Kurz und informativ

10.06.2022 | Medizin

Antibiotika bei Kindern beeinträchtigen Schutzimpfungen
Die durch Schutzimpfungen erzielten Antikörperspiegel bei DTaP und Pneumokokken sind bei den Kindern zwischen neun und zwölf Monaten, die Antibiotika erhalten, niedriger. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team um Ass. Prof. Timothy Chapman und Prof. Michael Pichichero vom Center for Infectious Diseases and Immunology am Rochester General Hospital Research Institute in New York. Sie untersuchten Blutproben von 560 Kindern im Alter zwischen sechs und 24 Monaten aus Vorsorgeuntersuchungen im Alter von sechs, neun, zwölf, 15, 18 und 24 Monaten und jene nach Auftreten einer akuten Mittelohrentzündung. Jede Antibiotika-Behandlung, die ein Kind erhielt, reduzierte die Prä-Booster-Werte für DTaP um 5,8 Prozent, für Hib um 6,8 Prozent, für Polio um 11,3 Prozent sowie für Pneumokokken um 10,4 Prozent. Die Post-Booster-Spiegel für DTaP waren um 18,1 Prozent verringert, für Hib um 21,3 Prozent, für Polio um 18,9 Prozent sowie für Pneumokokken um 12,2 Prozent. Pediatrics

Multiple Sklerose: vier neue Angriffspunkte
Vier neue Auto-Antigene konnte ein Forscherteam um Mattias Bronge vom Karolinska Institut in Stockholm ermitteln. Die Wissenschafter suchten im Blut von Menschen mit Multipler Sklerose und gesunden Personen nach T-Zell-Reaktionen, die sich gegen jene Antigene richten, die im zentralen Nervensystem exprimiert werden. So konnten die Forscher zu einer Liste von rund einem Dutzend möglichen Kandidaten vier neue Auto-Antigene hinzuzufügen, die von den T-Zellen von an MS Erkrankten angegriffen werden. APA/Science Advances

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Millionen HIV-Infizierte gibt es weltweit. Rund 28,2 Millionen Betroffene haben Zugang zu einer antiretroviralen Therapie.

Mosambik: erstmals Wild-Polio
Nachdem im südafrikanischen Malawi ein Fall von Wild-Polio aufgetreten ist, konnte nun auch im Nachbarland Mosambik ein Fall nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich laut WHO um den ersten Wild-Polio-Fall in Mosambik seit 1992. Wild-Polio konnte mit Ausnahme von Afghanistan und Pakistan weltweit ausgerottet werden. APA

China: H3N8-Vogelgrippe beim Menschen nachgewiesen
In China wurde erstmals die Infektion eines Menschen mit dem H3N8-Vogelgrippevirus registriert. Demnach hat sich der Vierjährige aus der Provinz Henan direkt bei Vögeln angesteckt. Im Jahr 2002 wurde H3N8 zum ersten Mal bei nordamerikanischen Wasservögeln nachgewiesen. APA

COVID-19 schädigt Retina
Bei elf Prozent aller Personen, die wegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 an Atemnot litten und hospitalisiert wurden, konnten Retina-Schäden nachgewiesen werden. Diese manifestierten sich in weißen Flecken, das ergab die Untersuchung von 172 Erkrankten, wie das Universitätsspital Genf (Hôpitaux universitaires de Genève, HUG) in einer Aussendung mitteilte. Laut der Haupt-Autorin der Studie, Gordana Sunaric Mégevand, seien diese Flecken auf einen Verschluss der kleinen Arterien – entweder nach einer Entzündung oder als Folge einer Embolie – zurückzuführen. Ursächlich könnte Sauerstoffmangel oder eine direkte Gewebeschädigung durch das Virus verantwortlich sein. Bei einer Nachuntersuchung drei Monate später waren die Veränderungen nicht mehr nachweisbar; auch die Sehleistung war nicht nachhaltig beeinträchtigt. APA/Journal of Clinical Medicine

