Österreichischer Impftag: Impfen trifft Western

10.02.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Mit dem Titel des Kult-Westerns „The good, the bad & the ugly“ als Motto ging am 21. Jänner der Österreichische Impftag unter wissenschaftlicher Leitung der Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt über die Bühne. Themen waren die erfolgreiche Impfstoffentwicklung, Impfkommunikation und die Rückkehr von impfpräventablen Erkrankungen.

Sophie Niedenzu

Der raschen Entwicklung des COVID-Impfstoffes ist es zu verdanken, dass die Todesraten nach einer COVID-19-Erankung von anfänglich fünf auf unter 0,5 Prozent gesunken sind: Das betonte die deutsche Virologin Ulrike Protzer im Rahmen des Österreichischen Impftages. Ein Nachsatz: Der Öffentlichkeit seien zu viele Hoffnungen gemacht worden, denn die COVID-19-Impfungen helfen, die Krankheit zu verhindern, schützen aber nicht grundsätzlich vor einer Infektion mit SARS-CoV-2. „Gerade beim sensiblen Thema Impfen muss auf eine klare, transparente und exakte Kommunikation geachtet werden“, sagt auch Rudolf Schmitzberger, Leiter des ÖÄK-Referats für Impfangelegenheiten und Mitglied des Programmkomitees des Österreichischen Impftags. Ärzte sind hier besonders gefragt: Ein ärztliches Aufklärungsgespräch bringe mehr als groß angelegte Impfkampagnen, das hätten auch Studien zur Impfentscheidung gezeigt.

Um den Falschmeldungen im Internet entgegenzuwirken, gebe es Potential bei der Nutzung von Chatbots, etwa ChatGPT, das von der US-amerikanischen gemeinnützigen Organisation OpenAI entwickelt wurde. Eine Impfkommunikation mit Chatbots habe aber auch Grenzen, betonte der Sozialpsychologie Robert Böhm: „Eine wissenschaftliche Diskussion ist nicht möglich und es bedarf einer Kontrolle durch das Einspeisen von lokalen Informationen im System.“ Zudem seien Chatbots eine Ergänzung, könnten aber nicht die vertrauensvolle Arzt-Patienten-Kommunikation ersetzen. Auch VR-Brillen könnten in der Impfkommunikation behilflich sein, indem Patienten lebensnah eine Erkrankung und die Folgen einer Erkrankung durch Virtual Reality mitverfolgen können. Denn derzeit kehren impfpräventable Krankheiten wie Diphtherie, Masern oder Polio aufgrund von Impflücken wieder zurück, wie die Virologin Heidemarie Holzmann in ihrem Vortrag darlegte.

Postvirale Symptome

Der Impftag beschäftigte sich zudem mit der Diagnose von Post-COVID. Der österreichischen Leitlinie zufolge sind damit Probleme im Zeitraum von vier bis zwölf Wochen nach der Infektion gemeint. Das sogenannte Post-COVID Syndrom bezeichnet nach einer Erkrankung anhaltende Probleme über mehr als zwölf Wochen hinweg ohne andere erkennbare Ursachen. Laut dem Wiener Pneumologen und Rehabilitationsexperten Ralf Zwick ist die Häufigkeit des Post COVID-Syndroms sehr unterschiedlich. Bei Patienten nach Spitalsaufenthalt oder gar benötigter intensivmedizinischer Betreuung wurde bei 60 bis 90 Prozent von anhaltenden Problemen berichtet. Intensivpatienten jeglicher Erkrankung haben aber auch sonst häufig ähnliche Symptome. Auch die Neurologin Birgit Ludwig berichtete von kaum neuen, objektivierbaren Symptomen bei Betroffenen. Die Zahlen aus der Post-COVID-Ambulanz an der MedUni Wien hätten gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit keine neuen neurologischen Symptome hatte. Symptome, die schon vor einer Infektion vorhanden waren, würden auf Post-COVID projiziert werden. Was Kinder und Jugendliche betrifft, seien laut den Experten eher Jugendliche von Long COVID betroffen – hier sei allerdings auch die Unterscheidung zwischen „Long COVID“ und „Long-Lockdown-Syndrom“ von besonderer Bedeutung. Grundsätzlich sei die Prognose günstiger, wenn Mehrinfektionen vermieden würden, etwa Influenza oder RSV mit COVID: „Auch jetzt ist eine Influenza-Impfung noch sinnvoll, insbesondere, weil der aktuelle Impfstoff einen besonders zielgerichteten Virusstamm aus Österreich enthält“, betont Schmitzberger.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2023