In wenigen Monaten schließt sich das Zeitfenster, in dem wichtige Entscheidungen für unser Gesundheitssystem getroffen werden. Veränderungen sind ein Muss, ein „Weiter so“ darf es nicht geben. Die Risse und Fehlermeldungen, die unser System schon jetzt immer häufiger aufweist, sind entstanden, weil das System jahrelang weder gewartet noch verbessert wurde – obwohl die Ärztekammern schon lange Zeit die Warnleuchten eingeschaltet haben. Wenn unser Gesundheitssystem in den laufenden Verhandlungen zum Finanzausgleich nicht endlich generalüberholt wird, dann könnte der Schaden in den kommenden Jahren zu groß werden, um ihn noch reparieren zu können.
Bei dieser Reform wird es wichtig sein, an den richtigen Schrauben zu drehen. Zwangsmaßnahmen oder ähnlich kurzsichtige und populistische Schritte würden uns nur noch mit höherem Tempo gegen die Wand fahren lassen. Die Österreichische Ärztekammer hat daher bei ihrem vergangenen Kammertag ganz klar herausgearbeitet, wie das Gesundheitssystem umgebaut werden muss, damit es auch für die kommenden Generationen noch den gewohnten und verdienten Standard garantieren kann (siehe Seite 6). Dabei werden sich die Ärztekammern gewohnt lösungsorientiert, partnerschaftlich und zuverlässig in den Diskurs einbringen. Denn die Ärztinnen und Ärzte, die die Leistungserbringer in diesem System waren, sind und sein werden, verfügen über die notwendige Expertise, um den Weg zeigen zu können. Ihre Stimme und ihre Sicht der Lage müssen gehört werden, dafür werden die Ärztekammern sorgen.
Wir brauchen eine vernünftige Patientenlenkung, die dafür sorgt, dass Patienten die richtige Behandlung am richtigen Ort erhalten. Wir brauchen sinnvolle Investitionen in unser System, um Ärztinnen und Ärzten das Arbeitsumfeld bieten zu können, das sie benötigen. Wir brauchen eine klare Regelung der Finanzierung im Gesundheitswesen, damit die vorhandenen Mittel ohne Reibungsverluste eingesetzt werden. Und wir brauchen eine Neuorientierung der Medizin, weg von der Reparaturmedizin hin zu einer Fokussierung auf Vorsorge und Prävention.
Und vor allem brauchen wir diese Veränderungen schnell – denn die Zeit drängt, das Fenster schließt sich und geht so schnell nicht mehr auf. Es ist für Jahre die letzte Chance für frische Luft und den Wind der Veränderung.
Dr. Harald Schlögel
1. Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2023