Kaum Vorteile durch Intervallfasten
Im Vergleich zu einer kalorienreduzierten Diät führt Intervallfasten bei Adipösen weder zu einem höheren Verlust von Gewicht oder Körperfett noch zur einer Reduktion der metabolischen Risikofaktoren. Forscher um Deying Liu vom Nanfang Spital der Southern Medical University in Guangzhou untersuchten ein Jahr lang 139 Adipöse zwischen 18 und 75 Jahren mit einem BMI zwischen 28 und 45. Nach dem Zufallsprinzip wurden die Patienten dem Intervallfasten (acht Stunden Nahrungsaufnahme, 16 Stunden Nahrungskarenz) oder der reduzierten Kalorienzufuhr zugeteilt; für Männer 1.500 bis 1.800 täglich; für Frauen 1.200 bis 1.500. 118 Probanden beendeten die Studie. Mit dem Intervallfasten betrug der Gewichtsverlust durchschnittlich acht Kilogramm; durch Kalorienreduktion 6,3 Kilogramm. Bei Hüftumfang, BMI, Körperfett, Blutdruck und metabolischen Risikofaktoren gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied. NEJM/APA

Wurstersatz-Produkte: zwei Drittel mangelhaft/ungenügend
Nur eines von 19 Wurstersatz-Produkten erhielt die Note „gut“, drei waren „befriedigend“. Zwei Drittel der getesteten veganen Salami, Lyoner, Schinkenwurst und Mortadella wurde jedoch im Hinblick auf die Inhaltsstoffe als „mangelhaft“ beziehungsweise „ungenügend“ bewertet, so die Konsumentenschützer der Arbeiterkammer Oberösterreich. Beim Geruch, Aussehen, Geschmack und Mundgefühl konnten alle Proben überzeugen; sechs der 19 Proben trugen ein Bio-Label. In zwei der Bio-Proben konnten aromatische Mineralöl-Kohlenwasserstoffe nachgewiesen werden. In fünf Produkten waren gesättigte Mineralöl-Kohlenwasserstoffe (MOSH/MOSH-Analoge) stark erhöht. Von einer Ausnahme abgesehen enthielten alle konventionellen Wurstersatz-Produkte das Verdickungsmittel Carrageen, das im Verdacht steht, Entzündungen im Darm auszulösen. In allen Aufschnitten, die nicht bio waren, wurde beim Geschmack mit Aromen nachgeholfen. APA

Fluoreszierende Farbstoffe zeigen Wirksamkeit von Medikamenten
Mithilfe des Farbstoffs Gabazin-Oregon Green 488, der an GABA-A-Rezeptoren bindet, kann die Wirkungen von Medikamenten – etwa bei Angststörungen, Schizophrenie und Epilepsie, die an diesen Rezeptor binden, getestet. Diesen Mechanismus untersuchte ein Team um Univ. Prof. Leticia González vom Institut für Theoretische Chemie der Universität Wien und Assoc. Prof. Margot Ernst vom Zentrum für Hirnforschung der Medizinischen Universität Wien. Gabazin-Oregon Green 488 fluoresziert bei der Bindung an den Rezeptor. Steigern Medikamente die Anziehungskraft von GABA-A für Neurotransmitter, verdrängen diese den Farbstoff vom Rezeptor. Daraufhin knüllt sich der Farbstoff zusammen, wodurch das Fluoreszieren unterdrückt wird. Laut den Wissenschaftern eignet sich der Farbstoff gut, um neue Substanzen im Hinblick auf ihre Wirkung am GABA-A-Rezeptor zu untersuchen. APA/Angewandte Chemie

Neu: Kapsid-Inhibitor gegen multiresistente HI-Viren
Mit dem neuen Kapsid-Inhibitor Lenacapavir steht für die Behandlung von AIDS/HIV ein neuer Wirkungsmechanismus zur Verfügung. Wenn Aids-Erreger in die Zellen eindringen, muss sich die Hülle rund um die RNA so verändern, dass diese freigesetzt werden kann; der Kapsid-Inhibitor verhindert dies. Sorana Segal-Maurer vom New York-Presbyterian Queens Hospital untersuchte Lenacapavir an 72 Personen, die älter als zwölf Jahre waren sowie Anzeichen einer Therapieresistenz aufwiesen. Ein Teil der Probanden erhielt zusätzlich zur antiretroviralen Therapie ein Placebo; im weiteren Verlauf erhielten jedoch alle das neue Präparat sc. Ergebnis: Bei den 24 Personen, die von Anfang an Lenacapavir oral erhalten hatten, sank die Zahl der Viruskopien im Blut innerhalb von zwei Wochen um mehr als 99 Prozent; bei den zwölf Patienten, die ein Placebo erhielten, blieb die Zahl etwa gleich. Nach 26 Wochen wiesen mehr als 80 Prozent der Teilnehmer – die dann alle den neuen Wirkstoff erhielten – weniger als 50 HI-Viruskopien pro Milliliter Blut auf. Somit konnte die HIV-Infektion unter Kontrolle gebracht werden. Ein Vorteil des neuen Wirkstoffs liegt darin, dass er in der Regel nur alle Monate sc verabreicht werden muss. APA/NEJM

