Spitals- und Gehaltsstrukurreform: Das große Rennen

16.08.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Nicht nur im Finanzausgleich des Bundes wird gerungen, das passiert auch in den einzelnen Bundesländern in Sachen Spitals- und Gehaltsstrukturreform. Ein kurzer Überblick, wie es im Rennen um die besten Voraussetzungen für die Zukunft aussieht – und warum sich die Österreichische Ärztekammer einen bundesweiten Krisengipfel wünscht.

Thorsten Medwedeff

Das Burgenland ging als Erster durchs Ziel: Im März beschloss der Landtag ein neues Gehaltsschema für Spitalsärzte, womit das „Burgenländische Ärztepaket“ der Landesregierung umgesetzt wurde. Landesärztekammer-Präsident Christian Toth kommentierte: „Es war höchste Zeit, dass nachgebessert wird.“ Mit den davor geltenden Rahmenbedingungen sei es schwierig gewesen, Ärzte aus anderen Regionen in Österreichs östlichstes Bundesland zu locken. Jeder Spitalsarzt im Burgenland erhält nun eine sogenannte „Marktzulage“. Diese ist unterschiedlich hoch je nach Gehaltsstufe und -schema. Bei den Fachärzten ergibt sich so eine Gesamt-Gehaltserhöhung zwischen 16 und 20 Prozent. „Damit wird der Standort Burgenland für Mediziner attraktiver gemacht. Das kommt auch unseren Patienten zu Gute“, so Toth, der aber auch kritisierte, dass die Marktzulage laut Gesetzesbeschluss nicht valorisiert werde. Außerdem würden Überstunden für 2023 für einen Großteil der Spitalsärzte nicht aufgewertet. „An solchen Details sieht man, dass es sinnvoll ist, die Ärztekammer künftig stärker einzubinden.“

Ob der burgenländischen Verlockungen war die benachbarte Steiermark zum Nachziehen gezwungen. Am 20. Juni präsentierte das Land gemeinsam mit der KAGes veränderte Strukturen mit mehr Tages- und Wochenkliniken, Standort-Spezialisierungen, zentralen Erstversorgungseinheiten sowie die Zusage, dass es für das steirische Spitalspersonal ab 1. September mehr Geld gibt: Insgesamt 126 Millionen Euro umfasst dieses Paket. Mitverhandelt wurden die Neuerungen durch die Ärztekammer Steiermark. Diese zeigte sich erfreut, Landesärztekammer-Präsident Michael Sacherer betonte aber, „dass die Zusammenlegung von Spitalsangeboten ohne Qualitätsverluste nur gelingen kann, wenn die Versorgung durch die niedergelassenen Ärzte gestärkt wird“. Gleichzeitig müsse auch die Harmonisierung der Kassenleistungen umgesetzt werden – die österreichische Ärztekammer hat schon vor zwei Jahren einen gemeinsamen, einheitlichen Leistungskatalog vorgestellt: „Die Steiermark, mit den geplanten Änderungen in der Spitalsversorgung, ist für dessen Umsetzung die ideale Pilotregion.“

Österreichweiter Krisengipfel

Apropos Pilot, apropos Vorbild: Dem burgenländischen und steirischen Exempel konnte bis jetzt noch kein anderes Bundesland folgen, allein Kärnten kündigte an, die Gehälter erhöhen zu wollen, um mit den Steirern mithalten zu können – es kracht an allen Ecken und Enden im Spitalswesen. In Wien wurde Ende Juni mit einem einstündigen Warnstreik in der Zentralen Notaufnahme in der Klinik Ottakring auf die akute Personalnot und die damit verbundenen Konsequenzen für den Spitalsbetrieb und die Patienten aufmerksam gemacht.

Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, zeigte sich anschließend über die verharmlosenden Reaktionen der Politik entsetzt. „Wenn die politisch Verantwortlichen das nicht ernst nehmen, verkennen sie die Situation. Die Ärzte streiken ja nicht zum Spaß, sondern weil sie unter diesen Bedingungen nicht mehr arbeiten können und wollen. Wenn nicht jetzt ein Krisengipfel mit dem Bundesministerium, uns als Ärztekammer und anderen wichtigen Stakeholdern zustande kommt, um die Versorgung in den Spitälern zu retten und die Personalnot zu beheben – wann denn dann? Minister Rauch hat eine Einladung der Ärztekammer ausgeschlagen. Das ist kein konstruktiver Umgang.“

Die am ÖÄK-Kammertag einstimmig verabschiedeten Resolution mit konkreten Ideen für die Gesundheitsversorgung der Zukunft sollte auch als Diskussionsgrundlage verwendet werden, so Mayer: „Wir wissen, was nötig ist: Mehr Ressourcen für Prävention, eine Digitalisierungsoffensive mit Lösungen, die die Ärzte von unnötiger Bürokratie befreien, eine effiziente Patientenlenkung nach dem Prinzip digital vor niedergelassen ambulant vor spitalsambulant vor stationär sowie mehr Geld im System und mehr Personal. Wir stehen auf dieser Basis für konstruktive Gespräche bereit.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16/ 15.08.2023