Kurz und informativ

24.02.2023 | Medizin

Schlafmangel wegen Lockdowns führt zu kindlichen Wutausbrüchen
Kleinkinder, die wegen des Lockdowns im Frühling 2020 in der Nacht öfter aufwachten, wiesen noch sechs Monate später eine signifikant niedrigere hemmende Selbstkontrolle. Das ergab eine Studie von Forschern um Ass Prof. Salome Kurth von der Schweizer Universität Freiburg, für die 45 Kinder von drei bis sechs Jahren untersucht und deren Eltern befragt wurden. Die betroffenen Kinder waren zappeliger und unruhiger und hatten häufiger Wutausbrüche. Vermutlich reifen die kindlichen Schaltkreise der emotionalen Verarbeitung im Schlaf; Schlafstörungen in sensiblen Entwicklungsphasen könnten dies beeinflussen. APA/Plos One

SARS-CoV-19-Infektion schädigt Plazenta und Fötus
Eine Infektion mit SARS-CoV-19 schädigt je nach Variante und Schwere des Verlaufs die Plazenta und das Ungeborene unterschiedlich stark. Eine Infektion mit Prä-Omikron-Varianten führt zu deutlich massiveren Schädigungen der Plazenta in Form von vaskulären Ereignissen wie Thromben oder Blutungen als die aktuell grassierenden Omikron-Subvarianten. Das haben Wissenschafter um Assoz. Prof. Gregor Kasprian und Patric Kienast von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der MedUni Wien nachgewiesen. Sie erstellten 76 pränatale MRT-Scans von Plazenten und Föten Schwangerer: 38 nach gesicherter SARS-CoV-2-Infektion (Prä-Omikron- oder Omikron-Varianten) und 38 bei gesunden Kontrollfällen. Ergebnis: Sowohl in der Prä-Omikron- als auch in der Omikron-Gruppe wiesen die Plazenten im Vergleich zur Kontrollgruppe Anomalien auf. Das unterschiedliche Ausmaß der Schädigungen aufgrund verschiedener Virusvarianten führen die Forscher einerseits auf mildere Verläufe durch Omikron-Unterlinien zurück, andererseits auf höhere Durchimpfungsrate in der fortgeschrittenen Phase der Pandemie. Bei einigen Ungeborenen kam es aufgrund von Schäden der Plazenta zu Wachstumseinschränkungen sowie zu Blutungen im Gehirn. APA/The Lancet Regional Health – Europe

SARS-CoV-19 erhöht Risiko für Autoimmunerkrankungen
Nach einer Infektion mit SARS-CoV-19 leiden Betroffene deutlich häufiger an einer Autoimmunerkrankung als Nicht-Infizierte. Das fanden deutsche Wissenschafter um Prof. Jochen Schmitt vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden in einer Studie heraus. Die Studie ist Teil des vom Robert Koch Institut geleiteten Projektes „Postakute gesundheitliche Folgen von COVID-19“. Die Ergebnisse beziehen sich ausschließlich auf ungeimpfte Betroffene, bei denen eine Infektion mit dem Virus-Wildtyp diagnostiziert worden war. Insgesamt wurden die Abrechnungsdaten von 38,9 Millionen gesetzlich Versicherten der AOK Plus, Barmer, DAK-Gesundheit, IKK classic, der Techniker Krankenkassen sowie von Betriebskassen aus den Jahren 2019 bis Juni 2021 ausgewertet. Darunter befanden sich 640.000 Personen mit einer nachgewiesenen SARS-CoV-19-Infektion; bei 76.000 von ihnen bestand bereits eine Autoimmunerkrankung. Für jede infizierte Person wurden drei nicht-infizierte Versicherte in die Studie aufgenommen. Von den an SARS-CoV-19-Erkrankten, die zuvor keine Autoimmunerkrankung hatten, entwickelten 6.489 erstmals eine solche. Die Analyse ergab bei Menschen mit einer SARS-CoV-19-Infektion 15,05 Diagnosen einer Autoimmunerkrankung auf 1.000 Versichertenjahre; ohne Infektion 10,55 Diagnosen. Das Risiko für eine Autoimmunerkrankung war besonders hoch bei einem schweren Verlauf der Erkrankung. APA

Corona-Pandemie: spätere Krebsdiagnose
Während sich die Zahl der Krebs-Neuerkrankungen 2020 mit 43.014 gegenüber der Vor-Pandemiezeit kaum verändert hat, verschob sich der Zeitpunkt der Diagnose deutlich nach hinten. Das geht aus der aktuellen Erhebung der Statistik Austria hervor. Demnach waren die Neudiagnosen noch im Jänner und Februar 2020 um 540 höher als im Durchschnitt der Vorjahre; mit Pandemiebeginn nahmen sie ab. Zwischen März und Mai 2020 wurden um 1.600 Neudiagnosen weniger als in den Vorjahren registriert; von Juni bis September 2020 stiegen sie wieder um 1.070. Im Jahr 2020 wurden mit insgesamt 20.816 Todesfälle um 500 mehr registriert als 2019. Das Fünf-Jahres-Überleben lag 2020 bei 61 Prozent. Allerdings: Die geringere Fallzahl 2020 sei laut Statistik Austria zum Teil auch auf eine Umstellung der Datenbasis der Krebsstatistik zurückzuführen. APA

