FAQs: Plattenepithelkarzinom kompakt

10.10.2023 | Medizin

Die wichtigsten Informationen rund um das Thema „Plattenepithelkarzinom der Haut“ bietet folgende Übersicht.

Das kutane Plattenepithelkarzinom … – auch Spinaliom oder Stachelzellkarzinom – ist nach dem Basalzellkarzinom der zweithäufigste bösartige epitheliale Haut-tumor. Es wächst lokal destruierend und metastasiert vor allem lymphogen in zwei bis fünf Prozent aller Fälle.

Die Inzidenz … reicht weltweit von 66 auf 100.000 Personenjahre bis 270 auf 100.000. Ausgehend von deutschen Publikationen lassen sich für Österreich altersstandardisierte Inzidenzen von circa 100 auf 100.000 bei Männern und 72 auf 100.000 bei Frauen ableiten.

Bei der Ätiologie … ist die chronische und kumulative UV-Exposition der wichtigste Faktor. Übermäßige UV-Exposition und höheres Alter können die Mechanismen zur Reparatur geschädigter epidermaler Keratinozyten überfordern. Kanzerogene Mutationen entstehen, wenn wichtige Tumorsuppressor-Gene inaktiviert werden.

Typische Vorstufen … sind aktinische Keratosen, die ausschließlich auf chronisch lichtgeschädigter Haut als rötliche schuppig-rauhe Stellen erkennbar sind.

Das Risiko … für die Entwicklung eines invasiven Plattenepithelkarzinoms aus einer aktinischen Keratose liegt bei unter einem Prozent. Die meisten Betroffenen haben multiple Läsionen, wodurch das kumulative Risiko auf insgesamt sechs bis zehn Prozent in zehn Jahren geschätzt wird.

„Feldkanzerierung“ … bedeutet, dass das Karzinomrisiko nicht auf eine einzelne aktinische Keratose beschränkt ist, sondern die gesamten betroffenen, chronisch UV-geschädigten Areale betrifft. Bei der Therapie, der Vor- und Nachsorge müssen alle Felder berücksichtigt werden.

Exogene Auslöser … sind neben UV-Licht auch langjähriger Nikotin-Abusus, chronische Wunden, Verbrennungsnarben, ionisierende Strahlung, humane Papillomviren und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe.  Endogene Risikofaktoren sind vor allem ein heller Hauttyp, männliches Geschlecht und zunehmendes Alter.

Immunsupprimierte Patienten … haben im Vergleich zur Normalbevölkerung ein 100-fach erhöhtes Risiko. Der Verlauf ist aggressiver und die Rezidivrate höher.

90 Prozent aller Plattenepithelkarzinome … treten an exponierten Stellen wie am unbehaarten Capillitium, an der Stirn, dem Nasenrücken, den Ohrhelices, den Unterarmen sowie an den Handrücken auf. Unterlippe und Ohren gelten als besondere Hochrisiko-Lokalisationen.

Die Manifestation … erfolgt als unterschiedlich große, meist schmerzlose oder lediglich auf Druck schmerzhafte erythematöse oder hautfarbene hyperkeratotische und mit zunehmendem Wachstum auch manchmal erodierte oder ulzerierte Knoten mit oder ohne Randwall.

Die Diagnose … wird nach klinischem Verdacht durch eine histo-pathologische Untersuchung bestätigt. Präoperativ kann die Dermatoskopie das freie Auge unterstützen. Charakteristisch: Glomerulär-geschlängelte Gefäße um eine erythematöse Läsion oder weiße Punkte.

Extrinsische klinische Risikofaktoren … für ein erhöhtes Metastasierungsrisiko sind ein maximaler Durchmesser des Primärtumors von > zwei Zentimeter, die primäre Lokalisation an Schläfe, Ohren oder Lippen sowie eine symptomatische klinische perineurale Infiltration.

Therapie der ersten Wahl … ist die operative Entfernung mit dem Ziel der vollständigen Resektion. Bei unvollständig resezierten Tumoren sollte eine Nachexzision angestrebt werden, um das Rezidivrisiko zu minimieren. Bestehen keine weiteren Risikofaktoren, wird ein Sicherheitsabstand von fünf Millimeter empfohlen. Bei klinisch unklaren Tumorgrenzen oder sehr großen Tumoren an problematischen Lokalisationen können auch zwei- oder mehrzeitige Verfahren angewandt werden.

Die Radiotherapie … des Primärtumors und der lokoregionalen Lymphknoten ist eine Option, falls eine radikale chirurgische Therapie bei lokal fortgeschrittenen Tumoren oder anderen Kontraindikationen nicht möglich ist. Postoperativ kann eine Strahlentherapie bei unvollständig resezierten Tumoren und adjuvant bei perineuraler Tumorinfiltration und/oder bei regionalen Lymphknotenmetastasen mit extrakapsulärer Ausbreitung zum Einsatz kommen.

Für die medikamentöse Therapie … des metastasierten oder lokal fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinoms ist seit 2019 der PD-1-Antikörper Cemiplimab zugelassen. Er zeigt Ansprechraten von rund 50 Prozent bei guter Verträglichkeit – besonders auch bei älteren Patienten.

Der Einsatz von EGFR-Inhibitoren … sollte auf Patienten beschränkt werden, die einer Systemtherapie bedürfen, aber keine PD-1-Antikörper erhalten können. Als häufigste Komplikation werden akneiforme Exantheme und ein Hand-Fuß-Syndrom beschrieben.

Die Therapie von aktinischen Keratosen … kann mit lokal destruierenden physikalischen Verfahren (Kryochirurgie mit flüssigem Stickstoff, tangentiale Abtragung, Elektrokaustik, ablative Laser) erfolgen. Sinnvoller ist oft eine „feldgerichtete“ Therapie, bei der alle Risikoareale behandelt werden. Dafür stehen die photodynamische Therapie (PDT) mit 5-Aminolävulinsäure und die topisch applizierten Substanzen 5-Fluorouracil, Imiquimod und Diclofenac-Natrium in Kombination mit Hyaluronsäure zur Verfügung.

Klinische Nachsorgeuntersuchungen … auf regelmäßiger Basis sind erforderlich, da aufgrund der Pathogenese (chronische Sonnenlichtexposition, Immunsuppression) bei allen Patienten ein erhöhtes Rezidivrisiko besteht. Abhängig von der Risikogruppe werden unterschiedliche Nachsorgeintervalle empfohlen Als Sekundärprophylaxe sollten Patienten über geeignete Sonnenschutzmaßnahmen aufgeklärt werden. (MaS)

Quelle: State of the Art „Plattenepithelkarzinom der Haut“ von Univ. Prof. Dr. Franz Trautinger und Ass. Dr. Valentina Beichl-Zwiauer; ÖÄZ 13-14/15. Juli 2021

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2023