Standpunkt Edgar Wutscher: Gemeinsamer Kraftakt

09.06.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Österreich ist ein reiches Land, das die Ressourcen hat, um Patienten auf hohem Niveau zu versorgen. Umso trauriger ist es, dass das Gesundheitssystem gerade strudelt – sei es aufgrund von unbesetzten Kassenstellen oder aufgrund von überfüllten Spitalsambulanzen. Zuletzt hat Finanzminister Magnus Brunner in Bezug auf die Finanzausgleichsverhandlungen seine Bereitschaft erklärt, mehr Geld für die Gesundheit zur Verfügung zu stellen – vorausgesetzt, es werden strukturelle Maßnahmen umgesetzt.

Das ist ein legitimer Wunsch, denn Potential für Verbesserungen gibt es viel. Wir haben engagierte und gut ausgebildete Ärztinnen und Ärzte, die aber aus verschiedenen Gründen keine Kassenpraxis übernehmen. Eine Reform in der Kassenmedizin beginnt bei den Leistungen, die die Krankenkasse bezahlt. So müssen sowohl die Gesprächs- als auch die Vorsorgemedizin viel stärker in den Fokus rücken. Und es muss Schluss sein mit dem Fleckerlteppich. Es ist absurd, dass Patienten nach wie vor bundeslandabhängig unterschiedliche Kassenarztleistung erhalten. Wir haben bereits vor ein paar Jahren der ÖGK einen einheitlichen Leistungskatalog präsentiert, den wir in enger Abstimmung mit allen medizinischen Fachgruppen erstellt haben. Zu begrüßen ist hier, dass ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer mehr Geld gefordert hat, um einen österreichweit einheitlichen Leistungskatalog umsetzen zu können. Viele Leistungen könnten zudem in der Niederlassung erbracht werden, wenn sie als Kassenleistung anerkannt würden.

Der Ausbau der Kassenleistungen in der Niederlassung ist ein wichtiger und notwendiger Schritt, um die Spitäler zu entlasten. Eine weitere Aufgabe, um die Kassenmedizin zu stärken, wäre, dem Wunsch der Ärztinnen und Ärzte nach mehr Flexibilität bei den Kassenverträgen nachzugehen. Das ist für die Krankenkasse zwar mühsam, aber wenn sie verstärkt auf individuelle Bedürfnisse eingeht und so beispielsweise ermöglicht, dass Privatleben und Beruf besser miteinander vereinbar sind, dann wird sie sich über mehr besetzte Kassenstellen freuen können. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

Wir unterstützen gerne darin, die Kassenverträge zu modernisieren und bringen uns gerne beim Ausbau von Primärversorgungseinheiten ein. Das Gesundheitssystem muss in einem gemeinsamen Kraftakt modernisiert werden. Dazu sind die Ärztinnen und Ärzte bereit und können ihre Expertise einbringen.

Dr. Edgar Wutscher
3.Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 / 10.06.2023