Existenz des fetalen Mikrobioms widerlegt
Dass ein Baby schon vor der Geburt mit Bakterien besiedelt ist, konnte ein internationales Team um Prof. Jens Walter vom University College Cork in Irland widerlegen. Obwohl lange vermutet wurde, dass Uterus und Fötus steril sind, konnten seit 2010 in einigen Studien Mikroorganismen in der Plazenta und der Amnionflüssigkeit nachgewiesen werden. Das Team von rund 50 Experten aus den Bereichen Reproduktionsbiologie, Mikrobiomforschung und Immunologie, zu dem auch Univ. Prof. Thomas Rattei von der Universität Wien zählte, analysierte nun diese kontrovers diskutierten Studien und fand heraus, dass es dabei zu einer Verunreinigung der Proben gekommen sein muss: etwa bei der vaginalen Entbindung, bei klinischen Verfahren oder bei den Laboranalysen. Die Ergebnisse sprechen laut den Wissenschaftern „stark für die Hypothese einer sterilen Gebärmutter“ und gegen die Existenz eines fetalen Mikrobioms. Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erfolgt die Besiedlung mit Bakterien erst während der Geburt und in der frühen postnatalen Phase. APA/Nature

Kälte gefährdet Gesundheit mehr als Hitze
Die Mortalität durch Herz-Kreislauferkrankungen ist bei tiefen Temperaturen um rund ein Drittel höher als bei Hitze. Das hat eine US-amerikanische Studie unter Berücksichtigung von allen Weltregionen – 27 Staaten mit 567 Städten auf fünf Kontinenten – ergeben. Ein Team um Barrak Alahmad von der Harvard T.H. Chan School of Public Health untersuchte mehr als 32 Millionen Todesfälle zwischen 1979 und 2019 aufgrund von Myokardinfarkt, Insult, chronischer Herzinsuffizienz und anderen Herz-Kreislauferkrankungen und brachte sie in Korrelation mit den jeweiligen Temperaturen. Dabei wurden geografische klimatische Bedingungen berücksichtigt. Die Mortalität aufgrund von Myokardinfarkten oder chronischer Herzinsuffizienz war bei tiefsten Temperaturen um 33 Prozent höher; die Gefahr für einen letalen Insult stieg sogar um 37 Prozent. Zum Vergleich: Bei extremer Hitze war die Mortalität aufgrund von Myokardinfarkten nur um sieben Prozent höher. APA/Circulation

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weniger durch Hitze ausgelöste Todesfälle könnte es geben, wenn die mit Bäumen bepflanzte Fläche in Städten auf 30 Prozent erhöht würde.

Neuer Biomarker unterscheidet M. Pick und M. Alzheimer
Die unterschiedlichen Protein-Arginin-Methylierungs-Phänotypen in den Hirnregionen bei M. Pick (Frontotemporale Demenz) und M. Alzheimer könnten eine bessere Unterscheidung zwischen den beiden Erkrankungen ermöglichen. Wissenschafter um Univ. Prof. Tobias Madl vom Gottfried Schatz-Forschungszentrum der Medizinischen Universität Graz und Prof. Tammaryn Lashley vom University College in London erkannten mit Hilfe der auf der Magnetischen Kernresonanz basierenden Metabolomik Veränderungen in den Konzentrationen der verschiedenen Stoffwechselprodukte. Das wiederum ermöglicht die Unterscheidung zwischen M. Pick und dessen Subtypen zu M. Alzheimer. APA/Progress in Neurobiology

Rasterzellen aktiv bei Eigen- und Fremdbewegungen
Rasterzellen im ento-rhinalen Kortex des Gehirns sind nicht nur für die selbstbezogene Navigation relevant, sondern sind auch dann aktiv, wenn die Bewegung von anderen beobachtet wird. Forscher um Ass. Prof. Isabella Wagner und Univ. Prof. Claus Lamm vom Institut für Psychologie und Kognition der Universität Wien haben das bei 60 Versuchsteilnehmern anhand einer funktionellen MRI herausgefunden. Dabei navigierten die Teilnehmer entweder selbst in einer virtuellen Umgebung oder beobachteten die Bewegungen einer anderen Person. Dabei sind die Rasterzellen ähnlich aktiv wie beim eigenen Navigieren. Allerdings nimmt die Aktivierung ab, je besser die Testpersonen anderen in der virtuellen Umgebung folgen konnten. APA/Nature Communications

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 4 / 25.02.2023