Brust­krebs­früh­erken­nung: Teil­nah­me­rate ausbaufähig

26.09.2022 | Politik

Die aktu­elle Ver­sor­gungs­rate von 58 auf 70 Pro­zent aus­zu­bauen, wie in den EU-Gui­de­lines vor­ge­se­hen – das ist eines der Ziele, das man sich beim Brust­krebs-Früh­erken­nungs­pro­gramm gesetzt hat. Ein ande­res: die geringe Wie­der­teil­nah­me­rate zu erhö­hen, beto­nen Exper­ten kürz­lich bei einer Pressekonferenz.

Julia Fleiß

Mit dem 2014 in Öster­rei­che­rin geführ­ten Brust­krebs-Früh­erken­nungs­pro­gramm (BKFP) wurde das „modernste Scree­ning­pro­gramm Euro­pas eta­bliert“, erklärt Univ. Prof. Alex­an­dra Resch, Vor­stands­mit­glied der Öster­rei­chi­schen Gesell­schaft für Seno­lo­gie, bei einer Pres­se­kon­fe­renz Mitte Sep­tem­ber in Wien. Mit­tels Brief wer­den Frauen zwi­schen 45 und 69 alle zwei Jahre per­sön­lich zur kos­ten­lo­sen Mam­mo­gra­fie ein­ge­la­den. Obers­tes Ziel ist die Sen­kung der Mor­ta­li­tät durch Brust­krebs. Die Teil­nahme am Scree­ning­pro­gramm hat sich seit dem Start gestei­gert, sodass die Mam­mo­gra­fie-Ver­sor­gungs­rate zuletzt bei 58 Pro­zent lag. „Das ist aber immer noch deut­lich aus­bau­fä­hig“, meint Radio­lo­gin Resch, die eine Rate von 70 Pro­zent anstrebt, wie dies auch in den EU-Gui­de­lines vor­ge­se­hen ist. Die­ser Wert würde in Groß­bri­tan­nien und den skan­di­na­vi­schen Län­dern sogar noch über­trof­fen. Klaus Wicke, Obmann der Bun­des­fach­gruppe Radio­lo­gie (BURA) in der ÖÄK, ergänzt: „Ein per­so­na­li­sier­tes Brust­krebs­scree­ning mit Mam­mo­gra­fie und Ultra­schall gibt es nur in Öster­reich. Diese Chance sollte unbe­dingt genützt werden.“

Der­zeit kön­nen sich Frauen zwi­schen 40 und 44 sowie ab 70 Jah­ren frei­wil­lig im BKFP regis­trie­ren („Opt in“), um regel­mä­ßig Ein­la­dun­gen zur Mam­mo­gra­fie zu erhal­ten. Resch blickt mit Sorge auf die sin­kende Teil­nahme an der Mam­mo­gra­fie von Frauen ab 70. „Ältere Frauen gehen sel­te­ner zum Gynä­ko­lo­gen, des­halb sind hier die All­ge­mein­me­di­zi­ner gefragt, Auf­klä­rungs­ar­beit zu leis­ten.“ Denn die Mam­ma­kar­zi­nom­ra­ten im höhe­ren Alter sind nicht so gering, wie gerne ange­nom­men wird. „70 ist das neue 50, und die gesunde Lebens­er­war­tung der Frauen steigt. Daher wol­len wir ab 2023 Frauen bis zum 75. Lebens­jahr auto­ma­tisch zur Mam­mo­gra­fie ein­la­den“, so Resch.

Mit einem Anteil von 30 Pro­zent an allen Tumo­ren ist das Mam­ma­kar­zi­nom nach wie vor die häu­figste Krebs­er­kran­kung bei Frauen: In Öster­reich erkrankt jede achte Frau im Laufe ihres Lebens daran. Jähr­lich wer­den 5.500 Neu­erkran­kun­gen dia­gnos­ti­ziert; 1.500 Frauen ster­ben an den Fol­gen der Erkrankung.

Mit Jah­res­ende läuft das BKFP aus; für die Ver­län­ge­rung for­dern die Exper­ten ein risi­ko­ad­ap­tier­tes Scree­ning-Inter­vall. „Ab einer Brust­dichte von ACR 3 und 4 emp­fiehlt es sich, in ein­jäh­ri­gen Inter­val­len zu scree­nen. Auch bei fami­liä­rer Vor­be­las­tung muss man öfter und genauer hin­se­hen“, meint Resch. Sie spricht sich außer­dem für den Ein­satz der Tomo­syn­these (3D-Mam­mo­gra­phie) aus, bei der man mit Hilfe von Schicht­auf­nah­men die Erken­nungs­rate ver­dop­peln kann. „In Wien wird die­ses Ver­fah­ren bereits zu 70 Pro­zent ange­wandt“, berich­tet die Expertin.

Immer noch Thema ist die geringe Wie­der­teil­nahme: Nur 60 Pro­zent der Frauen kom­men nach dem vor­ge­se­he­nen Inter­vall neu­er­lich zur Mam­mo­gra­fie. „40 Pro­zent der Frauen, die ein­mal bei der Mam­mo­gra­fie waren, ver­lie­ren wir wie­der“, gibt Resch zu den­ken. Dabei sei die Regel­mä­ßig­keit der Teil­nahme Vor­aus­set­zung für die posi­tive Wir­kung eines Scree­nings. Einen Grund dafür ortet Resch darin, dass die Mam­mo­gra­fie mit den Begrif­fen „unan­ge­nehm“ und „schmerz­haft“ asso­zi­iert wird. „Die Mam­mo­gra­fie-Geräte haben sich stark ver­bes­sert. Sie sind indi­vi­du­ell steu­er­bar, wodurch die Bedürf­nisse der Pati­en­tin­nen opti­mal berück­sich­tigt wer­den kön­nen“, gibt Resch Entwarnung.

So wie bei vie­len ande­ren Vor­sorge- und Scree­ning­pro­gram­men sind auch beim Brust­krebs-Früh­erken­nungs­pro­gramm die Zah­len auf­grund der durch die Pan­de­mie beding­ten Lock­downs gesun­ken. Das hat zur Folge, dass durch die zwangs­läu­fig län­ge­ren Unter­su­chungs­in­ter­valle nun häu­fi­ger grö­ßere Tumore ent­deckt wer­den. Klaus Wicke sieht darin ein­mal mehr einen Grund, Frauen aktiv auf­zu­for­dern, zur Mam­mo­gra­phie zu gehen.

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© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 18 /​25.09.2022