Rück- und Ausblick: 2024 – Jahr der Gesundheit

15.12.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Ein entscheidendes Jahr mit zwei großen Wahlen steht bevor. Man werde die Politik daher noch stärker in die Pflicht nehmen, um den Wählern klar aufzuzeigen, wer für welche Richtung in der Gesundheitsversorgung steht, verspricht ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart.

Sascha Bunda

Mit einer besonderen Kraftanstrengung ist das Jahr 2023 ausgeklungen. Im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen kam es zu einem auf zweieinhalb Wochen komprimierten Verhandlungsmarathon, der erst in letzter Sekunde mit einem guten Ergebnis beendet werden konnte. „Natürlich war es kein Traumerfolg, in dem alle unserer Punkte umgesetzt wurden. Aber angesichts der Ausgangslage, der konsequenten Nicht-Einbindung der Ärztekammer beim Erarbeiten des Gesetzesentwurfs, und der knappen Zeit, die uns nach Bekanntwerden des Gesetzestextes geblieben ist, war es ein mehr als herzeigbarer Kompromiss, der in konstruktiver Atmosphäre erarbeitet wurde“, schildert Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, die entscheidende Phase im November. Der Versuch der Politik, die Ärztekammer aus der Mitgestaltung des Gesundheitssystems zu verdrängen, konnte „erfolgreich abgewehrt“ werden.

Seine Ausfallzeit nach zwei schweren Operationen schmerzt ihn nach wie vor, allerdings sei jetzt die körperliche Leistungsfähigkeit völlig wiederhergestellt, sagt Steinhart. „Das wird auch dringend nötig sein, denn 2024 steht ein dichtes Programm auf der Tagesordnung“, gibt der ÖÄK-Präsident die Richtung vor. Die Europawahl im Juni sowie ganz besonders die Nationalratswahl im Herbst werden dem Jahr ihren Stempel aufdrücken. „Die Ärztekammern werden daher die politisch Verantwortlichen noch stärker in die Pflicht nehmen. Die Bevölkerung muss gerade vor so wegweisenden Entscheidungen genau wissen, wer für welchen Weg in der Gesundheitsversorgung steht“, so Steinhart, der auf das für 2024 von der Ärztekammer ausgerufene „Jahr der Gesundheit“ verweist. Dieses Motto werde man mit Leben füllen, verspricht Steinhart.

Zudem plane man einige Aktivitäten zur Verbesserung der medizinischen Versorgung. Der Trend gehe nämlich weiterhin in eine bedenkliche Richtung, so Steinhart. Die Interessen der Patienten würden zunehmend in den Hintergrund treten, hier seien die Ärzte gefordert, dagegen vorzugehen. „In unserer täglichen Arbeit direkt an und vor allem mit den Patienten wissen wir am besten, wo die Probleme in der Versorgung liegen und welche Abläufe man dringend optimieren muss“, unterstreicht Steinhart. Weiterhin bestehe die Gefahr, dass finanzstarke Investoren auch in Österreich ein Geschäft aus der Gesundheitsversorgung machen wollen. Das wäre eine fatale Entwicklung, warnte der ÖÄK-Präsident. Schließlich würde dadurch das System nicht nur wesentlich teurer, sondern gleichzeitig auch schlechter für die Patientinnen und Patienten. „Leider habe ich nicht den Eindruck, dass wirklich alle politisch Verantwortlichen verstehen, welche Gefahr hier droht“, kritisiert Steinhart: „Die Konzernisierung wird in den kommenden zehn Jahren eine der größten Nagelproben für unser solidarisches Gesundheitssystem. Wir sehen schon jetzt, wie beispielsweise Amazon in Deutschland im großen Stil medizinische Einrichtungen übernimmt, während die deutsche Regierung fast panisch versucht, die Fehlentwicklungen, die man in der Vergangenheit verursacht hat, wieder zu korrigieren.“

Das große Problem sei nicht nur die Ökonomisierung der Medizin, sondern auch die Sabotage am Kassensystem, zeigt der ÖÄK-Präsident auf. Selbstverständlich würden sich medizinische Einrichtungen unter Investoreneinfluss voll der Gewinnoptimierung verschreiben müssen: Nicht nur die wirtschaftliche Basis für den Praxisbetrieb und den Arzt müsste erwirtschaftet werden, sondern darüber hinaus auch der Gewinn für Investoren und Aktionäre. „Dann ist zu befürchten, dass diese Einrichtungen nur noch die Behandlungen mit der größten Rendite anbieten. Mit diesen werden aber im Kassensystem Leistungen querfinanziert, die zu niedrig eingepreist wurden, als dass sie wirtschaftlich vernünftig wären. Es besteht das Risiko, dass in niedrig dotierte Leistungen dann nicht mehr angeboten werden. Das ist der Punkt, an dem das Kassensystem zusammenbrechen würde“, warnt Steinhart: „Das können wir nicht zulassen; das sind wir unseren Patienten einfach schuldig.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2023