69. Konsultativtagung: Gemeinsam für Europas Versorgung

14.08.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Bei der diesjährigen Konsultativtagung der deutschsprachigen Ärzteorganisationen in Krems stand der Austausch über den Umgang mit gemeinsamen Herausforderungen im Zentrum.

„Der internationale Austausch zwischen den ärztlichen Standesvertretungen wird von Jahr zu Jahr wichtiger. Die Zahl der Themen, die nur im internationalen, europäischen Kontakt sinnvoll anzugehen sind, nimmt in unserer immer globalisierteren Welt stetig zu“, betonte Johannes Steinhart als Gastgeber der 69. Konsultativtagung deutschsprachiger Ärzteorganisationen, an der Vertreter aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Südtirol, Liechtenstein und Luxemburg teilnahmen, die Wichtigkeit des internationalen Austauschs.

So standen in Krems zwei Themen im Fokus, die weit über Staatsgrenzen hinaus wirken: Ärztliche Ausbildung und Versorgungssicherheit bei Fachkräften, Medikamentenversorgung und Medizinprodukten. ÖÄK-Vizepräsident Harald Mayer betonte in seinem Bericht aus der ständigen Arbeitsgruppe „Weiter- und Fortbildung“ vom immer größer werdenden Interesse an Teilzeitarbeit, das mehr Köpfe und somit auch mehr Studienplätze erfordere. Die stärker werdende Nachfrage nach Teilzeitbeschäftigung wurde auch von Nachbarländern wie Deutschland und der Schweiz bestätigt. Aus der Schweiz berichtete Christoph Bosshard von der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und

Ärzte (FMH) Entwicklungen, wie man sie auch hierzulande gut kennt. Die Zufriedenheit mit dem Arztberuf nimmt stetig ab, Stresslevel und administrativer Aufwand werden als problematisch eingestuft. Jeder zehnte Arzt steige aus. Durch den internationalen Fachkräftemangel würden auch die Nachbarländer ihre Anstrengungen erhöhen, den eigenen Nachwuchs im Land zu halten. Ohne mehr eigenen Nachwuchs würden der Schweiz auch die Spezialisten ausgehen, so Bosshard, der konstatierte, dass seit 2012 gleich 72 Prozent der Schweizer Ärzte im Ausland studiert haben.

Das Thema Versorgungssicherheit hatte kurz vor der Tagung an Brisanz gewonnen, als bekannt wurde, dass ein großes Unternehmen den letzten europäischen Standort für die Produktion des Schmerzmittels Metamizol Ende 2025 schließen wird. Das bedeutet die komplette Abhängigkeit von China. Christoph Steinacker, Abteilungsleiter der Bundeskurie angestellte Ärzte, referierte die Lösungsansätze der ÖÄK: „Nur Unabhängigkeit schafft Versorgungssicherheit. Ein größerer Teil unseres Bedarfes an versorgungsrelevanten Medikamenten sollte daher in Österreich beziehungsweise in Europa produziert werden.“

Carlos Beat Quinto, Mitglied des Zentralvorstandes der FMH, berichtete ebenfalls von immer größeren Versorgungsstörungen, besonders im Bereich der Antibiotika. Quinto brachte Schweden als Vorbild ins Spiel: Dort habe sich ein Pull-Mechanismus, bei dem die Einnahmen teilweise vom Verkauf abgekoppelt sind und so den Pharmaunternehmen ein Mindesteinkommen garantiert wird, als erfolgreich gezeigt. In Deutschland sei die Mangelsituation nicht weniger stark ausgeprägt, berichtete Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der deutschen Bundesärztekammer. Neben Lücken in der Arzneimittelversorgung gebe es auch Engpässe bei Medizinprodukten, insbesondere bei sogenannten Nischenprodukten. Hier hatte sich die Bundesärztekammer für steuerliche Unterstützungsleistungen ausgesprochen.

Handlungsaufforderung

Um angesichts der in allen Ländern spürbaren Versorgungsengpässe auch ein deutliches Zeichen nach außen zu setzen, wurde nach Anregung von Lundershausen ein gemeinsames Communique verabschiedet. Darin wurde die Politik zu entschiedenerem Handeln aufgefordert. Die bisher ergriffenen Maßnahmen würden nicht ausreichen, um den immer größer werdenden Lücken in der Medikamentenversorgung Europas entgegenzuwirken.

Mit einer positiven Note ging die Tagung zu Ende: In einer gemeinsamen Resolution wurde die Schönheit der ärztlichen Tätigkeit hervorgehoben, um die jungen Menschen dazu motivieren, den Arztberuf auszuüben. Dazu wurde die Politik eingeladen, gemeinsam mit den Ärzteorganisationen an attraktiven Rahmenbedingungen zu arbeiten. „Es ist wichtig, nicht immer nur Kritik zu üben, sondern auch die schönen Aspekte des Berufs zu betonen“, erklärte der Ideengeber der Resolution Peter Niedermoser, Präsident der Ärztekammer für Oberösterreich und stellvertretender Vorsitzender des ÖÄK-Bildungsausschuss. (sb)

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16/ 15.08.2024