Arteriosklerose durch Anorexia nervosa?
Bei Personen, die an Magersucht leiden, ist sowohl das LDL-Cholesterin als auch VLDL (Very Low Density Lipoprotein) erhöht. Das haben zwei Forschungsgruppen vom Otto Loewi Forschungszentrum der Medizinischen Universität Graz nach Analysen von Blutproben von Patienten mit Anorexia nervosa herausgefunden. „Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die kleineren LDL-Untergruppen wesentlich atherogener sind und sich eher in der Blutgefäßwand einlagern als die größeren Partikel“, erklärte Julia Stadler vom Lehrstuhl für Pharmakologie der MedUni Graz. Ob die Erhöhung dieser Werte tatsächlich mit einem erhöhten Risiko für Arteriosklerose oder Herz-/Kreislauferkrankungen zusammenhängt, muss laut den Wissenschaftern erst in größeren Studien nachgewiesen werden. APA/Biomedicines

Laser steuert Aufbau von Gewebe
Da lebende Zellen in der Matrix von Hydrogels, die die Grundlage von künstlichen Geweben bilden, nur schwer den Weg finden, um beispielsweise ein Blutgefäß zu bilden, unterstützt sie neuerdings gezielt ein Laser. Das Team um Prof. Alexandr Ovsianikov von der Forschungsgruppe „3D Printing and Biofabrication“ der Technischen Universität Wien reichert dafür das Hydrogel mit speziellen Molekülen an, die seine Eigenschaften nicht verändern. Werden sie allerdings mit Laserlicht angestrahlt, weicht das Gel an dieser Stelle auf. Das Molekül bindet an das Netzwerk des Hydrogels und macht es damit hydrophiler. Die dadurch veränderten physikalischen Eigenschaften erzeugen ein 3D-Muster, durch das Zellen leicht durchwandern können. Dabei konnten die Forscher zeigen, dass die Zellen einem bestimmten Weg des Lichts folgen, was einen gezielten Aufbau der Gewebestruktur ermöglicht. Auf diese Weise sollen spezielle kleine Strukturen entwickelt werden, die gezielt mit einem Wirkstoff versorgt werden. APA/Scientific Reports

Maligne Tumore: T reg-Zellen hemmen Immunabwehr
IL1R1 + regulatorische T-Zellen verhindern die Vermehrung von Killer-T-Zellen und unterdrücken in malignen Tumoren die Aktivität von anderen Immunzellen. Martin Prlic und Florian Mair vom Fred Hutchinson-Krebsforschungszentrum in Seattle verglichen in ihrer Studie Immunzellen in Plattenepithelkarzinomen im Kopf-/Halsbereich mit jenen von entzündeter Mundhöhlenschleimhaut: „Die Immunantworten in Tumoren und Entzündungen zeigten überraschend viel Ähnlichkeit“. T reg-Zellen hemmen auch die Botenstoffproduktion in Effektor-T-Zellen, weswegen sie nicht ihr volles Aktivitätsniveau erreichen. Dadurch wird die Immunantwort gegen die Karzinomzellen gehemmt. Tumor-T reg-Zellen sind erkennbar, da sie zwei Andockstellen für Botenstoffe aufweisen. „Einzeln findet man diese Moleküle auch auf anderen Immunzellen. Aber beide gleichzeitig kommen laut unseren Daten wirklich nur und exklusiv auf den T reg-Zellen im Tumor vor“, berichtet Mair. Nun sollen gezielte Antikörper-Therapien gegen die T reg-Zellen in einem Tumor entwickelt werden. APA/Nature

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 / 10.6.2022