Impfen: Vertrauensperson Arzt

26.05.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Die Österreichische Ärztekammer warnt davor, ärztliche Tätigkeiten auszulagern, denn damit könne auch die Patientensicherheit gefährdet werden.

Die Apothekerkammer macht einmal mehr mit dem bekannten Vorschlag auf sich aufmerksam, dass ein niederschwelliges Impfangebot in Apotheken zu einer deutlichen Steigerung der Durchimpfungsraten und zudem zu einer Entlastung der niedergelassenen Ärzte führen könne. Für Harald Schlögel, den geschäftsführenden Vizepräsidenten der Österreichischen Ärztekammer, ist dies ein sinnloses Gedankenspiel: „Österreich befindet sich im internationalen Vergleich in der privilegierten Lage, dass es bei der ärztlichen Versorgung über einen gut ausgebauten niedergelassenen Bereich verfügt“, hält er fest. Grundsätzlich gebe es im ländlichen Raum einen wohnortnahen und niederschwelligen Zugang zu ärztlicher Versorgung, vor allem durch die Allgemeinmediziner. Dies würden oft schon mehrere Generationen einer Familie betreuen und die Krankengeschichten kennen: „Die Allgemeinmediziner können nach einer Impfung schnell und professionell helfen, falls es in extrem seltenen Fällen notwendig sein sollte“, betont Schlögel. Die Patienten wissen diese Qualität auch sehr zu schätzen: 85 Prozent der Österreicher befürworteten in einer Umfrage, dass Impfungen ausschließlich von vollumfänglich ausgebildetem medizinischem Personal, insbesondere von Ärzten, durchgeführt werden. „Die Frage ‚Wo würden Sie sich impfen lassen – bei der Ärztin, beim Arzt Ihres Vertrauens oder in der Apotheke?‘ ist damit ganz klar und unmissverständlich beantwortet“, sagt Schlögel.

Effiziente Patientenversorgung

Zudem sei erst kürzlich schon eine sehr sinnvolle Maßnahme gesetzt worden, als in der jüngsten Ärztegesetznovelle festgelegt wurde, dass die Impfbefugnis ohne Fachbeschränkung auch über die Pandemie hinaus bleiben wird. Damit können beispielsweise Kinderärzte auch erwachsene Begleitpersonen impfen. „Das erleichtert den Zugang zur Impfung in Österreich noch zusätzlich und macht Impfen in Apotheken noch abwegiger“, sagt Schlögel, der zur Erhöhung der Impfrate dazu appelliert, dass Ärzteschaft und Apothekerschaft im Rahmen ihrer Kompetenzen gemeinsam an einem Strang ziehen. „Apotheker verzeichnen täglich eine Vielzahl von Verkaufskontakten, bei denen aktiv auf die Wichtigkeit der Impfungen hingewiesen werden kann“, so Schlögel. Ärzte seien wiederum durch ihr Studium bestens dafür ausgebildet, die Impfleistung in höchstmöglicher Qualität zu erbringen. „In diesem Zusammenspiel erreichen wir das optimale Ergebnis für die Gesundheit der Bevölkerung“, ist Schlögel überzeugt.

Neben den Impfungen beim Arzt gehöre zu einer schnellen und effizienten Patientenversorgung auch die Versorgung mit den Medikamenten. Gerade im ländlichen Raum würde das zusätzliche Wege vermeiden. „Ein allgemeines Dispensierrecht entlastet Ärzte in Zeiten des Medikamentenmangels, ist sicherer und patientenfreundlicher“ sagt Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Dann würde nämlich der Patient im Regelfall die Ordination mit dem Medikament verlassen, das er braucht. Zusätzliche Wege für den Patienten oder Rückfragen der Apotheker wären damit hinfällig. „Das Dispensierrecht hätte für alle Beteiligten Vorteile: Für den Patienten, für den Arzt und für den Apotheker.“ Die pharmazeutische Ausbildung sei sicherlich komplex, umfasse aber gerade einmal vier Semester Anatomie. „Das befähigt noch lange nicht zur Erbringung medizinischer Leistungen“, sagt Wutscher. Das über Jahre hinweg ausgehungerte Gesundheitssystem könne sicher nicht dadurch verbessert werden, dass man ärztliche Tätigkeiten an Personengruppen auslagert, die dafür nicht entsprechend ausgebildet sind, unterstreicht Wutscher. (sb)

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2023