sorgt die regelmäßige Durchführung für eine nachhaltige Qualitätskontrolle.

Thorsten Medwedeff

„Bitte nehmen Sie jetzt die Gelegenheit wahr, Ihre aktuelle Ausbildungsabteilung zu bewerten und anonymisiert an die auswertende Stelle bei der ETH Zürich zu retournieren. In Österreich lag 2023 der Rücklauf bei 44,32 Prozent, die Schweiz hat uns mit 71 Prozent klar übertrumpft – ein ähnliches Ergebnis sollte doch auch für uns zu schaffen sein. Zeigen Sie mit Ihrer Teilnahme, dass wir die Ausbildung sehr ernst nehmen!“, appelliert Harald Mayer, Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte der ÖÄK. Es dürfe nicht mehr passieren, dass manche (zum Teil auch große) Abteilungen die Evaluierung total ignorieren und gar keine ausgefüllten Fragebögen retournieren.

Seit Anfang März läuft nun die Ausbildungsevaluierung 2024, die anonymisierten Fragebögen wurden bereits oder werden jetzt in den Abteilungen an die teilnahmeberechtigten Turnusärzte verteilt. Mayer: „Jeder ausgefüllte Fragebogen hilft uns gemeinsam mit den Ausbildungsabteilungen dabei, die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Ausbildung in unseren Spitälern weiter zu verbessern. Diese Qualitätssicherung gibt uns Gewissheit, was es bedarf, um bestens ausgebildet unseren Beruf zu erfüllen. Und die Patienten können sicher sein, dass sie von bestens geschulten Ärzten versorgt werden.“

Noch nicht gut genug

Die Ausbildung ist ein wichtiger Karrierefaktor. Jungärzte sind bereit, in ein anderes Land zu gehen, wenn dort die Ausbildung und die Karrierechancen besser sind. „Daher ist es umso wichtiger, dass wir uns um die Rahmenbedingungen der Ausbildung kümmern. Je besser die Ausbildung, umso zufriedener sind die jungen Ärztinnen und Ärzte in ihrem Beruf und umso leichter fällt es ihnen, auch wirklich in Österreich als Arzt tätig sein zu wollen“, unterstreicht auch Daniel von Langen, Vorsitzender des Bildungsausschusses.

Genau das fällt aktuell in Bezug auf die Ausbildung sehr schwer, wie die Ergebnisse von 2023 gezeigt haben: Auf einer Skala von 1 bis 6 wurde die Frage, ob man die Ausbildung in der vertraglich fixierten Arbeitszeit zur eigenen Zufriedenheit erfüllen könne, nur mit 3,67 bewertet. „In der Schule wäre das gerade noch ein Genügend. Das muss sich rasch ändern, sonst verlieren wir noch mehr Jungärzte vor allem an Deutschland und die Schweiz.

Ich hoffe sehr, dass sich schon mit der Ausbildungsevaluierung 2024 ein positiver Trend hin zur Verbesserung zeigt“, sagt Mayer. „Ich wünsche mir sehr, dass wir daraus ablesen können, dass sich die Ärzte in Ausbildung besser behandelt fühlen und dass man schon viel besser auf ihre Wünsche bezüglich der Qualität der Ausbildung an sich eingeht, aber auch was die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben betrifft.“


Alle Ergebnisse der Ausbildungsevaluierung 2023 sind transparent und im Detail bis auf Abteilungsebene auf der Website der Österreichischen Ärztekammer abrufbar: https://www.aerztekammer.at/ausbildungsevaluierung


Den Jungen zuhören

Letzteres war 2023 einer der größten Kritikpunkte: Beruf und Privatleben in eine ausgewogene Balance zu bringen, Teilzeitmodelle zu ermöglichen oder eine unterstützende Kinderbetreuung – auf diese Wünsche werde äußerst selten bis gar nicht eingegangen, so der Tenor. „Dass diese Faktoren aber unbedingt beachtet werden müssen, darauf weisen wir als Bundeskurie der angestellten Ärzte seit Jahren hin. Die Situation am Arbeitsmarkt hat sich grundlegend geändert: heutzutage müssten sich eigentlich die Spitäler bei den Jungärzten bewerben und nicht umgekehrt“, erläutert Mayer. „Die Spitalsträger sollten mit Angeboten für flexible Arbeitszeitmodelle, eine bessere Karriereplanung, Schaffung von betriebsnahen Kinderbetreuungsplätzen und besserer Planbarkeit der Einsatzzeiten im Spitalsdienst Werbung in eigener Sache machen – allein, sie machen unbeirrt weiter wie bisher anstatt den Jungen zuzuhören und gefährden dadurch die Qualität unserer Gesundheitsversorgung.“

Den Jungen ganz genau zuhören, das will die Bundeskurie der angestellten Ärzte (BKAÄ) auch wieder mit ergänzenden „Modulfragen“. Im Vorjahr ging es eben um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie um Teilzeitarbeit, 2024 wird die Belastung der Turnusärzte mit bürokratischen Aufgaben und dem dafür nötigen Zeitaufwand – neben den eigentlichen ärztlichen Tätigkeiten – sowie die finanzielle Zufriedenheit abgefragt. Die Ausbildungsfragen bleiben gegenüber 2023 gleich, dabei geht es wieder um die Globalbeurteilung der Ausbildungsstätte; Fachkompetenz; Lernkultur; Führungskultur; Fehlerkultur und Patientensicherheit; Entscheidungskultur; Betriebskultur; Evidenzbasierte Medizin.


Zeitplan

ab 4. März 2024: Versand der Fragebögen
April 2024: Deadline zum Einsenden der Fragebögen


Ausbildung ernst nehmen und Signale setzen

Nur eine kontinuierliche Evaluierung der ärztlichen Ausbildung in Österreich wird nachhaltig zu einer ebenso zukunftsweisenden Verbesserung der Ausbildungssituation führen betont der BKAÄ-Obmann: „Daher bitte ich wirklich um zahlreiche Teilnahme. Wir Ärztinnen und Ärzte können ein Zeichen setzen und zeigen, wie wichtig uns die Ausbildung und deren Qualitätssicherung ist.“ Probleme gebe es nämlich noch einige: „Zum einen gibt es noch immer keine Visitationsverordnung durch den Gesundheitsminister – deshalb finden auch momentan und seit mehreren Monaten gar keine Vor-Ort-Kontrollen der Ausbildungsabteilungen mehr statt. Und zum anderen warten wir noch immer, trotz jahrelanger massiver Forderungen durch die ÖÄK, auf den Start einer Ausbildungsoffensive in unserem Land, auf die Besetzung aller offener Ausbildungsstellen und darauf, dass es an wirklich jeder Abteilung, an der ausgebildet wird, einen Ausbildungsoberarzt gibt – ganz zu schweigen von unserer Forderung, dass mindestens 20 Prozent der gesetzlich geregelten Arbeitszeit für echte Ausbildung verbindlich reserviert sein müssen“, sagt Mayer.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2024